Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
Geschwindigkeit von hinten näherte, die Fahrbahn schnitt, und dann an ihnen vorbei brauste. Das Fatale daran war, im Scheinwerferlicht des Wagens hatten sie mich erkannt. Fazit: Ausgehverbot! Ich war am Boden zerstört. Mein Vater konnte meiner Trauer nicht lange widerstehen. Er beantragte beim Amt, dass ich den Führerschein früher machen durfte, da er auf ärztlichen Rat hin das Autofahren einschränken müsse. Nun, wofür war mein Vater im Stadtrat? Es wurde genehmigt.
Jetzt hatte ich den Lappen, aber kein fahrbares Vehikel. Zum nächsten Geburtstag, alle taten sie recht geheimnisvoll, erhielt ich ein riesig verpacktes Geschenk: eine Vespa! Oh Schreck! Jetzt musste ich mich auch noch freuen. Dieser unbewegliche, und für mich absolut ungeeignete Motorroller brachte mir ein sechswöchiges Stillliegen ein, infolge eines Querfeldein-Rennens, zwei gebrochene Arme und die Entfernung meiner Mandeln. Ich konnte mich weder an eine Lederkappe noch an einen zünftigen Ledermantel gewöhnen. Das engte ja alles fürchterlich ein. Roller wurde verkauft.
Ein Auto musste her. Erste Ausfahrt - beim Wenden Baum touchiert, Scheinwerfer rechts demoliert. Ich motzte vor mich hin: So eine schwerfällige Karre mit einem, ich weiß nicht wie viele Meter messenden Wendekreis. Ich wurde zwingenderweise ruhiger. Das Auto wurde (ohne Wissen meines Vaters) getunt. Der Wendekreis war immer noch vorhanden, aber die Karre war jetzt etwas schneller.
Zu meinem Leidwesen wurde ich in die Kaufmannslehre gesteckt. Mehr als einmal musste mein Vater sich von meinem Chef anhören, dass ich mich nicht unterordnen konnte. Die Rede meines Vaters war: Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Er hatte ja so Recht. Außerdem gab er mir folgenden Spruch mit auf den Weg: „Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche und plötzlich schaffst Du das Unmögliche!“ (Franz von Assisi).
Mit zunehmendem Alter hatte mein Vater sich damit abgefunden, keinen männlichen Erben zu hinterlassen. Also verpachtete er alles; was natürlich schief ging. Er konnte sich aus dem Arbeitsleben nicht gänzlich zurückziehen und erteilte Ratschläge, die niemand hören wollte. Also wurde verkauft.
Und ich, ich kämpfte mich nach oben, unterste Klasse war nicht mein Niveau. Und nun, wo stand ich jetzt? Vor einem Scherbenhaufen!! Nein, niemandem sollte es gelingen, mich klein zu kriegen, egal wer es war, also packte ich es an!
Energisch putzte ich das verräterische Nass beiseite, schniefte einmal kräftig ins Taschentuch und marschierte los. Es fühlte sich wunderbar an, am Strand entlang zu schlendern, die Zehen im Sand zu vergraben, die salzige Meeresluft zu riechen und den Wind im Gesicht zu spüren. Der Strand lag im glitzernden Abendsonnenlicht. Die höheren Dünen warfen bereits die ersten Schatten. Es war Mitte August - Ferienzeit. Ich liebte lange Strandspaziergänge. Vor allem um diese Uhrzeit. Vereinzelt kamen mir noch andere Menschen entgegen. Sie nickten freundlich im Vorbeigehen. Aber nach und nach verschwanden auch die letzten Touristen in ihre Hotels oder Pensionen - Abendessen.
Noch herrschte Ebbe. Von weit her hörte man aber schon das Anrollen der Flut. Gierig leckten die ersten kleinen Wellen am Strand hoch und überspülten meine Füße. Kleine Schaumwölkchen bildeten sich. Schneckenhäuser und Muschelschalen wirbelten im anrollenden Wasser. Ich plantschte durch warme Priele, spürte unter meinen Fußsohlen zerriebene Muschelschalen, stieg über Sandbänke und stapfte hinein ins Wattenmeer. Bei jedem Schritt wühlte sich der schwarze Schlick - quatsch, quatsch - zwischen meine Zehen hindurch, spritzte sogar bis zu den Knien hoch - ich lachte alleine vor mich hin: „Ja, hier in diesem kleinen Paradies konnte ich mich entspannen und erholen!“ Donnernd rollten die ersten kraftvollen Wellen heran und schwappten bereits über die Sandbänke. Die Flut kam. Ich musste aus dem Watt verschwinden, aber dalli. Bester Laune erreichte ich den Flughafen. Der Flugverkehr war längst eingestellt. Es war Feierabend.
Plötzlich durchbrach ein stotternder Flugmotor die Stille. Am Himmel tauchte eine vierplätzige Privatmaschine auf, die zu landen versuchte. Innerhalb von Sekunden waren Flugzeugmonteure aufs Rollfeld geflitzt. Mit weithin hörbaren Sirenen preschten ein Krankenwagen und die Feuerwehr heran. Sie waren die beiden einzigen Autos, die eine Ausnahmegenehmigung zum Fahren auf der Insel hatten. Im Handumdrehen fanden sich ein paar neugierige Touristen ein. Der
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