Auf vier Pfoten nach Santiago: Mit dem Hund auf dem Jakobsweg (German Edition)
Wasser. Rainer will auch noch eine Regenhose und einen neuen Poncho kaufen. Wir werden fündig und jetzt geht es weiter, teils schon mit neuer Ausrüstung, wer hätte das gedacht! Esregnet wie bescheuert, man könnte meinen, der Himmel kommt herunter.
Mittlerweile ist es Nachmittag zwei Uhr. Wir haben erst gute acht Kilometer gemacht und haben noch ca. zwanzig vor uns. So ganz beiläufig sind wir gerade eben auch schon in Spanien angekommen. Wir passieren ein Gebäude, an dem eine spanische Flagge hängt und auf dem „Douane“ steht, sonst hätten wir das gar nicht bemerkt. Der Himmel ist ziemlich neblig, ab und an sieht man etwas durch und erkennt weiter oben, dass es immer weißer wird. Es geht stetig steil bergauf und auch immer wieder entlang der Straße. Es ist Gott sei Dank wenig Verkehr. Der Regen geht uns ziemlich auf den Zeiger. Wir gehen wieder ein Stück durch den Wald, dann wieder ein Stück auf der Straße, der Belag ist ziemlich rau, weshalb Bobby immer wieder anhält. Oder hat er auch genug vom Regen?
Der Weg wird nun noch steiler. Wir kämpfen uns voran gegen Regen, Dreck und Wind. Die Waldwege sind total matschig und glitschig, aber was soll’s, weiter geht’s. Irgendwann sind wir an einer Abzweigung, an der ein Schild mit der Aufschrift „Roncesvalles 4,8 km“ steht. Ich denke „wow, bald geschafft“. Es kommt mir aber viel länger vor. Mittlerweile schneit es und auf dem Weg liegt eine mehrere Zentimeter hohe, matschige Schneedecke. Wie schön! Wir sind jetzt nur noch im Wald unterwegs. Ich gehe vorneweg, irgendwo dahinter trabt Bobby und dann noch weiter hinten geht Rainer. Wir schweigen schon eine ganze Weile. Irgendwie kein so tolles Wanderwetter, und so langsam macht sich etwas Erschöpfung breit. Nach jeder Biegung denke ich, ah jetzt da oben wird es heller, da kommt eine Lichtung jetzt sind wir gleich oben. Aber nee, es scheint endlos weiterzugehen. Ich drehe mich immer wieder um, sehe aber niemanden mehr.
Wo ist Rainer und wo ist Bobby? Ich warte eine kurze Weile. Dann gehe ich doch weiter, weil im Stehen wird es mir saukalt. Meine Hände frieren und meine Hüfte meldet sich.
Kann das sein, dass 4,8 km so weit sind, denke ich mir? Ich bin völlig nass, meine Schuhe lassen ein wenig Feuchtigkeit durch. Andere Menschen gibt es hier auch keine mehr. Der Schnee liegt nun 10 cm hoch und wir befinden uns auf einem Endlosberg. Endlich sehe ich ein Schild, das zeigt, dass in fünfzig Metern wieder die Straße vorbeiführt. Ich stehe vor einigen Holzstufen, die ich hochsteige. Rainer und Bobby sind mittlerweile auch hier. Juhu! Wir sind oben, wir sind da! Auf dem Ibaneta Pass. Es stürmt und schneit wie in einem Skigebiet, es ist neblig, aber egal – Hauptsache wir sind oben! Wir machen schnell ein Bild, damit die zu Hause das auch glauben. Die letzten eineinhalb Kilometer geht es bergab, entlang der Straße nach Roncesvalles. Ich frage Rainer, ob es ihm auch so kalt ist. „Kälter“, ist seine Antwort. Meine Hände frieren fast an dem Metall meiner Wanderstöcke fest und ich friere noch mehr am ganzen Leib. Meine Zähne klappern, das ist wirklich wahr. Ich denke, warum tut man sich das an und auch noch freiwillig? Als der Kirchturm von Roncesvalles vor unseren Augen auftaucht, dämmert es schon. Die letzten Meter stapfen wir querfeldein durch den Schnee in Richtung Infobüro; wir brauchen ja noch eine Unterkunft für heute Nacht. Bobby versinkt regelrecht im Schnee. In unserem Herbergsführer steht, dass hier keine Hunde erlaubt sind. Es gibt zwei Hotels, aber ob die Hunde erlauben, das glaubt die Dame im Büro nicht. Toll, was gibt es für eine Alternative? Wir wussten ja, es wird nicht einfach in Spanien mit einem Hund zu pilgern. Vier bis fünf Kilometer weiter ist die nächste Ortschaft, dort könnten wir ja mal fragen, meint sie.
Schnee und grüne Bäume
“Ich laufe heute keinen Schritt mehr“, sage ich zu Rainer. Er bestätigt meine Aussage durch Kopfnicken. Er möchte auch nicht mehr. Wir könnten auch ein Taxi bestellen, rät uns die Dame, und lässt freundlicherweise noch eine Liste mit Unterkünften heraus, die eventuell Tiere erlauben. Wir beschließen, trotzdem selbst in den Hotels zu fragen, ob wir nicht doch hier übernachten dürfen – für was lerne ich seit längerer Zeit Spanisch! Im Casa Sabina nebenan sind gefühlte tausend Menschen. Alle reden wild durcheinander, trinken und haben hochrote Köpfe. Hinter dem Tresen steht ein netter Hombre (Mann), den ich
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