Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
eingezeichnet. Bei etwa [Fe/H]~ –1,0 beginnen alle drei Elementverhältnisse von [α/Fe] ~0,4 abzusinken und auf den solaren Wert hinzulaufen (durchgezogene Linie). Diese Veränderung geht auf den Beginn der Supernovaexplosionen vom Typ Ia zurück, da bei diesen Explosionen vermehrt Eisen und keine α-Elemente produziert werden. Bei [Fe/H] ~ –0,0 ist die chemische Entwicklung dann etwa beim solaren Verhältnis von [α/Fe] angekommen.
Wie kann dieses Verhalten erklärt werden? Die zeitliche Entwicklung des [α/Fe]-Verhältnisses ist eines der besten Beispiele für die chemische Entwicklung und das Zusammenspiel von verschiedenen Nukleosyntheseprozessen und -orten sowie unterschiedlichen Anreicherungszeitskalen.
Die chemische Entwicklung des frühen Universums wurde ausschließlich von kurzlebigen massereichen Sternen und ihren Kern-Kollaps-Supernovaexplosionen vorangetrieben. Die metallarmen Sterne mit ihren [α/Fe] ~ 0,4-Werten reflektieren genau diesen frühen Zeitraum. Sterne mit geringeren Massen waren hingegen aufgrund ihrer längeren Lebenszeiten zu dieser Zeit noch mitten in ihrer Entwicklung. Erst nach etwa einer Milliarde Jahren waren die ersten masseärmeren Sterne zu Weißen Zwergen geworden. Wenn diese Weißen Zwerge einem Doppelsternsystem angehörten und von ihren Begleitern Materie zu ihnen überströmte, explodierten sie schließlich als Typ Ia-Supernova. Da es im Universum seit dieser Zeit viel mehr masseärmere als massereichere Sterne gibt, veränderten die Typ Ia-Explosionen den Verlauf der chemischen Entwicklung. Diese Supernovae erzeugen hauptsächlich Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisengruppenelemente, aber keine α-Elemente. Dies bedeutet, dass mit dem Beginn der Explosionen der Weißen Zwerge die Eisenproduktion deutlich anstieg. Genau diesen Umbruch können wir in den Häufigkeiten der α-zu-Eisen-Verhältnisse in Sternen mit verschiedenen Metallizitäten sehen. Die α-Elemente wurden weiterhin von den massereichen Sternen produziert, Eisen aber wurde ab diesem Zeitpunkt sowohl von den vielen massereichen Supernovaexplosionen wie auch von den massearmen explodierenden Weißen Zwergen erzeugt.
Der Anstieg der Eisenproduktion verringerte somit die Werte von [α/Fe] in den Gaswolken, aus denen weitere Generationen von Sternen geboren wurden. Der daraus resultierende Übergang bei [Fe/H] ~ –1,5 von den »frühen«, hohen [α/Fe]-Werten in den metallarmen Sternen zu niedrigeren Werten in weniger metallarmen Sternen in späteren Zeiten spiegelt diese Entwicklung wider. Jüngere Sterne mit solaren Metallizitäten haben dementsprechend dann endlich den solaren [α/Fe]-Wert erreicht.
Natürlich gibt es auch einige Ausnahmen. Immer wieder tauchen einzelne metallarme Sterne auf, die z.B. extrem hohe Magnesiumhäufigkeiten aufzeigen. Dies geht wahrscheinlich auf ungewöhnliche Arten von Supernovae zurück, die die Gaswolke vor der Geburt des metallarmen Sterns in besonderer Weise anreicherten. Dann wiederum gibt es metallarme Sterne, die geringere α-zu-Eisen-Häufigkeiten als ein typischer Halostern aufweisen. Solche Sterne sind vereinzelt in der Milchstraße anzutreffen, aber die meisten befinden sich in Zwerggalaxien.
Zwerggalaxien durchlaufen genau wie die Milchstraße eine chemische Entwicklung. Da die kleinen Zwerggalaxien aber weniger Gas für Sternentstehung zur Verfügung haben, läuft ihre gesamte Entwicklung langsamer ab. Dennoch fangen auch in einer solchen Galaxie die Weißen Zwerge, die sich in Doppelsternsystemen befinden, nach etwa einer Milliarde Jahren an zu explodieren. Denn die Sternentwicklung verläuft unabhängig von der Entwicklung der Galaxie, in der sich ein Stern befindet. Zu diesem Zeitpunkt, also nach einer Milliarde Jahren, hatten die Zwerggalaxien noch eine geringere »Gesamtmetallizität« als die Milchstraße, da die chemische Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten war. Die länger dauernde Anreicherungszeit in den Zwerggalaxien hat zur Folge, dass der Übergang von den erhöhten α-zu-Eisen-Werten zu niedrigeren Verhältnissen bei geringeren Werten als dem Wert der Milchstraße von [Fe/H] = –1,5 stattfindet.
Der genaue Übergangswert hängt von der Galaxie ab und ist oft nur schwer oder gar nicht bestimmbar. Sterne mit Werten zwischen [Fe/H] = –2,0 und [Fe/H] = –2,5 sind gute Kandidaten für solche Messungen. Neuere Studien haben inzwischen gezeigt, dass Zwerggalaxiensterne mit [Fe/H] ~ –3,0 und niedrigeren Metallizitäten auch die
Weitere Kostenlose Bücher