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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Tentakel eines Kraken, aber größer und auf entsetzliche Weise anders.
    Und dann hob sich einer dieser Arme, bewegte sich zitternd und schleimtriefend aus dem Wasser heraus und deutete anklagend auf ihn!
    Andara erwachte mit einem Schrei aus seiner Erstarrung, fuhr hoch und herum und rannte, wie noch nie zuvor in seinem Leben.
    Das Pferd brach unter ihm zusammen und starb, eine Meile vor Arkham, so sehr hatte er es gehetzt, und er legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. So weit es seine Erschöpfung zuließ, rannte er, gehetzt wie von tausend Furien. Trotzdem zeigte sich am Horizont das erste Grau der heraufziehenden Dämmerung, ehe er Arkham erreichte und sich selbst gestattete, etwas langsamer zu gehen.
    Dabei war er sich durchaus des Umstandes bewusst, auch hier in der Stadt keineswegs in Sicherheit zu sein, denn es gab keine Sicherheit vor den entsetzlichen Wesen, die er gesehen hatte. Weder hier noch sonst wo auf der Welt, vielleicht nicht einmal auf irgendeiner der anderen zahllosen Welten, die den Kosmos füllen mochten. Obwohl seit seiner Flucht aus der schrecklichen Grotte Stunden vergangen waren, zitterten seine Hände noch immer, und der Schreck saß so lähmend und frisch in seinen Gliedern wie im allerersten Moment. Er hatte gewusst, dass es sie gab; ebenso wie H.P. und Langley und der arme Henry, wie Arnes Fallenthorpe und sicherlich noch sehr viele andere Menschen auf der Welt. Aber ebenso wie sie hatte er niemals einen von ihnen zu Gesicht bekommen.
    Bis heute.
    Andaras Gedanken drehten sich wild im Kreise. Er war hierhergekommen, um diese oder eine ähnliche Beobachtung zu machen – ja, mehr noch, die Spur zum Nest dieses Höllengezüchtes aufzunehmen –, aber jetzt, als es so weit war, war er verstört und erschreckt wie ein Kind, das mit Feuer gespielt und dabei ganz versehentlich das Haus seiner Eltern angezündet hatte. Wie oft hatte er von ihnen gehört, wie viele verbotene Bücher und Schriften über sie gelesen, wie viele Gespräche mit anderen Eingeweihten über sie geführt? Und trotzdem lähmte ihn ihr Anblick ebenso, wie er jeden anderen gelähmt hätte. Die letzten zehn Jahre seines Lebens war er auf der Flucht vor ihnen gewesen, aber niemals hatte er sie selbst zu Gesicht bekommen, sondern stets nur ihre Diener, und auch davon nur die Allergeringsten, geistlose Ungeheuer, Maschinen gleich, die zu nichts anderem fähig waren als zum Jagen und Töten, und selbst das zwar sehr gründlich, aber wenig effizient.
    Doch jetzt …
    Es gab keinen Zweifel – die lederhäutigen Spottgeburten, deren Veitstanz er beobachtet hatte, waren jene, von denen in den alten Schriften als den Tiefen Wesen gesprochen wurde, blasphemische Kreuzungen zwischen Mensch und Fisch oder Kröte, und von denen es hieß, dass sie oft in der Nähe großer Küstenstädte gesehen wurden, nie aber greifbar waren, sondern auf unheimliche Weise immer zu verschwinden wussten, war man ihnen auf der Spur. Und das Wesen im Wasser war …
    Andara weigerte sich, den Gedanken zu Ende zu denken. Es war unvorstellbar. Es konnte nicht sein, weil es nicht sein durfte.
    Andara erinnerte sich hinterher kaum, wie er das Haus in der Jenkins-Street erreicht hatte. Wohl eine Stunde war er ziellos durch die nachtstillen Straßen Arkhams geirrt, bis sich hinter Fenstern und Toreinfahrten das erste Leben regte und er sich in Miss Lugosis Pension flüchtete, denn was er jetzt am wenigsten ertragen hätte, wäre die Begegnung mit einem anderen Menschen gewesen. Er wusste, dass sie ihn nicht verfolgen würden, denn Wesen solch absurder körperlicher Beschaffenheit, wie es die Tiefen Wesen waren, konnten sich unmöglich so schnell wie ein Mensch fortbewegen. Aber da war noch das Ding im Wasser, und er wusste nur zu gut, dass es über andere und weit schrecklichere Handlanger verfügte als die absurden Froschmenschen.
    Zu seiner Erleichterung fand er das Haus unverschlossen. Leise öffnete er die Tür, blieb einen Moment stehen, um zu lauschen, und schlich dann auf Zehenspitzen zu seinem Zimmer. Aber er betrat es nicht, sondern wandte sich nach kurzem Zögern wieder um, blickte sichernd die Treppe ins obere Stockwerk hinauf, in dem Miss Lugosis Privaträume lagen, und wandte sich dann den beiden anderen Türen zu, die es außer der zum Salon und der Küche im Erdgeschoss noch gab. Hinter einer davon musste H.P.s Zimmer liegen, und möglicherweise fand er dort einen Hinweis auf seinen Verbleib. Andara hatte das sichere Gefühl, dass ihm nicht mehr

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