Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Zwerge genannt, eigenständige Galaxien aus leuchtender Materie, also aus Sternen und Gas, welche zudem von einem Halo aus dunkler Materie umgeben sind. In dieser Eigenschaft unterscheiden sich Zwerggalaxien von Sternhaufen, die keinen dunklen Halo besitzen.
Schon um 1938 entdeckte Harlow Shapley zwei dieser kugelförmigen Zwerggalaxien: Fornax und Sculptor. Sie sind nach den Sternbildern benannt, in denen sie stehen, also dem »chemischen Ofen« und dem »Bildhauer«. Abbildung 6.3 zeigt die Sculptor-Zwerggalaxie. Interessanterweise wird Fornax von mehreren Kugelsternhaufen umkreist, was zeigt, dass sich Kugelsternhaufen unter verschiedenen Bedingungen bilden können. In den 1950er Jahren wurden dann Leo I und Leo II sowie Draco und Ursa Minor gefunden. Schließlich kamen 1977 Carina und 1990 Sextans dazu. Da sie aus Hunderttausenden von Sternen bestehen und schon vor Jahrzehnten entdeckt wurden, werden diese Satelliten heute oft als »klassische« Zwerggalaxien bezeichnet. Sie besitzen Gesamtleuchtkräfte zwischen 200 000 (Draco) und 20 Millionen (Fornax) Sonnenleuchtkräften.
Abb. 6.3 : Die Sculptor-Zwerggalaxie im Sternbild des Bildhauers. Sie ist eine der leuchtkräftigeren »klassischen« Zwerggalaxien.
Ein großer Vorteil dieser Satelliten sowie der meisten Zwerge in der Lokalen Gruppe ist, dass sie im Vergleich zu anderen Galaxien nicht zu weit von uns entfernt sind: »nur« zwischen 200 000 und 800 000 Lichtjahre. Dagegen ist z.B. Andromeda 2,5 Millionen Lichtjahre weit entfernt. Das bedeutet, dass detaillierte Beobachtungen von den Zwergen gerade noch möglich sind. So können z.B. einzelne Sterne in fotografischen Aufnahmen noch aufgelöst werden, während noch schwächere Galaxien nur als diffuses Etwas erscheinen. Für spektroskopische Beobachtungen sind auch die Satelliten schon ziemlich weit entfernt und dementsprechend fast zu lichtschwach. Trotzdem können die hellsten Sterne in diesen Galaxien gerade noch beobachtet werden.
Die kugelförmigen Zwerggalaxien sind relativ einfache Systeme – mit der Betonung auf relativ. Obwohl sie im Vergleich zu den gasreichen Zwergen als ziemlich simpel erscheinen, haben unzählige Studien während der letzten fünf Jahrzehnte ergeben, dass sie sehr alte Systeme sind, die mehrere frühe Sternentstehungsepisoden durchlaufen haben. Weiterhin sind sie aufgrund einer verlangsamten chemischen Entwicklung generell metallarme Galaxien. Eine langsame Entwicklung bedeutet, dass diese Galaxien ihr Gas für Sternentstehung aufgebraucht hatten, bevor sie wie andere Galaxien metallreiche Sterne in großen Mengen produzieren konnten. Somit ist der Metallizitätsdurchschnitt dieser Galaxien geringer als z.B. der von Irregulären Systemen, die immer noch über sehr viel Gas für Sternentstehung verfügen.
Das ist der Grund, warum alle diese Zwerggalaxien einem Metallizitäts-Leuchtkraft-Gesetz folgen. Leuchtstarke Zwerge haben eine höhere Metallizität als schwächere Galaxien. Für die Stellare Archäologie bedeutet dies, dass genau die dunkelsten, kleinsten Zwerge besonders interessant sein könnten. Denn dort müsste die Konzentration von alten metallarmen Sternen am höchsten und von metallreichen am niedrigsten sein.
Seit etwa 2005 wurden mehr als zehn weitere Satelliten-Galaxien gefunden. Diese sind allerdings extrem leuchtschwach und konnten nur aufgrund von neuen, großflächigen Beobachtungen von hoher Qualität gefunden werden. In den meisten Fällen können nicht mehr als einige Dutzend der hellsten Sterne ausgemacht werden, da diese Galaxien aufgrund ihrer Lichtschwäche nur als kaum bemerkbare räumliche Stern-Verdichtungen am Himmel auftreten. »Sehen« kann man diese Galaxien nicht mehr – es benötigt ausgeklügelte Computerprogramme mit speziellen Suchalgorithmen, um die Mitglieder einer derartig extremen Zwerggalaxie überhaupt am Himmel zwischen den vielen Vordergrundsternen finden zu können. Denn diese Galaxien leuchten zehn- bis hundertmal schwächer als die klassischen Zwerge.
Diese ultraschwachen »Minigalaxien« verdoppelten schlagartig die Zahl der bekannten Satelliten in der Umgebung der Milchstraße, so dass wir nun von insgesamt 25 Zwerggalaxien wissen. Diesen Erfolg verdanken wir dem Sloan Digital Sky Survey, der mit einer Weitfeld-Kamera am 2,5-Meter-Teleskop am Apache Point im US-Bundesstaat New Mexico ein Viertel des nördlichen Himmels erfasste. Andere systematische Durchmusterungen vor allem in der südlichen Hemisphäre werden
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