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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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Sang nicht auch der Lüstling Don Giovanni, den Mozart und sein Librettist da Ponte stellvertretend für die ganze Adelsbagage zur Hölle fahren lassen, trotzig sein Viva la libertà ? »Der Schlamm der Libertinage infiziert die öffentliche Moral« war in der Zeitschrift Révolutions de Paris zu lesen. Die Freiheit der Herzen, die die bürgerlichen Freunde der Revolution propagierten, war das Gegenprogramm zu den wirklichen oder vermeintlichen Ausschweifungen des Adels. Sie sollte mit (republikanischen) Tugenden verbunden sein, und tugendhaft war, wer sich disziplinierte, kontrollierte und seine Wünsche dem Wohle der Allgemeinheit unterwarf. Ein tödliches Programm, wie sich schnell zeigte. Der Weg vom Despotismus des Lasters zum Terror der Tugend war erschreckend kurz.
    Liebe in Zeiten der Revolution. Politik also war zur Herzenssache geworden, Herzenssachen standen im Banne der Politik, die zum wirkungsmächtigen Element in der Chemie menschlicher Beziehungen geworden war. »Eine besondere Eigenart revolutionärer Zeiten ist die innige Verbindung oder vielmehr der unmittelbare Zusammenhang von öffentlichen Angelegenheiten und privaten Schicksalen«, schrieb die englische Dichterin Helen Maria Williams, die das an sich selbst erfahren hatte – ihre Beziehung zu einem verheirateten Mann und ihre erfolgreiche Karriere als Auslandskorrespondentin hätte es ohne die Revolution nie gegeben – und die als Gastgeberin diesen Zusammenhang nach Kräften förderte und als Schriftstellerin auf politische Liebesgeschichten spezialisiert war. In ihrem Pariser Salon empfing sie Gott und die Welt. »Bei den Essen und Tees von Miss Williams begegneten sich Generäle und Diplomaten, Dichter und Philosophen, Schauspielerinnen, Journalisten und Pädagogen; die Intellektuellen und Politiker verschiedener Generationen und Länder trafen sich in einer berauschenden, schwindelig machenden Gesellschaft.« In der Schreckenszeit fand sich Helen mit manchen ihrer Gäste im Gefängnis wieder, wo die Gespräche ihren Fortgang nahmen.
    Von ihr soll hier erzählt werden und von zwei anderen Schriftstellern, die in Paris zu ihrem Bekanntenkreis gehörten. Anders als Miss Williams, die heute nur noch Spezialisten kennen und lesen, sind sie immer noch berühmt, und immer noch verbindet sich ihr Name vor allem mit dem Werk, mit dem sie zu ihrer Zeit Aufsehen erregten.
    Mary Wollstonecraft war für viele ihrer Zeitgenossen einfach Rights of Woman . Ihre schwungvolle und energische Verteidigung der Rechte der Frau (A Vindication of the Rights of Woman) war nicht nur ein Buch, es war eine Tat. Was sie zu sagen hatte, war so wahr, daß es späteren Leserinnen gar nicht so revolutionär vorkam. »Ihre Meinungen waren diejenigen, welche die meisten kultivierten Frauen jetzt haben«, schrieb Kegan Paul 1879, was Virginia Woolf Jahrzehnte später auf eine prägnante Formel brachte: »Ihre Originalität ist unser Gemeinplatz geworden.« Mary Wollstonecraft war eine rebellische Natur, aber ins revolutionäre Paris ist sie aus Liebeskummer gereist. »Ich ging nach Frankreich, um im allgemeinen Glück mein privates Unglück zuvergessen.« Sie fand dort eine neue Liebe, die große Liebe ihres Lebens – und verlor sie wieder.
    Georg Forster war und ist der Weltumsegler. Mit seinem Vater, dem Naturforscher Johann Reinhold Forster, begleitete er den Entdecker Captain Cook auf dessen zweiter Reise. Drei Jahre, von 1772 bis 1775, waren sie unterwegs, Forster war siebzehn Jahre jung, als die Fahrt begann. Nach der Rückkehr berichtete er darüber in einem sehr persönlichen, mit Beobachtungen, Beschreibungen, Geschichten, Ideen und Spekulationen reich gefüllten Buch, das seinen Namen zugleich mit seinem Abenteuer in die Öffentlichkeit trug und ihn zum gefeierten Mann machte.
    Auch er hat praktisch wirken wollen mit seiner Schrift, der man ihre Entstehung zur Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung deutlich anmerkt. »Eine einzige Bemerkung, die von großem Nutzen für die Nachwelt ist; nur Ein Vorfall, der unsre Mitmenschen in jenem entfernten Weltteil glücklich macht, vergilt wahrlich alle Mühseligkeiten der Seefahrt, und schenkt den großen Lohn, das Bewußtsein guter und edler Handlungen!«, wünschte er am Ende des Vorworts. Wie es tatsächlich in der Welt zuging, war ihm unterwegs wieder und wieder deutlich geworden. »Wenn wir zum Beispiel jene schönen Fische der See, die Bonniten und Doraden, auf der Jagd der kleinern, fliegenden Fische

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