Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wie ein Ringkämpfer einem halbwüchsigen Knaben. Was Quenton lähmte, war allein das Wissen, was dieser unscheinbar aussehende junge Mann mit ihm tun konnte, wenn er es wollte.
    »Sie ist nicht hier«, wimmerte er. »Andara und die … die beiden anderen halten sie fest. Sie haben gehofft, dass du kommst.«
    Einen Moment lang starrte Roderick ihn voller unverhohlenem Zorn an, dann fuhr er auf der Stelle herum, aber Quenton hielt ihn mit einer verzweifelten Bewegung zurück.
    »Geh nicht!«, kreischte er. »Ich flehe dich an, Roderick, hilf uns. Sie werden uns umbringen, wenn du uns im Stich lässt!«
    »Ich habe euch gewarnt, nicht?«, sagte Roderick. Plötzlich klang seine Stimme sehr ruhig, völlig frei von Zorn oder auch nur Erregung, aber auch sehr sehr traurig. »Wie oft habe ich euch gesagt, hört auf damit? Wie oft habe ich euch prophezeit, dass es so kommen wird?« Beinahe behutsam löste er Quentons Hand von seinem Hosenbein, richtete sich wieder auf und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Quenton«, sagte er. »Ich kann euch nicht helfen. Jetzt nicht mehr. Ihr hättet aufhören sollen, als noch Zeit war. Oder fliehen. Jetzt ist es zu spät.«
    »Roderick, ich flehe dich an!« Quentons Stimme wurde zu einem fast hysterischen Kreischen. »Hilf uns!«
    Aber Roderick Andara antwortete nicht mehr. Einen kurzen, endlosen Moment lang blickte er noch mit einer Mischung aus Trauer und Mitleid auf Quenton herab, dann wandte er sich endgültig um und begann die Leiter herabzusteigen, die zum Heuboden hinaufführte.
    Quenton starrte ihm aus brennenden Augen nach. Seine Angst schlug urplötzlich in Wut um. »Bleib hier!«, brüllte er. »Lass uns nicht im Stich! Bleib hier, du verdammter Feigling!«
    Aber Roderick war schon gar nicht mehr da. Und als Quenton sich etwas später wieder weit genug in der Gewalt hatte, sich hochzustemmen und an den Rand des Heubodens zu treten, konnte er ihn nirgends mehr entdecken. Fast war es, als wäre er in Wirklichkeit gar nicht dagewesen.
    Unter ihm bahnte sich der letzte Akt des Dramas an, schnell und grausam und mit der unaufhaltsamen Macht einer Naturgewalt.
    Der Mob stürmte die Scheune, und die Hand voll Männer und Frauen, die nicht schon dem ersten Anrennen der außer Rand und Band geratenen Menge erlagen, kämpften einen aussichtslosen Kampf.
    Quenton gewahrte eine Bewegung aus den Augenwinkeln, prallte zurück und ließ sich in einer verzweifelten Drehung zur Seite fallen. Dort, wo gerade noch sein Kopf gewesen war, bohrten sich die rostigen Zinken einer Mistgabel ins Holz. Quenton rollte herum, langte nach den Beinen des Angreifers und schrie auf, als ihm der zweite Mann gegen die Schläfe trat.
    Er hatte die beiden nicht einmal bemerkt. Der Kampflärm und das Gröhlen der Menge hatten ihre Schritte verschluckt, und er hatte nur durch Zufall aufgesehen und im letzten Moment den Schatten der Mistgabel erblickt, die der eine nach ihm stieß.
    Aber es schien, als hätte er den Tod damit nur um Sekunden herausgezögert. Der Mann, den er von den Füßen gefegt hatte, stemmte sich bereits wieder hoch und griff mit wutverzerrtem Gesicht nach der Forke, während der zweite sich mit einem triumphierenden Schrei auf ihn warf. Seine Knie krachten in Quentons Brustkorb und trieben ihm die Luft aus den Lungen.
    Schmerz durchzuckte ihn wie Fäden aus flüssigem Feuer. Für einen winzigen, schrecklichen Moment drohten seine Gedanken in einem blutigroten Nebel zu versinken. Er bäumte sich auf, tastete schwächlich nach dem Gesicht des Mannes, der wie eine hässliche große Kröte auf seiner Brust hockte und schrie abermals, als der Bursche seine Arme mit einem Schlag beiseitefegte und ihm mit der anderen Hand ins Gesicht schlug.
    »Schlag ihn nicht tot, Fred!« keuchte sein Kumpan. Er hatte sich wieder aufgerichtet und die Mistgabel mit beiden Händen gepackt. Ein dünner Blutfaden lief aus seinem Mundwinkel. »Ich weiß was Besseres!« Seine Hände schlossen sich fester um den Stiel der zweizinkigen Forke. »Etwas viel Besseres. Halt ihn nur gut fest. Ich werde das Schwein lehren, nach mir zu treten.«
    Der mit Fred Angesprochene grunzte zustimmend und packte Quentons Kopf mit beiden Händen. Der andere kam näher, baute sich breitbeinig über ihm auf und hob seine Mistgabel. »Halt ihn fest«, kicherte er.
    Die Zinken der Mistgabel näherten sich Quentons Gesicht, verharrten einen Moment reglos, begannen zu zittern, kamen wieder näher und verharrten erneut, als sich Quenton

Weitere Kostenlose Bücher