Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
hoffentlich bald weitere dieser kleinen Glühwürmchen entdecken.
Bedeutet das nun, dass die neuen ultraschwachen Minigalaxien entsprechend dem Metallizitäts-Leuchtkraft-Gesetz allesamt sehr metallarm sind? Die Antwort ist eindeutig »ja«. Denn wie einige Studien ergeben haben, besitzen diese Zwerge kaum Sterne mit hohen solaren Metallizitäten, sondern hauptsächlich metallarme Sterne. Diese Minigalaxien sind also eine wahre Goldgrube für Stellare Archäologen. Mit ihren relativ vielen metallarmen Sternen haben sie in den letzten drei Jahren schon zu einigen Entdeckungen von extrem metallarmen Sternen geführt. Inzwischen befinden sich etwa 30% aller bekannten extrem metallarmen Sterne in Zwerggalaxien. Die meisten dieser extrem metallarmen Sterne haben meine Kollegen und ich mit dem Magellan-Clay-Teleskop in Chile und dem Keck-Teleskop auf Hawaii beobachtet, um deren Metallizitäten zu ermitteln und detaillierte Häufigkeitsanalysen anzufertigen. Es war einer dieser wertvollen Sterne, was ich während meines Nachtspaziergangs unter der Milchstraße in Chile beobachtet hatte. Abbildung 6.E im Farbbildteil zeigt das Teleskop und den prächtigen Nachthimmel während einer weiteren dieser Beobachtungen.
Abb. 6.E
Bemerkenswert ist auch, dass die ultraschwachen Zwerggalaxien eine besonders hohe Konzentration an dunkler Materie haben. Das macht sie zu begehrten Beobachtungsobjekten, um dunkle Materie vielleicht dort irgendwann direkt detektieren zu können. Bisher haben sie nämlich schon interessante Ergebnisse zur Verteilung von dunkler Materie in Galaxien sowie deren Eigenschaften geliefert.
Durch die großangelegten Durchmusterungen, wie den Sloan Digital Sky Survey, wurden nicht nur neue Zwerggalaxien entdeckt, sondern auch eine ganze Reihe von riesigen Sternströmen, die über den ganzen Himmel verteilt sind (siehe Abb. 1.D im Farbbildteil). Das sind dünne Bänder, die aus Sternen bestehen und sich über große Teile des Himmels ziehen. Es wird angenommen, dass es sich dabei um zerriebene Zwerggalaxien handelt, die im Schwerefeld der Milchstraße ein jähes Ende gefunden haben. Über Milliarden von Jahren hinweg wurden wahrscheinlich relativ viele Zwerggalaxien von unserer Milchstraße »aufgefressen«. Das ist für kleinere Objekte im Gravitationsfeld einer größeren Galaxie nicht ungewöhnlich.
Abb. 1.D
Aus detaillierten Beobachtungen der Sterne in den Strömen kann allerdings rekonstruiert werden, was für eine Art von Zwerggalaxie zerrieben wurde und wie groß sie ungefähr gewesen sein muss. Diese Erkenntnisse helfen uns zu verstehen, was genau die Entwicklungsgeschichte der Milchstraße beeinflusst hat und was zum andauernden Aufbau des galaktischen Halos beigetragen hat. Auch in der Zukunft wird die Milchstraße langsam, aber sicher noch weitere Zwerggalaxien in ihren Halo einverleiben. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Entwicklung einer großen Galaxie wie der Milchstraße nie wirklich abgeschlossen sein wird. Umgekehrt kann man so von verschiedenen Halobeobachtungen auch auf die Entwicklung der Galaxie in der Vergangenheit schließen.
6.4. Sternhaufen
Die meisten Sterne, die wir am Nachthimmel beobachten können, scheinen einzeln und für sich allein zu stehen. Dennoch gibt es viele Sterne, die sich in engen, sichtbaren Gruppen am Himmel anordnen. Man nennt diese Gruppen »Sternhaufen«, die neben den Zwerggalaxien ebenfalls den Halo bevölkern. Je nach Anzahl der enthaltenen Sterne unterscheidet man zwischen offenen Sternhaufen und Kugelsternhaufen. Ein prominentes Beispiel sind die Plejaden im Sternbild Stier, die auch Siebengestirn genannt werden. Sie sind ein junger offener Sternhaufen mit einem Alter von etwa 115 Millionen Jahren, dessen sechs bis neun Hauptsterne leicht mit bloßem Auge erkennbar sind und in Farbabbildung 6.F gezeigt sind. Ein offener Sternhaufen hat »nur« bis zu einigen hundert Mitglieder, während ein Kugelsternhaufen aus bis zu einer Million Sternen bestehen kann.
Abb. 6.F
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass sich offene Sternhaufen nur in der Scheibe der Milchstraße befinden, während Kugelsternhaufen großzügig im Halo verteilt sind. Da die Mitglieder eines Sternhaufens alle aus der gleichen Gaswolke entstanden sind, haben sie alle das gleiche Alter, die gleiche chemische Zusammensetzung, und sie sind alle gleich weit von uns entfernt.
Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten Objekten im Universum. Abbildung 6.G zeigt M15, der etwa 12 Milliarden
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