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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht zu erkennen, aber sein Fahrgast spürte sehr deutlich den Widerstreit zwischen Pflichtbewusstsein und Gier, den er einen Moment durchlitt. »Ich liege fast eine Stunde hinter dem Fahrplan zurück, und …«
    Die Hand tauchte wieder aus der Westentasche auf, und das Blitzen des Zehn-Dollar-Goldstückes darin nahm dem Fahrer die Entscheidung ab. Hastig beugte er sich vor, ließ das Goldstück in den Tiefen seiner schmuddeligen Jacke verschwinden und deutete mit einer Kopfbewegung auf ein zweistöckiges Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite, über dessen Eingang ein lieblos gemaltes Schild behauptete, es handele sich um einen SALOON. »Ich warte dort drüben, Sir«, sagte er. »Aber – bitte: nicht zu lange. Ich bekomme Ärger, wenn ich den Fahrplan nicht einhalte.«
    Der Mann mit dem kurzgeschnittenen schwarzen Vollbart nickte. Es lag nicht in seiner Absicht, dem Fahrer Ärger zu bereiten. Und es lag auch nicht in seiner Absicht, länger als unbedingt nötig in dieser Stadt zu bleiben. Es hatte ihn große Überwindung gekostet, überhaupt hierherzukommen. Und für einen kurzen Moment war er nahe daran, auf der Stelle wieder in den Wagen zu steigen und dem Fahrer zu sagen, dass er davonrasen sollte, so schnell er nur konnte.
    Aber dann drehte er sich stattdessen mit fast übertrieben ruhigen Bewegungen um, öffnete den Wagenschlag ein zweites Mal und hob einen kleinen Jungen aus der Kutsche. Der Knabe schlief, öffnete aber träge ein Auge, als sich der Mann umwandte und die Straße hinunterzugehen begann, und fragte hoffnungsvoll: »Da, Daddy?«
    »Ja, Bob, wir sind da«, antwortete der Mann lächelnd. »Gleich sind wir da. Nur noch ein paar Schritte, bis zu diesem Haus dort – siehst du?« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf ein kleines, weißgestrichenes Holzhaus, das ein Stück von der Straße zurückgesetzt lag. »Willst du laufen?«
    »Laufen«, bestätigte Bob und begann unruhig zu strampeln. Sein Vater setzte ihn ab, glättete ihm flüchtig das Haar und griff nach seiner Hand. Der Junge war groß für sein Alter, aber ein wenig zu pummelig, sodass er Mühe hatte, mit den Schritten seines Vaters mitzuhalten, obgleich dieser sehr langsam ging. Die lange Fahrt und die unerträgliche Hitze im Inneren der Kutsche hatten ihn erschöpft, und das Chinin, das er am Morgen bekommen hatte, hatte das Fieber nicht vollends vertreiben können. Seine Haut fühlte sich auf sonderbare Weise gleichzeitig heiß und eiskalt an; seine Finger waren feucht und zitterten fast unmerklich. Aber er ging tapfer neben seinem Vater her und ließ nicht den geringsten Klagelaut hören.
    Der Mann wurde sich schmerzhaft der Tatsache bewusst, dass sie auffallen mussten; er in seinem maßgeschneiderten Zweihundert-Dollar-Anzug und der Junge in der fransenbesetzten Westerntracht, die er für ihn erstanden hatte. In Denver hatte niemand von ihnen Notiz genommen, aber in einer Stadt wie Walnut Falls konnte kein Fremder unbemerkt bleiben. Obgleich die Hitze jedes lebende Wesen von der Straße getrieben hatte, zweifelte er nicht daran, dass sie von Dutzenden neugieriger Augenpaare angestarrt wurden.
    Er vertrieb den Gedanken und konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung. Er war ein wenig enttäuscht. Er war niemals hiergewesen, und trotzdem war ihm die Stadt nicht fremd; genau genommen kannte er sich hier beinahe so gut aus wie jemand, der hier gelebt hätte. Maude Cravens Briefe waren sehr detailliert gewesen. Trotzdem war er enttäuscht, auf eine Art, die er selbst nicht in Worte fassen konnte. Er hatte sich alles … nun, irgendwie anders vorgestellt. Vielleicht ein wenig freundlicher.
    Er verscheuchte auch diesen Gedanken. Es war zu spät, und vermutlich tat er dieser braven kleinen Stadt und ihren mit Sicherheit gottesfürchtigen Einwohnern bitter Unrecht. In seiner augenblicklichen Verfassung wäre ihm auch das Capitol schäbig vorgekommen.
    Sie hatten das Haus erreicht, das hinter den Gräbern verbrannter Blumenrabatten lag, und der Mann hob die Hand, zögerte aber noch einen Moment zu klopfen. Noch einmal – und sehr viel heftiger als zuvor – musste er gegen das intensive Verlangen ankämpfen, seinen Sohn zu nehmen und einfach wegzulaufen, so schnell und so weit er konnte. Aber er war fortgelaufen, die drei Jahre, die seit der Geburt seines Sohnes vergangen waren, und die zehn Jahre zuvor. Wenn es jemanden gab, der wusste, wie sinnlos es war, fortlaufen zu wollen, dann ihn.
    Er klopfte. Hinter dem Fenster neben der

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