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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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für den Sie sich ausgeben, oder?«
    Andara lächelte, griff nach dem Brief und nahm ihn an sich, öffnete ihn aber noch nicht. »Er hat Ihnen also gesagt, dass ich komme? Gerade an der Tür –«
    »Man muss vorsichtig sein«, unterbrach ihn Miss Lugosi, nunmehr mit deutlichen Anzeichen von Verärgerung. »Arkham ist nicht mehr, was es war, wissen Sie? In letzter Zeit kommen viele Fremde in die Stadt. Sonderbare Fremde.« Sie schien noch mehr sagen zu wollen, beließ es dann aber bei einem neuerlichen Kopfschütteln und deutete zur Tür. »Ich muss in die Küche, Mister Andara. Sie finden das Zimmer auch ohne mich. Die Miete beträgt fünf Dollar die Woche, Verpflegung einschließlich und im voraus. Gegessen wird pünktlich um sieben, Morgens und Abends. Für Ihr Mittagessen müssen Sie selbst sorgen. Dieser Salon hier und das Bad stehen zu Ihrer Verfügung, im oberen Stockwerk liegen meine Privaträume. Damenbesuche sind nicht gestattet. Und nun entschuldigen Sie mich, ich habe zu tun.« Und damit ging sie an ihm vorbei und verließ den Salon.
    Andara unterdrückte ein Lächeln. Bella Lugosi war vielleicht eine sonderbare Frau, die auf die meisten Menschen im ersten Moment abschreckend gewirkt hätte, mit ihrem eigentümlichen Parfüm und ihren kalten Augen, aber ihre burschikose Art gefiel ihm, und er glaubte plötzlich zu verstehen, warum H.P. ausgerechnet ihr Haus als Treffpunkt vorgeschlagen hatte, obwohl es in Arkham zwei gute Hotels gab. Er steckte den Brief ein, nahm seine Koffer wieder auf und ging über den Flur in das Zimmer, das Miss Lugosi ihm bezeichnet hatte. Sorgsam verschloss er die Tür, überzeugte sich davon, dass das Fenster zum Hof hinausging und dieser leer war und legte vorsichtshalber die Läden vor, ehe er sich auf das Bett setzte und den Briefumschlag aufriss.
    Er enthielt einen säuberlich gefalteten Zettel, auf dem nur wenige Zeilen in H.P.s fast unleserlicher Handschrift gekritzelt waren, und alles in Kleinschrift, wie sie es ausgemacht hatten, um sicher sein zu können, dass schriftliche Botschaften auch wirklich von dem jeweils anderen stammten:
    roderick! musste für ein paar tage weg. versuche, am 2. oder 3. juli zurück zu sein, warte bis zum 5. wenn ich bis dahin nicht zurück bin oder du nachricht von mir hast, gehe zur miskatonicuniversität und wende dich dort an einen Studenten namens henry wolf.
    H.P.
    ps: halte dich von den carsons fern!
    Andara runzelte die Stirn, las die Notiz ein zweites Mal und sah auf den Kalender, der neben der Tür hing. Er war mehrere Jahre alt und zeigte den 7. Dezember, aber heute war der 4. Juli, wenn er sich nicht sehr täuschte. Also war dieser Brief mindestens vier oder fünf Tage alt, und die Frist, die H.P. bis zu seiner Rückkehr gesetzt hatte, eigentlich schon überschritten. Und was sollte dieses PS? Wer immer diese Carsons waren – es gab kaum eine bessere Methode, ihn auf ihre Spur zu setzen, als die Aufforderung, es nicht zu tun.
    Mehr verwirrt als wirklich beunruhigt oder besorgt faltete er das Blatt wieder zusammen, ließ es in der Rocktasche verschwinden und verließ sein Zimmer wieder, um nach Miss Lugosi zu suchen. Möglicherweise wusste sie, wo H.P. hingegangen war.
    Das Haus war sehr still, als er auf den Korridor hinaustrat. Nach ihren Worten hatte er erwartet, Miss Lugosi in der Küche mit Töpfen und Geschirr hantieren zu hören, aber die einzigen Geräusche, die er vernahm, waren seine eigenen Atemzüge und die gedämpften Laute, die von der Straße hereindrangen. Unschlüssig blieb er einen Moment stehen, drehte sich wieder herum, um in sein Zimmer zurückzugehen, und machte dann doch kehrt. Das Haus war nicht sehr groß, und so lange er das obere Stockwerk nicht betrat, würde er sich kaum den heiligen Zorn der Hausherrin zuziehen.
    Er fand die Küche praktisch auf Anhieb. Miss Lugosi nicht. Der kleine, mit Regalen voller Kochgeschirr und Vorräten vollgestopfte Raum war leer. Das Feuer in dem mächtigen gusseisernen Ofen war seit Stunden erloschen, und in der Luft lag ein Geruch, der allenfalls an faulenden Fisch erinnerte, nicht an das Abendessen, dass Miss Lugosi jetzt eigentlich zubereiten sollte, wenn sie ihren eigenen Zeitplan einhielt.
    Andaras Verwirrung nahm ein ganz kleines bisschen zu. Er versuchte sich damit zu beruhigen, dass er im Augenblick möglicherweise der einzige Gast war und er kaum damit rechnen konnte, dass Miss Lugosi nichts Besseres zu tun hatte, als auf ihn zu warten – aber dieser Gedanke

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