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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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1. Kapitel
    Die Flammen loderten hoch, das harzige Holz knisterte und knackte, und orangefarbene Funken stiegen im Rauch bis unter die dunklen Äste der ausladenden Bäume auf. Der Feuerschein glänzte auf dem Lack der Zigeunerwagen, warf tanzende Lichter auf die abblätternde rote und blaue Lasur und auf die stumpf gewordenen Vergoldungen. Er funkelte auf den Armbändern und Gürteln aus polierten Goldmünzen, die die Zigeunerinnen trugen, und auf den Ohrringen, die den lagernden Männern von den Ohren baumelten. Der helle Schein spiegelte sich auch auf Messingknöpfen von Uniformen und blankpolierten Stiefeln in der Dunkelheit, wenn sich die Männer aus der Truppe Prinz Roderics von Ruthenien auf den aufgestapelten Teppichen bewegten, die ihnen als Lager dienten. Sie unterhielten sich leise miteinander, lachten und hoben ihre Kelche.
    Der Prinz selbst saß bei ihnen, den blonden Kopf über eine Mandoline gebeugt. Seine starken, behenden Finger entlockten ihr eine wilde Rhapsodie, ein herzerquickendes Lied, das die kühle Nachtluft mit Freude und ungebundener Leidenschaft erfüllte. Eine alte Zigeunerin mit gebeugtem Rücken hielt auf einer Violine das Tempo. Roderic sah auf, und Lachen erhellte sein Antlitz, während die beiden zusammenspielten, einander kontrapunktierten; die Musik verschmolz, verflocht sich und schwoll an vor überschäumender Freude. Das Feuer glühte auf den hohen Wangen des Prinzen und leuchtete hell im tiefen Blau seiner Augen, während es die dreieckige Vertiefung unter seinem Kiefer im Schatten ließ. Es betonte seine gerade Nase und sein markantes, vorspringendes Kinn. Es verwandelte sein Haar in geschmolzenes
    Gold und ließ sein offenes Hemd und die weißen Uniformhosen zu hellen Flecken verblassen. Er wirkte entspannt unter seinen Freunden, sorglos sogar, und doch strahlte er eine Art ständiger Wachsamkeit aus, eine Spannung, die sich augenblicklich in einer Explosion entladen konnte. Er war männlich und breitschultrig und sah aus wie der Held einer antiken Sage, der um seine Kraft wußte, keine Furcht kannte und schier unbesiegbar war.
    Marie Angeline Rachel Delacroix beobachtete ihn vom Schatten eines Eichendickichts aus. Ihre hellgrauen Augen waren auf den Prinzen geheftet. Ihr Schädel schmerzte, und an ihrer Schläfe brannte eine lange Wunde, aus der Blut in die dunklen Locken ihres Haares lief. Sie konnte ihren rechten Arm kaum heben, so steif war ihre Schulter. Ihr Mantel war schlammverkrustet, ihr weißes Seidenkleid in der Taille aufgerissen, und sie vermutete, daß nur die dicken, roßhaargepolsterten Unterröcke sie vor einem Beinbruch bewahrt hatten.
    Das alles war wenig überraschend, wenn man bedachte, daß sie vor weniger als einer halben Stunde aus einer fahrenden Kutsche gestoßen worden war. Aber nicht die Schmerzen, die ihre Verletzungen verursachten, und auch nicht der Schock über das Geschehene jagten die Schauer über ihren Körper und lösten Angstkrämpfe in ihrer Magengrube aus. Es war der Mann, den sie vor sich in dem Zigeunerlager sah.
    Es war Prinz Roderic aus dem Balkanland Ruthenien; der Mann, den sie verführen sollte. Und verraten.
    Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keinen Mann verführt. O ja, sie hatte geflirtet, hatte sich auf verschiedenen Bällen und Picknicks und »rosa Tees«, die man anläßlich der Einführung der jungen Damen in die New Orleanser Gesellschaft arrangiert hatte, in der Kunst geübt, die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechtes auf sich zu ziehen. Aber noch nie war sie ausgezogen, um einen Mann zu bezaubern und ihn so zu umgarnen, daß er bereitwillig ihre Wünsche erfüllte. Noch nie. Gleichgültig, was andere sagen mochten.
    Oder vielleicht doch. Sie wußte es nicht, konnte nicht sicher sein. Dennoch, was immer sie in der Vergangenheit getan haben mochte, sie hatte eine so unerfüllbare Aufgabe nicht verdient.
    Die Violinen- und Mandolinenmusik steigerte sich zu einem Crescendo, verharrte und endete dann in einem süßen Akkord. Die Zigeuner sprangen auf, jubelten, klatschten und schlugen applaudierend ihre Tamburine. Der Prinz senkte zum Dank kurz den Kopf, lächelte und schlug der alten Zigeunerin auf die Schulter. Dann sprang er mit einer geschmeidigen Bewegung auf und wandte sich vom Feuer ab. Seine langen Schritte trugen ihn unglaublich schnell über die Lichtung. Er kam direkt und zielsicher auf Mara zu, als wüßte er genau, wohin er wollte, und als hätte er ihre Anwesenheit schon seit geraumer Zeit bemerkt.
    Sie

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