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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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interessant, welche sich für einen Verkehr mit den Martiern eröffnete. Andere hätten am liebsten die ganze Depesche für Schwindel erklärt; da dies aber nicht anging, behaupteten sie, Torm müsse sich jedenfalls getäuscht haben. Es wäre ja möglich, daß es Bewohner des Mars gebe, sie könnten aber nicht auf die Erde gelangen. Und selbst wenn sie das könnten, so wäre nicht einzusehen, warum sie nicht nach Berlin oder Paris kämen, sondern sich das Vergnügen machten, eine Riesenerdkarte am Nordpol zu konstruieren. Ein berühmter Physiker erklärte es als absolut unmöglich, daß menschenähnliche Wesen jemals von einem Planeten nach dem andern durch den Weltraum hindurchdringen könnten. Darauf stellte ein Geologe eine höchst geistreiche Hypothese auf, derzufolge sich notwendigerweise am Pol ein Vulkan bilden müsse, aus welchem von Zeit zu Zeit ein Teil des Erdinnern herausquelle. Die Lavaablagerungen seien infolge einer zufälligen Ähnlichkeit von Torm für eine Karte gehalten worden. Endlich erklärte sich der Redakteur der ›Geographischen Mitteilungen‹ dahin, daß es keinen Zweck habe, Vermutungen aufzustellen, weil man überhaupt erst weitere Nachrichten abwarten müsse. Der Mann hatte recht, fand aber am wenigsten Beifall.
    Die Friedauer fühlten sich mehr wie je befriedigt. Die Beachtung, welche ihre Stadt in der ganzen Welt fand, gab eine erhabene Veranlassung, um Glossen über Frau Torm daran zu knüpfen, wenn sie ihr in der Nähe der Ellschen Besitzung begegneten oder Ell an ihrer Seite durch die Gänge des Parkes wandelte; das taten sie zwar schon seit Jahren, aber jetzt war es doppelt schön, noch dieses Privatwissen über das allgemeine hinaus zu haben. Isma selbst kümmerte sich darum nicht. Mehr wie je war ihr das Urteil der Menschen gleichgültig geworden, während ihr der tägliche Verkehr mit Ell allein einigermaßen Beruhigung gewähren konnte. Ell hatte sie schon geliebt und um sie geworben, als sie noch als Isma Hilgen bei ihrer früh verwitweten Mutter in Berlin lebte. Damals hatte sie seine Bewerbung zurückgewiesen. Die Neigung des seltsamen Mannes konnte sie zwar nicht unberührt lassen, aber von der Fremdartigkeit seines Wesens war sie immer wieder abgestoßen worden. Als sie mit Torm sich verlobte, war Ell in die Fremde gegangen. Nach seiner Rückkehr hatte er sich ihr in uneigennützigster Freundschaft genähert. Sie wußte, daß er sie liebte, und sie ahnte die Kämpfe, die er im stillen mit seiner Leidenschaft führte. Aber sie hing an ihrem Mann mit inniger Zuneigung, und sie hatte Ell bald im Anfang gesagt, daß daran eine Änderung niemals eintreten würde. Damals gab er ihr das Versprechen, daß sie niemals durch ihn eine Störung ihres Glückes, ja nur eine trübe Stunde erfahren solle. Und dies Versprechen hatte er die Jahre hindurch gehalten. Wohl hatte manche andere sein Interesse gewonnen, und obwohl Isma sein gutes Recht dazu anerkannte, hatte sie sich dann doch eines schmerzlichen Gefühls nicht erwehren können. Aber sie wollte sich über ihr Gefühl keine Rechenschaft geben. Sie wußte, daß er ihrer Nähe, ihrer Freundschaft und ihres Glückes bedurfte, und jene seltsame Abstraktionsgabe, das Erbteil der Martier, in seiner Vorstellung sein Gefühl zu trennen von den harten Pflichten der Wirklichkeit, ermöglichten es Ell, als ein treuer und aufopfernder Freund ihr zu dienen. So herrschte zwischen beiden ein unbedingtes Vertrauen, das Isma die volle Sicherheit gab, auch sein Freundschaftsverhältnis mit Torm könne unter ihrem Verkehr nicht leiden. Zum Glück waren alle in der Lage, über das Gerede derer, die sie nicht kannten, die Achseln zucken zu können.
    Es war am achten September, am dritten Tag nach der Ankunft des Tormschen Telegramms. Gegen Abend hatte Ell seinen gewohnten Spaziergang mit Isma gemacht, die über das Ausbleiben jeder weiteren Nachricht lebhaft beunruhigt war. Auch Ell war es schwer geworden, ihr Mut zuzusprechen. Denn er sagte sich, daß man allerdings eine Nachricht hätte erwarten dürfen. Die Expedition hatte eine Anzahl Brieftauben mit, und man mußte annehmen, daß sie alsbald über die weitere Richtung ihrer Reise eine Depesche absenden würde. Doch die geflügelten Boten konnten auf dem weiten Wege leicht verunglücken. Es ließ sich zunächst gar nichts tun als geduldig warten.
    Eine milde Spätsommernacht lag über der Stadt, alles in tiefe Dunkelheit begrabend. Der Mond war noch nicht aufgegangen, ein leichter Wolkenschleier

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