Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
waren auf Puppen drapiert, geschmückt mit Rüschen, Ranken und sogar Pailletten. Geschickt arrangierte, kleine ovale Tische und Stühle wirkten einladend. Ich schaute mich interessiert um und schüttelte den Kopf. „Das ist nichts für mich“, murmelte ich. Tessa erklärte indessen der Schneiderin ihre Vorstellung für das Hochzeitskleid. „Kommen Sie in zwei Tagen wieder, es wird Ihnen gefallen.“ Sie taxierte meine Figur, notierte sich die ungefähren Maße auf einen Block und wünschte uns beiden einen schönen Tag. Ich runzelte die Stirn und schaute Tessa skeptisch an: „Bist Du sicher, dass wir hier nicht nur unsere Zeit vertrödeln?“ „Nein, ich habe so ein Gefühl, dass wir begeistert sein werden.“ „Na gut, ich lass mich überraschen!“
Die zwei Tage vergingen schnell, und schon standen wir wieder in dem Brautlädchen. Sehr zu meinem Verdruss wurden mir die Augen zugebunden, flinke Hände entkleideten mich bis auf den Slip. Man legte mir eine Korsage an, Stoff knisterte, etwas rutschte über meinen Kopf - und dann war es so weit. Die Augenbinde wurde entfernt. Ich war überrascht. Die Schneiderin hatte genau meinen Geschmack getroffen. „Unfassbar!“ Leichte, cremefarbige Seide umfloss meinen Körper, keine Rüschen, keine Verzierungen und keine Pailletten. Der Schnitt war äußerst elegant, einfach, aber trotzdem atemberaubend. Genauso hatte ich mir mein Kleid vorgestellt. Ich fühlte mich darin so wohl, als ob ich es schon Jahre getragen hätte. Es saß perfekt. Von meiner Schwangerschaft würde niemand etwas bemerken. Vor Rührung zitterte meine Unterlippe. Nur mit Mühe gelang es mir, die Fassung zu bewahren. Ich blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten. „Nein!“, schrien entsetzt die Schneiderin und Tessa gleichzeitig auf, wobei sie mir ein Taschentuch ins Gesicht drückten. „Nur keine Flecken aufs Kleid!“ - und dann stöhnten sie erleichtert auf. Es war nichts passiert.
Mein Hochzeitstag
Die Sonne stieg gerade hinter den Baumwipfeln auf, als bereits die Friseuse, der Maskenbildner und natürlich Tessa erschienen.
Ich war das reinste Nervenbündel. „Du bleibst doch bei mir?“, fragte ich meine Freundin mehr als einmal und quetschte deren Hand so fest, dass sie zusammenfuhr und leise aufschrie. „Natürlich bleibe ich hier. Nicht dass Du noch kalte Füße bekommst und einfach verschwindest!“ Nach stundenlanger Prozedur saß die Frisur, das Make-up war dezent aufgetragen und die letzten Häkchen des Kleides wurden eingehakt. „Fertig!“, stöhnten die Helferinnen und zogen sich zurück.
Ich blickte auf die Uhr. Nur einen klitzekleinen Moment ausruhen. Aber schon ruckte die Türklinke nach unten, und herein spaziert kam mein zukünftiger Schwiegervater. Er hatte darauf bestanden, mich zum Traualtar zu führen und seinem Sohn zu übergeben. „Wow“ stieß er hervor, „wenn ich nicht schon verheiratet wäre, würde ich Dich sofort entführen!“ „Interessant!“ kam es aus dem Hintergrund. Schwiegermama hatte die Bemerkung gehört und gab ihm einen leichten Klaps aufs Hinterteil. Schwiegermama wäre nicht Schwiegermama, wenn sie nicht noch überall etwas zum Zurechtzupfen gefunden hätte. „So, mein Kind, jetzt ist alles perfekt.“ Liebevoll drückte sie meinen Arm, hauchte mir ein Schmetterlingsküßchen auf die Wange „und nun voran!“ „Auf Befehl, Liebling!“ Schwiegerpapa ergriff meine Hand, legte sie auf seinen Arm und schritt würdevoll, ganz Kavalier der alten Schule, gemessenen Schrittes mit mir zum Kirchenportal.
Flavio wurde von seinem Freund Edmundo begleitet. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Mit dem Taschentuch wischte er sich immer wieder über die Stirn. „Wann kommt sie endlich, sie wird doch wohl kommen?“, flüsterte er hinter vorgehaltener Hand Edmundo zu. Endlich setzte der Hochzeitsmarsch ein, die Türen öffneten sich und ein allgemeines „Ah!“ erscholl. Ausnahmslos drehten sich alle Anwesenden in den Bänken um, und ein aufgeregtes Raunen durchlief die Kirche. Ich sah in meinem Kleid aber auch wirklich entzückend aus. Anmutig neigte ich den Kopf, und mein Gesicht hinter dem Schleier glühte vor Glück. Stolz wie ein Torero führte Flavios Vater mich zum Traualtar, und legte meine Hand in die seines Sohnes. Die Orgel verstummte, der Weihrauchkessel wurde von den Messdienern geschwenkt, dass es nur so qualmte.
Der Pfarrer erschien. Die Besucher erhoben sich in den Kirchenbänken. Die Orgel verstummte. Andachtsvoll knieten
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