Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Helium- und die Wasserstoff-Brennschale. Je weiter sich die beiden Brennschalen jedoch der Sternoberfläche nähern, desto heftiger machen sich dort die Auswirkungen der thermischen Pulse bemerkbar: Der Stern beginnt, die äußersten Schichten seiner Hülle nach und nach abzustoßen, bis er im letzten Puls die gesamte verbliebene Hülle oberhalb der Helium-Brennschale auf einmal in den interstellaren Raum bläst. Was vom Stern übrig bleibt, ist sein toter, aber noch extrem heißer Kohlenstoff-Sauerstoff-Kern – ein Weißer Zwerg –, umgeben von einem bunt leuchtenden Gasnebel, einem sogenannten Planetarischen Nebel.
Planetarische Nebel? Was für ein merkwürdiger Name – mit Planeten haben diese Nebel aber nichts zu tun. Für die Fernrohrbeobachter des 18. und 19. Jahrhunderts sahen viele dieser Nebelfleckchen auf den ersten Blick aus wie die lichtschwachen Scheibchen der sonnenfernen Planeten Uranus und Neptun. Wie in Abbildung 4.B im Farbbildteil gesehen werden kann, zeigen Planetarische Nebel eine phantastische Farben- und Formenvielfalt, die besonders auf Fotos offenbar wird. Sie wird möglich, da der sich im Zentrum befindliche Weiße Zwerg die Gasschichten des Planetarischen Nebels zum Leuchten anregt.
Abb. 4.B
Abb. 4.B
Während dieses Prozesses des Hüllenabstoßens nimmt die Oberflächentemperatur des Sterns bis 100 000 Grad Kelvin zu, weil seine äußeren, sich ablösenden Schichten immer heißere, tiefer befindliche Schichten freilegen. Am Ende beträgt die Masse des komplett freigelegten Sternkerns, nahezu unabhängig von der Ausgangsmasse des Sterns, zwischen einer halben und einer Sonnenmasse. Dieser übrig gebliebene innere Teil des Sterns hat damit nun die letzte Phase in seinem Sternleben erreicht. Innerhalb von kurzer Zeit wandert der Sternkern vom oberen Ende des asymptotischen Riesenasts im Diagramm waagerecht nach links. Dies geht auf die ansteigende Oberflächentemperatur des freigelegten Kerns zurück. Von dort aus springt er schließlich in das Gebiet der Weißen Zwerge, welches links unten unterhalb der Hauptreihe beginnt. Dieses Gebiet ist eine Art kosmischer Sternenfriedhof, denn dort verweilen alle diese Sternkerne für viele Milliarden Jahre, während sie langsam, aber sicher abkühlen.
Der Vollständigkeit halber sollte hier noch erwähnt werden, dass auch Sterne mit einer Masse von mehr als 8 Sonnenmassen durchaus als Weiße Zwerge enden können. Dies ist der Fall, wenn Sterne über besonders ausgeprägte und lang anhaltende Sternwinde verfügen oder regelmäßig Instabilitäten ausgesetzt sind und somit einen signifikanten Teil ihrer Masse schon während der Hauptreihen- und Roten-Riesenastphase an das interstellare Medium abgegeben haben. Dadurch verlieren sie an Masse und folgen an ihrem Lebensende dem Entwicklungsweg von massearmen Sternen.
Weiße Zwerge sind also nichts anderes als alte Kerne von massearmen Sternen mit weniger als 1,4 Sonnenmassen. Sie betreiben keinerlei Kernfusion mehr und kühlen solange ab, bis sie so kalt wie der Weltraum sind. Das ist 2,7 Grad Kelvin, was –270,4 Grad C entspricht. Schon lange vorher sind sie aber zu kühl, um noch beobachtet werden zu können. Dieser Kühlungsprozess erfolgt jedoch sehr langsam; ein sonnenähnlicher Stern braucht, um von einem Hauptreihenstern zu einem Weißen Zwerg zu werden, 11 bis 15 Milliarden Jahre. Um endgültig abzukühlen, benötigt er nochmals 7 Milliarden Jahre. Da das Universum aber erst rund 14 Milliarden Jahre alt ist, gibt es heute auch noch keine vollständig abgekühlten Weißen Zwerge.
Die meisten Weißen Zwerge bestehen dabei aus Kohlenstoff und Sauerstoff. Diese Materie ist spätestens seit der letzten Sternkontraktion nach Beendigung des Heliumbrennens extrem verdichtet. Sie ist in der Tat so dicht, dass sie nicht mehr weiter in sich zusammenfallen kann. Dies bedeutet, dass der extrem kompakte Weiße Zwerg eine mittlere Dichte von etwa einer Milliarde kg/m 3 aufweist. Bei einer derartig hohen Dichte ist die Sternmaterie »entartet«. Denn dichter kann die aus Protonen, Neutronen und Elektronen bestehende Materie aus quantenphysikalischen Gründen nicht mehr gepackt werden. Seine gesamte Masse von etwa einer Sonnenmasse wird also in ein Volumen gepresst, welches dem der Erde mit einem Durchmesser von ca. 10 000 km entspricht.
Überschreitet der Weiße Zwerg aber z.B. durch das Ansammeln von zusätzlicher Materie seine Masse von 1,4 Sonnenmassen, wird der entartete Stern instabil. Wie Kapitel
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