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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mittelfinger an eine nicht vorhandene Hutkrempe und deutete eine Verbeugung an, während der Blick glitzernder Fischaugen über sein Gesicht und seine Gestalt glitt und ihn schnell und routiniert taxierte. »Sie entschuldigen die Störung – mein Name ist Andara, Roderick Andara. Ich bin auf der Suche nach einem Zimmer. Man hat mir ihr Haus als sauber und vertrauenswürdig empfohlen.«
    »So, hat man das?« Bella Lugosi bedachte ihn mit einem Blick, der sehr deutlich machte, dass sie diese beiden Attribute als auf ihn nicht unbedingt zutreffend empfand. Ihr Mund wurde zu einem schmalen Strich, der wenig sympathisch wirkte. »Und wer ist man, wenn ich fragen darf?«, fuhr sie nach einer sehr langen und sehr missbilligenden Pause fort.
    »Ein gemeinsamer Freund von uns«, antwortete Andara. Er senkte die Stimme ein ganz kleines bisschen. »H.P.«
    Das Misstrauen in Miss Lugosis Augen schlug urplötzlich in Erstaunen, dann ebenso rasch in Erschrecken um. Sie trat zurück, öffnete hastig die Tür und machte eine wedelnde Bewegung mit der Linken, als Andara für ihren Geschmack zu langsam eintrat.
    »Sie sind ein Freund von H.P.?«, fragte sie, nachdem sie die Tür wieder geschlossen und die Kette sorgsam vorgelegt hatte. Andara nickte. »Dann sollten Sie seinen Namen nicht zu laut aussprechen«, fuhr Miss Lugosi fort. »Und schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Es gibt viele Ohren in Arkham. Kommen Sie.« Sie wedelte aufgeregt mit beiden Händen, ihr zu folgen, rauschte an ihm vorbei und öffnete eine weitere Tür, die in einen kleinen, sehr einfach ausgestatteten Salon führte. Das bleiche Licht einer Petroleumlampe ließ ihn düsterer erscheinen, als er tagsüber wohl war, denn es gab drei große, nach Süden führende Fenster, und die Tapeten waren zwar alt, aber hell und freundlich gemustert.
    Andara folgte ihr, stellte seine Koffer neben der Tür ab und sah sich neugierig um. Es gab nicht viel Interessantes zu entdecken: eine Kommode, ein großer Tisch mit sechs stoffbezogenen Stühlen, an dem wohl die Mahlzeiten eingenommen wurden, neben der Tür ein halb mannshoher, goldgefasster Spiegel, der in der Ecke zu einem kantigen Spinnennetz-Muster gesprungen war, ein Ölgemälde, das einen alten Indianer auf einem noch älteren Pferd zeigte; nichts, was ungewöhnlich oder auch nur der Beachtung wert gewesen wäre. Aber auf dem kleinen Tischchen vor dem Kamin standen zwei benutzte Gläser, daneben ein Aschenbecher, in dem sich die zerdrückten Reste von mindestens einem Dutzend schwarzer Virgina-Zigarillos drängelten. Andara lächelte dünn.
    »Er ist also bereits hier«, sagte er.
    Miss Lugosi runzelte etwas zu demonstrativ die Stirn. »Wer?« fragte sie.
    »H.P.«, antwortete Andara. »Bitte – Sie brauchen sich nicht zu verstellen. Ich bin wirklich sein Freund.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Aschenbecher. »Aber Sie sollten vorsichtiger sein, und er auch. Die Polizei pflegt die Angewohnheiten der Leute zu kennen, die sie sucht.«
    Miss Lugosi setzte zu einer geharnischten Antwort an, blickte dann auf die Zigarrenreste und sah plötzlich sehr betroffen aus. Ohne ein weiteres Wort ging sie an ihm vorbei, leerte den Aschenbecher in den Kamin und wischte ihn mit einem Zipfel ihrer Kittelschürze sauber, ehe sie ihn an seinen Platz zurückstellte. »Sie sind ein scharfer Beobachter, Mister Andara«, sagte sie.
    Ihr Körpergeruch fiel ihm auf, als sie an ihm vorüberging. Er war nicht direkt unangenehm, aber zumindest ungewöhnlich; ein wenig feucht, wie nach Tang und Meer. Aber was ging es ihn an?
    »Im Augenblick bin ich wohl eher ein müder Beobachter«, erklärte er mit einem entschuldigenden Lächeln. »Falls es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie bitten, mir mein Zimmer zu zeigen – und vielleicht H.P. Bescheid zu geben, dass ich da bin.«
    »Das Zimmer ist gleich über dem Flur«, erklärte Miss Lugosi. »Sie können es nicht verfehlen – die Tür steht offen. Aber H.P. ist nicht da.« Sie sah ihn strafend an, rang einen Moment sichtlich mit sich selbst und wandte sich dann zum Kamin. Auf dem Sims stand eine kleine Schatulle aus falschem Silber, deren Deckel sie aufklappte, um einen schmalen weißen Briefumschlag herauszunehmen. »Das hier soll ich Ihnen geben«, sagte sie, »für den Fall, dass H.P. nicht da sein sollte, wenn Sie kommen.« Sie streckte die Hand aus, zog sie dann aber noch einmal zurück und legte den Kopf auf die Seite, um ihn abermals scharf zu mustern. »Sie sind doch der,

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