Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
zwischen den Planeten, zwischen Neffe und Oheim, gewechselt wurden? Zu seiner verzweifelten Flucht hatte er sich in einem Moment der Erregung entschlossen, der noch einen andern Grund hatte, als er Grunthe gegenüber aussprechen wollte. Bei seinen Disputen mit den Martiern am Pol hatte er aus der hingeworfenen Bemerkung eines der martischen Offiziere entnommen, daß man nach den Gesetzen der Nume ihm überhaupt keinerlei Recht zuerkannte, die Rückkehr seiner Frau zu verlangen. Die formale Gültigkeit seiner Ehe war auf dem Mars nicht anerkannt. Niemand hätte es unter den vorliegenden Umständen Isma verdacht, wenn sie sich als frei erklärt hätte. Dies hatte Torm in die höchste Aufregung versetzt, und ein nagendes Gefühl der Eifersucht hatte ihm einen Teil seiner ruhigen Besinnung geraubt.
Jetzt freilich mußte ihm Isma in anderm Licht erscheinen. Hatte er denn irgendeinen bestimmten Vorwurf gegen sie zu erheben? Sie war ja zurückgekehrt, und sie hatte sich damit offenbar zu ihm bekannt. Sollte er nun zu Ell rücksichtslos vordringen und sich vielleicht rettungslos der Gewalt der Martier ausliefern? War Ell unschuldig, so war dieses Opfer ganz unnötig gebracht. War Ell aber schlecht, so gab er sich in seine Hand. Als er seinen Entschluß gefaßt hatte, zuerst zu Ell zu gehen, wußte er ja noch nicht, daß sich dieser in einer so unerreichbaren Machtstellung befand. So schien es ihm jetzt doch als das richtige, sich mit Isma in Verbindung zu setzen.
Aber wie konnte das ohne Gefahr geschehen? Und vor seinem Geist stieg die furchtbare Anklage auf, einen Nume bei der Ausübung seiner Pflicht verletzt, vielleicht getötet zu haben –. Was ihm das Mittel werden sollte, Isma wiederzugewinnen, die rücksichtslose Flucht, nun erschien es ihm als ein verhängnisvolles Schicksal, das ihn für immer von ihr trennen sollte. Unter dem Druck der schweren Anklage, die auf ihm lastete, durfte er vor ihre Augen treten? Was sollte er tun? Mechanisch griff er nach einer der Broschüren, an die er nicht mehr gedacht hatte. Sein Auge fiel auf die Überschrift: »Das Unglück vom 30. Mai.« Er begann zu lesen. Und der Schmerz um das Vaterland drängte die eigene Sorge zurück.
»Ihr sollt es einst wissen, Kinder und Enkel«, so hieß es, »was uns geschehen ist, damit ihr weinen könnt und zürnen wie wir. Darum schreiben wir das Traurige auf, obwohl die Hand unwillig sich sträubt.
Es war der Tag der großen Parade, an dem der oberste Kriegsherr sein herrliches Heer musterte, das um die Hauptstadt zusammengezogen war. Von der zahllosen, begeisterten Menge der Zuschauer umgeben, waren die glänzenden Regimenter vorübermarschiert an der ›einsamen Pappel‹. So hieß die Stelle nach einem Baum, der sich einstmals hier befunden hatte, wo der Monarch, umringt von der Mehrzahl der deutschen Fürsten und seinen Generälen, die Heerschau hielt. Nun hatten sich die Truppen weiter auseinandergezogen und die Gewehre zusammengestellt, während der Kriegsherr den Führern seine Anerkennung aussprach.
Und da geschah es.
Vor der Hauptstadt des Reiches, an dessen Grenzen man nirgends die Spur eines Feindes hatte beobachten können.
Im Augenblick der größten Machtentfaltung des stärksten Landheeres.
Wie ein Schwarm von Raubvögeln schoß es vom Himmel hernieder, geräuschlos, glänzende, glatte Ungetüme. Und im Moment, da man sie bemerkte, waren sie auch schon da und hatten die Schar der Anführer umringt.
›Zu den Truppen!‹ hieß es.
Die Kommandierenden stoben auseinander.
›Zurück! Ergebt euch! Der Weg ist gesperrt!‹ tönte es ihnen aus den feindlichen Luftschiffen entgegen.
Die Offiziere kümmerten sich nicht darum, sie sprengten weiter. Aber nicht lange. Keiner passierte den Kreis, den die Schiffe absperrten. Von einer unsichtbaren Macht zurückgeworfen, stürzten Roß und Reiter zusammen. Enger schloß sich der Ring der Schiffe, die nur wenige Meter über dem Boden schwebten, um die Fürsten und ihre Begleitung, so daß die gestürzten Offiziere jetzt außerhalb des gesperrten Kreises lagen.
Die Truppen, soweit sie nahe genug waren, um den Vorgang zu beobachten, waren sofort unter das Gewehr getreten. Als die Bataillonsführer bemerkten, daß ihre Kommandierenden nicht zu ihnen gelangen konnten, als sie sahen, daß die plötzlich erschienenen Schiffe einen feindlichen Angriff bedeuteten, dem der oberste Kriegsherr selbst mit allen Fürsten und Generälen ausgeliefert war, da bebte ihnen wohl das Herz in der Brust
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