Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Gartens. An dem bezeichneten Rasenplatz angekommen, blieb Grunthe stehen und erhob die Laterne. Ein dunkler Körper zeigte sich undeutlich in der Mitte des Platzes. Grunthe gab die Losung: »Bate. Grunthe it Ell.«
Darauf setzte er in der Sprache der Martier hinzu: »Wir sind vollständig ungestört und sicher. Sie können Licht machen.«
Seit dem Tod seines Vaters hatte Ell kein martisches Wort mehr vernommen. Die Laute berührten ihn überwältigend. Jetzt sollte er den Numen, den Stammesgenossen des Vaters entgegentreten.
Ein mattes Licht durchglänzte den Bau des Luftschiffs und ließ eine Falltreppe erkennen, welche auf das Verdeck führte. Ell folgte dem vorankletternden Grunthe. Oben erwartete sie der wachhabende Steuermann und geleitete sie in das Innere des Schiffes hinab. »Warnen Sie den Herrn«, sagte er zu Grunthe, »wir haben Marsschwere.«
»Ich danke«, versetzte Ell, »ich passe auf.«
Der Steuermann sah den martisch redenden Menschen verwundert an, ging aber schweigend voran. Sie durchschnitten einen schmalen Gang, zu dessen beiden Seiten die Mannschaften in Hängematten nach ihrer anstrengenden Fahrt ausruhten, und befanden sich vor der Tür der Kajüte. Sie öffnete sich. Der Steuermann trat zurück; Grunthe und Ell standen in dem hellerleuchteten Raum.
Ell schrak zusammen und drohte das Gleichgewicht zu verlieren, da er seine Bewegungen der geringen Schwere noch nicht anzupassen vermochte. Von Grunthe gestützt, starrte er sprachlos mit weitgeöffneten Augen auf die hohe Gestalt, die ihm gegenüberstand.
»Vater«, wollte es sich auf seine Lippen drängen –
»Mein Freund, Dr. Friedrich Ell«, sagte Grunthe vorstellend. »Der Herr Repräsentant der Marsstaaten, Ill.«
»Ill re Ktohr, am gel Schick – Ill, Familie Ktohr aus dem Geschlechte Schick«, sagte Ill mit Betonung, indem er Ell scharf beobachtete. Auch ihm klopfte das Herz, er sah seine Vermutung bestätigt. »Ich bin«, setzte er hinzu, »der jüngste Bruder des Kapitän All, der im Jahre –«
»Mein Vater!« rief Ell. »Er war mein Vater! Und so sah er aus, nur gebeugter vom Druck –«
Ill schloß seinen Neffen in die Arme und ließ ihn dann sanft auf den Diwan gleiten.
»Ich dachte es mir«, sagte er, »als die erste Nachricht zu uns kam, daß ein Ell auf der Erde unsre Sprache kenne. Darum erbot ich mich freiwillig hierherzugehen, als einer von uns den Auftrag übernehmen sollte. Laß dich noch einmal ansehen! Welch ein Glück, dich zu finden! Und nicht bloß für uns. Nun habe ich die Hoffnung, daß sich die Planeten verstehen werden.«
Stunden vergingen, und noch immer saßen der Oheim und sein Neffe in der Kajüte des Raumschiffes in eifrige Besprechungen vertieft. Grunthe hatte sich sogleich nach der Erkennungsszene zurückgezogen. Er war nach Torms Arbeitszimmer gegangen. Das Bedürfnis nach Schlaf fühlte er nicht, denn fast während der ganzen Fahrt hatte er in Schlummer gelegen. Erst in der Abenddämmerung hatte man ihn geweckt. Er sah unter sich das Häusermeer von Berlin, welches das Luftschiff in weitem Bogen umkreiste. Man ließ sich jetzt Erklärungen von ihm über die Bedeutung der hervorragenden Gebäude geben und dann den Weg nach Friedau zeigen, das man von Berlin aus mit dem Luftschiff in 25 Minuten erreichen konnte. Man hatte jedoch im Dunkeln zu der Fahrt absichtlich eine Stunde gebraucht. Längere Zeit nahm dann die Landung in Anspruch, weil diese ganz langsam und geräuschlos vor sich gehen sollte. Die Martier wollten dabei nicht bemerkt werden, um nicht während ihrer Anwesenheit im Land irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Sie wußten ja nicht, ob man sie nicht bei der Abfahrt stören könnte, und wollten auf alle Fälle jeden Konflikt vermeiden. Ob sie dagegen bei ihrer freien Fahrt in der Luft zufällig einmal gesehen wurden, darauf kam es ihnen jetzt nicht mehr an. Nachdem sie Grunthe zurückgebracht, mußte es ja doch bekannt werden, daß sie da waren und mit ihren Luftschiffen über die Erde fuhren. Nur ihre volle Freiheit wollten sie nicht aufs Spiel setzen.
Grunthe hatte sich in Torms Zimmer die Zeitungen der letzten Wochen zusammengesucht. Es war ihm ein Bedürfnis, sich über die Vorgänge bei den Menschen während der Zeit seiner Abwesenheit zu unterrichten. Aber wie engherzig und beschränkt kam ihm jetzt alles vor! Und dennoch, er war entschlossen, das Mögliche zu tun, um den Einfluß der Martier abzuwehren.
Die ersten Spuren der Dämmerung zeigten sich im Osten,
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