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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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nicht weiter, daß einmal ein so sonderbarer Ballon hier niederging.

23. Kapitel – Ismas Entschluß
    U m dieselbe Zeit wurde Frau Isma Torm durch heftiges Läuten aus dem Schlummer geweckt.
    Man brachte ihr ein Telegramm. Mit klopfendem Herzen las sie:
     
    »Hammerfest, den 9. September.
    Brieftaube ›Ballon Pol‹ brachte folgende Nachricht:
    Frau Isma Torm. Friedau. Deutschland, 21. August, 2 U. 30 Min. nachm. M.E.Z.
    Ballon durch unbekannte Kraft in die Höhe gerissen. Ich verlor das Bewußtsein. Erwachte, als der Ballon auf dichte Wolkendecke schnell abstürzte. Korb gekentert. Ballon nur durch stärkste Erleichterung zu retten. Grunthe und Saltner bewußtlos, nicht transportierbar. Ich verließ den Ballon mit dem Fallschirm, konnte Brieftauben mitnehmen. Ich fiel langsam durch Wolken, trieb vom Pol in unbekannter Richtung ab, konnte mich auf Festland retten. Entdeckte Spuren von wandernden Eskimos und fand ihr Lager. Ziehe mit ihnen nach Süden, habe noch zwei Tauben. Hoffe auf glückliche Heimkehr. Sei unbesorgt. Ich bin unverletzt und bei Kräften.
    Torm.«
     
    Sie klammerte sich an die letzten Worte. »Hoffe auf glückliche Heimkehr. Sei unbesorgt. Ich bin unverletzt und bei Kräften.« Aber wo? Wo? Jenseits unzugänglicher Meere und Eiswüsten, kurz vor Beginn der ewigen Nacht, angewiesen auf das Mitleid einiger armseliger Eskimos! Der Ballon gescheitert – die gehofften, stolzen Resultate verloren! Wie konnte er heimkehren – und wann?
    Und sie – sie hatte ihn ermutigt, ihm zugeredet, als er darum sorgte, sie allein zurückzulassen. War sie nicht mitschuldig an seinem Unglück? Hatte sie nicht zu sehr dem Freund vertraut, der des Gelingens so sicher schien? Eine furchtbare Angst erfaßte sie. Hätte sie ihn nicht beschwören müssen, das gefährliche Unternehmen um ihretwillen zu unterlassen? Sie hatte sich eingebildet, der großen Sache, der Wissenschaft mutig das Opfer ihres häuslichen Glückes zu bringen, aber nun kam es über sie wie eine schreckliche Anklage – hätte sie den Mut auch gehabt, wenn nicht Ell sie gebeten hätte? Wenn sie nicht dem Freund zuliebe, dem sie das eine Lebensglück versagt, nun zur Erreichung seines innigsten Wunsches ein Opfer hätte bringen wollen? Und wenn das Opfer angenommen war? Sie schauderte zusammen. Nein, nein, sie wollte nicht mutlos sein. Das durfte sie sich ja sagen, sie hatte sich nie verhehlt, daß sie jeden Augenblick auf das Schlimmste gefaßt sein mußte. Aber was sie dann tun würde? Das hatte sie niemals sich zur vollen Klarheit gebracht. Jetzt mußte es sein. Sie wollte handeln. Wenn Hilfe möglich war – es gab von den Menschen nur einen, der hier helfen konnte. O, er würde ihr helfen! Sie glaubte an ihn.
    Eine Stunde später zog sie die Klingel an dem großen eisernen Gitter, das den Vorgarten des Wohngebäudes neben der Sternwarte von der Straße abschloß.
    »Ist der Herr Doktor schon zu sprechen?« fragte sie den öffnenden Kastellan.
    Der Alte nahm sein Käppchen ab und kratzte sich verlegen hinter dem Ohr.
    »Ei, ei, die Frau Doktor sind es? Hm! Hm! Na, ich will gleich einmal fragen. Kommen Sie nur inzwischen herein. Es ist freilich – Hm! –«
    »Sagen Sie, ich müßte den Herrn Doktor sofort sprechen, es sind wichtige Nachrichten angekommen.«
    Der Alte schlurfte ins Haus.
    Ell beriet mit Grunthe die Form, welche den ersten Mitteilungen zu geben sei, als ihm Frau Torm gemeldet wurde.
    Er sprang auf und warf die Feder weg.
    »Führen Sie die gnädige Frau sogleich in die Bibliothek.«
    »Es sind wichtige Nachrichten da, sagte die Frau Doktor.« Mit diesen Worten ging der Kastellan ab.
    »Sie hat Nachrichten!« rief Ell erbleichend. »Und sie kommt selbst, um diese Zeit! Woher kann sie es wissen?«
    Er stürzte hinaus. Vor der Tür des Bibliothekzimmers hielt er an. Er mußte sich erst sammeln. Dann trat er ein, ruhig, gefaßt. Aber das Herz schlug ihm. Sein Gesicht war bleich und übernächtig.
    Isma stand mitten im Zimmer und stützte ihre Hand auf den großen Tisch, der mit aufgeschlagenen Kartenwerken und Tabellen bedeckt war. Sie fand keine Worte.
    »Isma«, sagte er, »Sie haben – was wissen Sie?« Sie brach in Schluchzen aus. Er eilte an ihre Seite. Wieder lehnte sie an seiner Schulter. Er führte sie an das Sofa.
    »Fassen Sie sich, liebste Freundin, fassen Sie sich!«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte sie unter Tränen. Sie zog die Depesche aus ihrer Tasche und reichte ihm das zerknitterte Papier.
    Ell las.
    Er

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