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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wieder; und wieder die gleiche Art von entsetzlich realistischem Traum wie in der vergangenen, wenigstens am Anfang. Alles war wieder da: der entsetzliche Geruch, das Platschen großer schwimmflossiger Füße und das Rauschen und Sprudeln von Wasser, in dem sich finstere Dinge suhlten, von denen er wusste, dass sie da waren, ohne zu wissen, warum. Aber als er in diesem Traum sein Zimmer verließ und auf den Korridor hinaustrat, begegnete er Miss Lugosi – die freilich nur vom Hals an abwärts Miss Lugosi war; ihr Gesicht hatte sich in ein abstoßendes froschartiges Ding verwandelt, das ihn aus hervorstehenden Glubschaugen anglotzte – die ihm mit grässlich quakender Stimme in Erinnerung rief, dass er in den oberen Stockwerken nichts zu suchen habe, und er ging zurück in sein Zimmer. Aber er hörte noch lange die entsetzlichen Laute aus dem oberen Stockwerk herabdringen.
    Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich noch erschöpfter und ausgelaugter als am Tage zuvor; Miss Lugosi musste ihn nicht nur ein-, sondern gleich dreimal wecken, bis er überhaupt die Energie fand, die Augen lange genug offenzuhalten, sich anzuziehen und aus dem Zimmer zu schlurfen. Selbst das halbe Dutzend Tassen starken schwarzen Kaffees, den er herunterstürzte, machte ihn kaum wacher. Es schien, als hätte ihn der Schlaf nicht erquickt, sondern ganz im Gegenteil noch an seinen Kräften gezehrt. Aber er war selbst zu müde, diesen Gedanken zu Ende zu verfolgen.
    H.P. war nicht zurückgekommen während der Nacht, und Miss Lugosi hatte auch keine Nachricht von ihm, und obwohl er so müde war, dass er am liebsten sofort wieder in sein Zimmer und ins Bett gegangen wäre, und ihn Miss Lugosi noch zusätzlich zu beschwatzen versuchte, doch das Klügste zu tun und sich noch einen weiteren Tag Ruhe zu gönnen – schließlich sei H. P. ja nicht zurück, und allein und auf eigene Faust würde er zumal in einer Stadt wie Arkham sowieso nicht weit kommen –, brachte er irgendwie die Energie auf, sich zum Verlassen des Hauses zu zwingen; im Grunde ohne festes Ziel und nur aus der vagen Hoffnung heraus, dass ihm die frische Luft und ein wenig Bewegung vielleicht helfen mochten, seine unerklärliche Schwäche zu überwinden. Es war längst nicht nur eine Ermattung des Körpers, die er spürte. Auch seine geistige Disziplin ließ spürbar nach. Der eigentliche Grund seines Hierseins – den verschwundenen Professor und somit Bob und Miss Craven oder wenigstens ihre Spur zu finden – erschien ihm immer unwichtiger, und während des Frühstückes hatte er sich ein paar Mal bei der Überlegung ertappt, ob es nicht das Beste sei, einfach wieder abzureisen.
    Aber seine Rechnung ging auf – als er das Haus verließ und mit einem mühsam unterdrückten Gähnen auf die Straße hinaustrat, war er zwar noch immer so müde, dass er nur mit aller Mühe die Augen offen halten konnte und um ein Haar in ein mit Gemüse voll beladenes Fuhrwerk hineingerannt wäre, dessen Fahrer ihm wüste Beschimpfungen nachsandte, aber schon nach wenigen Schritten spürte er, wie die Schwere aus seinen Gliedern zu weichen begann, und als er den Fluss erreichte – der Weg dorthin war nicht weit, weil in einer Stadt von der Größe Arkhams kein Weg weit sein konnte –, fühlte er sich bereits wieder frisch und ausgeruht. Es war fast, als lebe er mit jedem Schritt auf, den er sich von Miss Lugosis Pension entfernte.
    Der Gedanke, so absurd er im allerersten Moment war, setzte sich in seinem Bewusstsein fest. Er dachte einen Moment ernsthaft darüber nach, während er am Ufer des Miskatonic-River entlangflanierte, legte ihn dann aber in die Schublade unbegründeter Ängste ab. Es wäre gewiss nicht das erste Mal, dass er mit Fallen derart heimtückischer Art konfrontiert wurde, denn die Mächte, die ihn seit einem Jahrzehnt verfolgten, verfügten über Möglichkeiten und Hilfsmittel, deren bloße Vorstellung jedem anderen schier das Blut in den Adern hätte gerinnen lassen – aber auch Andara gehörte nicht zu jenen anderen Menschen.
    Tatsächlich gehörte er zu jener sehr kleinen Zahl besonders begnadeter – oder besonders verfluchter – Männer und Frauen, die es zu allen Zeiten gegeben hatte und die aus bitterer eigener Anschauung bezeugen konnten, dass Worte wie Magie und Zauberei nicht ins Reich der Hirngespinste gehörten, sondern durchaus handfeste Grundlagen hatten. Was H.P. in jener Nacht in der Jagdhütte bei Walnut Falls gesagt hatte, entsprach der Wahrheit,

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