Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
Ich sah schon die enttäuschten Augen von Luis und Rico. Und mit einemmal tauchten größere Kartons auf. Ritsche, ratsche, das Papier wurde abgerissen. Jubelgeschrei. Es waren genau die Sachen, die sie sich schon lange gewünscht hatten. Die Zwillinge waren jetzt Nebensache.
Später, als sich der Aufruhr gelegt hatte, brachte die Kinderfrau die Kleinen hinaus, die gerade aus ihrem Mittagsschläfchen erwacht waren. Natürlich war die Begeisterung groß. Die Oma wollte die beiden gar nicht mehr hergeben. „Wie süß, nein, wie niedlich, die reinsten Wonneproppen.“ Opa verdrehte schon die Augen und machte dem Gesäusel ein Ende, indem er das Thema wechselte. „Wie sollen sie denn heißen?“, fragte er wissbegierig. „Bald müssen sie getauft werden.“ „Oh je“, das war das Stichwort für die Oma. Sie hatte ein paar Bücher mit Babynamen dabei, die sie aus dem Auto holte. Sie war nicht zu bremsen.
Endlich, bei Sonnenuntergang und nach vielen Diskussionen hatten wir Namen gefunden, die beide Seiten zufrieden stellte. Der Junge sollte Ernesto, das Mädchen Dorothea, abgekürzt Doro, heißen.
Erhitzt vom Fußballspielen kamen Rico und Luis angetrabt. Luis kuschelte sich auf meinen Schoß, und Rico hüpfte auf Papas. Eifersüchtig wachten die beiden darüber, dass sie bei den Streicheleinheiten nicht zu kurz kamen. An manchen Tagen kuschelten wir zu dritt in einer riesigen Hängematte, und wenn dann der Papa nach Hause kam, quetschte er sich noch als vierter dazwischen. Lange konnte das bei diesem Gewicht nicht gut gehen. Vorsorglich machte ich freiwillig Platz, bevor wir noch alle auf der Erde landeten.
Die Nacht brach an, als sich meine Schwiegereltern auf die Heimreise machten. „Wir kommen bald wieder“, rief die Oma und verdrückte ein paar Tränchen. Taschentuchschwenkend verschwanden sie aus der Ausfahrt. Luis und Rico waren in der Hängematte eingeschlafen. Wir trugen sie in ihre Betten und schauten kurz bei den Babys vorbei.
Flavio und ich spazierten noch ein Weilchen durch den Park. Tiefe Dankbarkeit erfüllte mich, wenn ich an die Aufnahme durch meine Schwiegereltern dachte und an die Liebe, die Flavio mir zuteil werden ließ. Spontan schloss ich ihn in meine Arme, und drückte ihm einen sanften Kuss auf den Mund. „Mein Gott, ich liebe Dich“, flüsterte Flavio, „und wenn ich steinalt werden sollte, werde ich nie mehr eine andere Frau so lieben wie Dich!“ Zärtlich nahm er mein Gesicht in beide Hände, zog mich an sich und küsste mich voller Inbrunst.
Das erste Jahr verging wie im Flug. Unsere Zwillinge krabbelten und machten all die Dummheiten, die mich, laut Elternerzählung, an meine ersten Schritte erinnerten. Ich hatte alle Hände voll damit zu tun, den beiden klarzumachen, dass man nicht mit dem Kopf voran der Treppe hinunterhüpfen oder kopfüber von der Couch springen kann, wie sie das bei Purzel sahen. Meine beiden Großen kamen dann auf die Idee, ein Gitter vor den Treppenauf- und abgang zu montieren, das sie begeistert ihrem Papa vorschlugen. „Gute Idee“, lobte er sie „wird gemacht.“
Ich stand in der Küche und brutzelte Rührei mit Schinken, als meine drei Männer fix und fertig angezogen ins Frühstückszimmer stiefelten. „Was habt ihr denn vor?“ fragte ich. „Das wird eine Überraschung“ krähten die Buben. Nun ja, damit musste ich mich zufriedengeben, dachte ich doch sogleich an die Absperrung für die Treppe. Stolz kehrten sie gegen Mittag zurück und fielen gleich über die Montage her. Eigentlich war sie ganz einfach, aber für meinen Mann, der zwei linke Hände hatte, ein unlösbares Problem. Nach ein paar Stunden ließ er mutlos den Kopf sinken. Luis und Rico hatten sich bereits verzogen und spielten draußen Fußball. „Nee“ meinten sie auf gut deutsch, sie wuchsen zweisprachig auf, das ist uns zu langweilig.
Ich ließ mich auf die Knie nieder, las die Beschreibung durch und ging Schritt für Schritt mit Flavio zusammen die Anweisung durch. Und siehe da, in kürzester Zeit standen die Gitter, eines oben auf dem Treppenabsatz und eines unten zum Abschluss. „Na siehst Du, es war doch gar nicht so schwer“ grinste ich und verwuschelte mit meinen Händen seine Haare. „Was hab ich nur für eine wundervolle, technisch begabte Frau!“ grinste er süffisant.
Das Ende der Schulferien nahte. „Rico, Luis aufstehen. Es ist Montag, ein ganz wichtiger Tag!“ Füße trampelten über den Fußboden. „Ich habe heute noch schulfrei“ brüllte Luis
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