Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
zusätzlich eine Rolle. So ist es nicht verwunderlich, dass die massereichen rotierenden Population-III-Sterne schon zu Frühzeiten sehr wahrscheinlich große Mengen an Kohlenstoff erzeugten. Zu späteren Zeiten wurden dann die etwas masseärmeren Sterne mit 3 bis 8 Sonnenmassen zu den Hauptproduzenten. In großer Zahl vorhanden, versorgen diese Sterne heutzutage durch ihre starken Sternwinde während ihrer asymptotischen Riesenastphase das interstellare Medium mit Kohlenstoff und anderen Elementen.
Die Entwicklung von Kohlenstoff kann in Abbildung 9.3 gesehen werden. Die ansteigenden Sternmetallizitäten bilden die horizontale Achse. Auf der vertikalen Achse tragen Astronomen das Verhältnis eines Elements im Vergleich zu Eisen auf, wie z.B. [C/Fe]. Somit kann leicht erkannt werden, ob ein Stern vom halotypischen Elementmuster abweicht. Denn Halosterne haben z.B. ein Kohlenstoff-zu-Eisen-Verhältnis um null herum, also [C/Fe] ~ 0. In der Abbildung werden nur metallarme Sterne mit [Fe/H] < –1,7 gezeigt, und die durchgezogene Linie deutet das solare [C/Fe]-Verhältnis als Referenz an. Die hohen [C/Fe]-Werte der metallärmsten Sterne sind deutlich zu erkennen und auch die relativ große Zahl der Sterne unterhalb von [Fe/H] < –3,0 mit höheren Kohlenstoffhäufigkeiten. Gewöhnliche Halosterne haben [C/Fe]-Werte etwa zwischen –0,6 und +0,6. Die s-Prozess-Sterne sowie Sterne mit s-und r-Prozess-Anreicherungen sind mit unterschiedlichen Symbolen gekennzeichnet. Sie erhielten ihren Kohlenstoff von ihren Begleitern, und man kann sehen, dass diese Sterne sich von den anderen deutlich absetzen. Die r-Prozess-Sterne sind nicht weiter gekennzeichnet, da sie mit einer Ausnahme alle ähnliche Kohlenstoffhäufigkeiten wie normale Halosterne besitzen.
Abb. 9.3 : Kohlenstoffhäufigkeiten [C/Fe] für Sterne mit verschiedenen [Fe/H]-Metallizitäten (gefüllte Kreise). Offene Kreise bezeichnen die kohlenstoffreichen s-Prozess-Sterne sowie Sterne mit s- und r-Prozess-Anreicherungen. Die r-Prozess-Sterne unterscheiden sich in ihren Kohlenstoffhäufigkeiten nicht von den restlichen Sternen. Sie sind als Vierecke dargestellt. Die durchgezogene Linie gibt das solare [C/Fe]-Verhältnis zum Vergleich an.
Selbst wenn wir nichts über die Nukleosyntheseprozesse wüssten, würde uns der Anblick von Abbildung 9.3 schon eine wichtige Sache verraten: Kohlenstoff wurde auf viele verschiedene Weisen und in mehreren Arten von Sternen im frühen Universum erzeugt. Ansonsten wäre eine solche Vielfalt von [C/Fe] in metallarmen Sternen nicht anzutreffen.
Ein ähnliches Bild beginnt sich für einige der Zwerggalaxien abzuzeichnen. Obwohl bisher nur etwa 10 Sterne mit [Fe/H] < –3,0 in verschiedenen Zwergen beobachtet wurden, ist schon ein extrem kohlenstoffreicher Stern mit [Fe/H] = –3,7 gefunden worden. Extrem metallarme, kohlenstoffreiche Sterne kommen also nicht nur im galaktischen Halo vor. Sie sind deswegen wahrscheinlich ein generelles Anzeichen für die frühen Phasen einer chemischen Entwicklung im Universum.
α-Elemente
Die α-Elemente, also Magnesium, Kalzium, Silizium und Titan, sind aus einem Vielfachen von Heliumkernen zusammengesetzt. Sie werden während verschiedener Brennphasen in massereichen Sternen synthetisiert. Wie Modellrechnungen zur Nukleosynthese bestätigten, werden die α-Elemente und Eisen in einem ganz bestimmten Verhältnis von [α/Fe]~ 0,4 zueinander hergestellt. Kern-Kollaps-Supernovaexplosionen schleudern die Elemente dann ins All. α-Elemente können in hochaufgelösten Spektren in jedem Stern problemlos gemessen werden, da diese Elemente auch in metallarmen Sternen noch relativ starke Linien zeigen.
Häufigkeitsanalysen haben schon vor langer Zeit ergeben, dass die Mehrheit aller metallarmen Sterne mit [Fe/H] < –1,5 höhere α-Elementhäufigkeitsverhältnisse als die Sonne haben. Abbildung 9.4 illustriert dieses Verhalten. Sterne mit [Fe/H] < –1,5 haben die kern-kollaps-typischen [α/Fe]-Werte, die bei etwa ~0,4 liegen. Im Vergleich dazu haben Sterne mit höheren Metallizitäten stückweise niedrigere [α/Fe]-Verhältnisse, während Sterne mit solaren Metallizitäten auch solare α-Elementhäufigkeiten aufzeigen, also [α/Fe]= 0.
Abb. 9.4: Häufigkeitsverhältnisse der α-Elemente [Mg/Fe] (Magnesium), [Ca/Fe] (Kalzium) und [Ti/Fe] (Titan) für Halosterne mit verschiedenen [Fe/H]-Metallizitäten (offene Kreise). Zum Vergleich sind metallreichere Scheibensterne als kleine gefüllte Kreise mit
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