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Auf dem Zeitstrom

Auf dem Zeitstrom

Titel: Auf dem Zeitstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
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entspannt und durchaus normal. Aber das mußte nichts besagen. Sie war eine selbstsichere Frau und durchaus in der Lage, unter den gegebenen Umständen keine Panikreaktionen zu zeigen.
    Sam zog Lothar zur Seite.
    »Es gibt nichts, was wir jetzt tun könnten. Auf jeden Fall würden wir mit unüberlegtem Handeln jede eventuelle Chance für sie verspielen.«
    Sie hielten sich noch eine Weile in der Nähe auf, warfen dann und wann einen Blick in die Fabriken und stellten fest, daß sich die Feuer in beide Richtungen des Flusses erstreckten, soweit das Auge reichte. Abgesehen von den Schwarzen hielten sich in Parolando auch mehrere Ulmaks und eine Reihe von Orientalen auf, die Sam für Burmesen, Thais und jene Ceylonesen hielt, die der Neusteinzeit entstammten und auf der anderen Seite des Flusses lebten.
    Um aus Parolando herauszukommen, mußten sie erstens die Uferwälle überwinden und Boote stehlen. Am besten würde es sein, wenn sie nach Selinujo flohen, denn niemand wußte, was inzwischen in Publiujo oder Titonujo vorgefallen war. Es schien jedoch nicht unwahrscheinlich, daß diese Länder als nächste auf Hackings Liste standen. Närrisch wäre es jedenfalls, sich nach Norden zu wenden und bei Chernsky um Asyl nachzusuchen. Sobald Iyeyasu herausfand, daß Parolando besiegt worden war, würde auch er sich nicht mehr zurückhalten und seinerseits einen Überfall starten. Wenn er das nicht schon getan hatte.
    Es war geradezu eine Ironie des Schicksals, daß Sam und seine Leute keine andere Möglichkeit hatten, als ausgerechnet in das Land zu gehen, dessen Bewohnern man das Betreten von Parolando bislang untersagt hatte.
    Sie beschlossen zum Damm zurückzukehren, den anderen zu berichten, was sie gesehen hatten, und Pläne zu schmieden. Sie mußten unbedingt die Möglichkeit, die der Regen ihnen bot, nutzen.
    Schließlich schlugen sie sich, sorgsam vermeidend, den Hütten der Gefangenen und den Patrouillen allzu nahe zu kommen, wieder in das Hügelgebiet durch.
    Sie hatten gerade den Schatten eines gigantischen Eisenbaumes passiert, als sich von hinten etwas um Sams Hals legte. Er versuchte zu schreien, sich umzudrehen und sich zu wehren, aber die kräftigen Hände, die ihn umklammert hielten, drückten fester zu, und schließlich verlor er das Bewußtsein.
     

25
     
    Als er wieder zu sich kam, würgte und hustete er. Er befand sich noch immer unter dem Eisenbaum. Sam versuchte aufzustehen, aber eine tiefe Stimme brummte: »Keine Bewegung. Sei still – oder ich hau dir mit dieser Axt den Schädel ein!«
    Sam schaute sich um. Lothar lag mit auf dem Rücken gefesselten Händen und einem Knebel im Mund in einiger Entfernung gegen den Stamm eines Nadelbaumes gelehnt. Der Mann, der Sam angesprochen hatte, war ungeheuer groß und besaß extrem breite Schultern und kräftige Arme. Er trug einen schwarzen Kilt und einen ebensolchen Umhang. Mehrere an seinem Gürtel befestigte Scheiden enthielten einen eisernen Tomahawk, ein Messer und eine Mark-I-Pistole. In einer Hand leuchtete eine mittelgroße Metallaxt.
    »Bist du Sam Clemens?« fragte er.
    »Richtig«, gab Sam zurück. Er sprach ebenso leise. »Was hat das zu bedeuten? Wer sind Sie?«
    Der Mann deutete mit seinem langhaarigen Schädel auf Lothar. »Ich hab ihn weggeschleppt, damit er nicht hört, was wir reden. Ein Mann, den wir beide kennen, hat mich hergeschickt.«
    Sam schwieg eine Weile. Dann fragte er: »Der geheimnisvolle Fremde?«
    Der große Mann grunzte. »Ja. So nennst du ihn, hat er gesagt. Und das paßt zu ihm. Ich nehme an, du weißt, was los ist, ich kann mir also sparen, mir das Kinn zu verrenken. Also reicht’s dir, wenn ich sage, daß ich mit ihm geredet habe?«
    »Sicher«, gab Sam zurück. »Ich glaube dir, daß das wahr ist. Du bist einer der zwölf Auserwählten. Es war doch ein Mann, mit dem du sprachst, oder?«
    »Hab ihn mir nicht geschnappt, um das rauszukriegen«, erwiderte der Unbekannte. »Ich sag’ dir was: Dieser Kerl ist jedem überlegen, egal ob er weiß, schwarz, rot oder gelb ist. Selbst ein Grizzly würde Mücke machen, wenn der ihm über den Weg liefe. Glaub ja nicht, ich hätte Angst vor ihm gehabt… aber ‘s war schon… na, komisch halt. Kam mir beinahe wie ein Grünhorn vor, als ich mit ihm sprach. – Aber lassen wir das. Ich bin Johns ton. Kann dir gleich meine Geschichte erzählen, erspart mir Arbeit für die Zukunft. John Johnston. Ich muß irgendwann um 1827 in New Jersey geboren worden sein. Gestorben bin ich 1900 in

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