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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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viel Zeit blieb, das Rätsel zu lösen. Er hatte zu viel Erfahrung in der Rolle des Gejagten, um nicht zu wissen, dass seine Feinde von einer einmal aufgenommenen Spur nicht so rasch wieder abließen.
    Die erste Tür, an der er rüttelte, war verschlossen, aber er brauchte nur einen Augenblick, den primitiven Mechanismus des Schlosses zu ergründen und außer Kraft zu setzen. Leise öffnete er sie, blickte noch einmal zur Treppe hinauf und riss ein Streichholz an. Das bleiche, flackernde Licht gewährte ihm einen Blick auf eine große, aber vollkommen leere Kammer, auf deren Boden eine zollstarke Staubschicht bewies, dass sie seit Jahren nicht mehr betreten worden war.
    Er löschte das Streichholz, verriegelte die Tür wieder und wandte sich der zweiten zu. Auch sie war versperrt, und diesmal brauchte er länger, das Schloss zu überlisten, denn zu seiner großen Überraschung musste er feststellen, dass es einen Schutzzauber gab, der einen normalen Einbrecher vor gehörige Probleme gestellt hätte. Wer immer versucht hätte, es – ob mit oder ohne Schlüssel – zu öffnen, hätte für die nächsten Wochen gar nichts mehr auf-oder zugeschlossen, denn das Schlüsselloch war mit einer wachsähnlichen, farblosen Masse verschmiert, die bei der geringsten Berührung in Flammen aufgehen und dabei eine enorme Hitze entwickeln würde. In Andaras Bewunderung für H.P.s Umsicht und Können mischte sich ein deutliches Gefühl von Ärger, denn sein neugewonnener Kampfgefährte schien keinen Gedanken daran verschwendet zu haben, dass zum Beispiel auch Miss Lugosi oder ein anderer Unschuldiger versuchen könnte, diese Tür zu öffnen, aus dem einen oder anderen Grund. Er beschloss, H.P. in dieser Hinsicht gehörig die Meinung zu sagen, entfernte die tückische Masse und betrat das Zimmer. Diesmal schob er die Tür sorgfältig hinter sich ins Schloss, ehe er ein weiteres Streichholz anriss.
    Der Anblick traf ihn wie ein Schlag.
    Das Zimmer war verwüstet. Tisch und Stühle waren umgeworfen und zerbrochen, das Bett zerwühlt und die beiden Koffer, in denen H.P.s und Rowlfs Habseligkeiten gewesen waren, auf den Boden geworfen, ihr Inhalt herausgerissen und zum Teil zerfetzt.
    Das Streichholz brannte herab und versengte Andara die Finger. Er fluchte lautlos, warf es zu Boden und tastete im Dunkeln nach der Lampe, ehe er ein weiteres Holz anriss und die Flamme an den Docht hielt.
    Im bleichen Licht der Petroleumlampe erkannte er das wahre Ausmaß der Zerstörung. In dem kleinen Zimmer musste nicht nur ein Kampf, sondern eine regelrechte Schlacht getobt haben; kein Stück, das noch unbeschädigt oder noch an seinem Platz gewesen wäre. H.P.s Habseligkeiten waren über den gesamten Boden verstreut, Hemden und Mäntel zum Teil zerrissen, als hätte jemand – oder etwas – seine Wut daran ausgelassen, das Bett zerwühlt und selbst die Matratze darunter zerfetzt. Auf den weißen Laken war Blut.
    Und noch etwas.
    Andara beugte sich beunruhigt vor und hielt die Lampe so, dass ihr Lichtschein direkt auf das Bett fiel. Etwas Dunkles, schwarzgrün Glitzerndes lag vor ihm, groß wie seine Hand und zerknüllt wie ein Stück Pergament, aber halb durchsichtig und von sonderbar organischer Konsistenz.
    Andaras Herz begann vor Aufregung und Schrecken zu hämmern, als er begriff, was er sah.
    Es war ein Stück Haut. Keine menschliche Haut, sondern ein dünner, grünlich glänzender Hautlappen, jetzt vertrocknet und bereits halb in Verwesung übergegangen, aber noch immer deutlich als das zu erkennen, was er einmal gewesen war: ein Fetzen jener Haut, wie ihn manche amphibische Tierarten zwischen Fingern und Zehen besitzen. Schwimmhaut.
    Andara richtete sich wieder auf, setzte die Lampe vorsichtig zu Boden und sah sich um. Es schien ihm wenig sinnvoll, das Zimmer zu durchsuchen, denn wer immer für diese Verwüstung – und aller Wahrscheinlichkeit nach auch für H.P.s Verschwinden – verantwortlich war, hatte dies sicher schon getan und alles entfernt, was für ihn irgendwie von Nutzen sein konnte. Trotzdem machte er sich nach einer Weile daran, H.P.s Sachen zu durchsuchen – natürlich ohne Erfolg – und auch den Inhalt sämtlicher Schränke und Schubladen in Augenschein zu nehmen mit dem gleichen Ergebnis, nämlich keinem.
    Aber irgendetwas musste hier sein. H.P. wäre nicht er, wenn er nicht umsichtig genug gewesen wäre, auch für diesen Fall irgendeinen Hinweis für ihn zu hinterlassen.
    Nun – er hatte gewisse Möglichkeiten, Dinge zu

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