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Auf dem Zeitstrom

Auf dem Zeitstrom

Titel: Auf dem Zeitstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Trojaner dumm genug gewesen waren, auf einen solch billigen Trick hereinzufallen? Aber das hölzerne Pferd hatte wirklich existiert, und es war den Achäern gelungen, in die Stadt einzudringen, indem sie sich in seinem Inneren versteckt hatten.
    Von Richthofen und Joe hörten den beiden zu. Sam hatte sich inzwischen dazu durchgerungen, daß Joe und Lothar trotz der Warnung des Ethikers erfahren sollten, was hier vor sich ging. Es würde einfach nicht anders gehen: Weihte er sie nicht ein, würden sie sich garantiert beizeiten über alle Dinge, die Sam tat, wundern. Außerdem war er der Auffassung, daß er dem Ethiker zeigen sollte, wie verdammt ernst er es meinte. Eine kindische Verhaltensweise, sicher; aber eine unausweichliche.
    Er wünschte den anderen eine gute Nacht und warf sich auf sein Lager. Trotz seiner Müdigkeit konnte er nicht einschlafen. Joes Schnarchen, einem mittleren Orkan, der durch ein Schlüsselloch blies, nicht unähnlich, trug ebenfalls nicht dazu bei, ihn Ruhe finden zu lassen. Der Gedanke an das, was der morgige Tag bringen mochte, ließ seine Pulse rasen und beschleunigte seinen Herzschlag. Morgen würde ein historischer Tag anbrechen, wenn es dieser Welt überhaupt vorbestimmt war, jemals über eine Geschichte zu verfügen. Sicher würde es eines Tages auch Papier, Farbe, Schreibutensilien und sogar Druckerpressen geben. Er würde auf seinem Schiff eine wöchentlich erscheinende Zeitung herausgeben und ein Buch beginnen, in dem geschrieben stand, wie die fehlgeleitete Rakete, die von Radowitz’ Flotte abgeschossen hatte, schließlich dazu beitrug, das Loch dermaßen zu erweitern, daß man das Eisen nur noch herauszuholen brauchte. Vielleicht würden sie schon morgen darauf stoßen; sicher, keine Frage.
    Und er machte sich Gedanken über König John, den finstersten Schurken unter der Sonne. Gott allein mochte wissen, was sein perfider Geist in dieser Stunde für heimtückische Pläne wälzte. Aber er würde nicht eher zuschlagen, bis das Schiff fertig war – und das konnte Jahre dauern. Es gab also keinen wirklichen Grund zur Besorgnis, jedenfalls jetzt noch nicht. Aber trotzdem hatte Sam Angst.
     

13
     
    Sam erwachte so plötzlich, daß sein Herz so stark zu klopfen begann, als würde es von zwei Alptraumkreaturen mit schmiedeeisernen Hämmern bearbeitet. Feuchte Luft wurde durch die undichten Bambuswände in das Innere seiner Hütte geblasen und bewegte die den Eingang verschließende Flechtmatte. Regen prasselte auf das blattbedeckte Dach. Über den Bergen rollte der Donner. Irgendwo erzeugte Joe derweil sein eigenes Gewitter.
    Sam reckte sich, dann stieß er einen Schrei aus und zuckte zusammen. Seine Hand hatte etwas berührt. Ein aus der Ferne kommender Blitzschlag zerteilte in diesem Augenblick den Himmel und zeigte ihm für den Bruchteil einer Sekunde die Silhouette einer neben seinem Lager knienden Gestalt.
    Eine ihm nicht unbekannte Baritonstimme sagte: »Es hat keinen Zweck, darauf zu warten, daß der Titanthrop Ihnen zu Hilfe kommt. Ich habe dafür gesorgt, daß er vor dem Morgengrauen nicht wach wird.«
    Der Ethiker schien also auch in der Dunkelheit sehen zu können. Sam nahm eine Zigarre von dem neben seinem Bett stehenden kleinen Klapptisch und sagte: »Was dagegen, wenn ich rauche?«
    Der geheimnisvolle Fremde benötigte für seine Antwort so lange, daß Sam mißtrauisch wurde. Ob er Angst davor hatte, daß das Licht, das Sams kleinem Feuerzeug entsprang, ihm zu viel von seinem Aussehen verraten würde? Sicher nicht, denn es war unwahrscheinlich, daß er unmaskiert zu ihm gekommen war. Mochte er vielleicht den Geruch einer Zigarre nicht, hatte er möglicherweise sogar etwas gegen Tabak in jeder Form? Und zögerte er nur deswegen so lange mit einer Antwort, weil er befürchtete, anhand seiner Abneigung identifiziert zu werden? Identifiziert von wem? Von den anderen Ethikern, die wußten, daß jemand aus ihren eigenen Reihen von ihnen abgefallen war? Es gab zwölf Auserwählte, hatte der Fremde behauptet. Wenn die anderen herausfanden, daß er, Sam Clemens, einer davon war, und sie unterzogen ihn einem Verhör: Konnten sie vielleicht anhand dieses Charakteristikums herausfinden, wer der Renegat war? Sam beschloß, seine Gedanken nicht zu äußern. Vielleicht konnten seine Erkenntnisse ihm später einmal von Nutzen sein.
    »Rauchen Sie nur«, sagte der Fremde. Obwohl Sam weder sehen noch hören konnte, daß er sich dabei ein wenig zurückzog, hatte er das Gefühl,

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