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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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unter der Verantwortung, die sie auf sich gelegt fühlten. Aber nun bewährte sich der Geist unseres Heeres in erhebender Weise. Nicht ein Augenblick der Verwirrung, nicht ein Moment des Schreckens trat ein. Die Truppen einer andern Nation, falls sie sich nicht in zuchtlose Flucht aufgelöst hätten, wären vielleicht in wahnsinnigem Todesmut zur Befreiung ihres Feldherrn vorgestürzt, um in den Repulsitstrahlen und Nihilitsphären der Marsschiffe ihren Untergang zu finden, ohne daß sie auch das Geringste hätten ausrichten können. Die deutschen Offiziere indessen verloren ihre Instruktion auch in diesem schrecklichen Moment nicht aus den Augen. Nach den Erfahrungen, die man in England gemacht hatte, war es von der deutschen Heeresleitung als erster Grundsatz ausgesprochen worden, unter keinen Umständen Munition und Menschenleben gegen ein mit Nihilitsphäre versehenes Marsschiff zu verschwenden, da man wußte, daß dies ein völlig fruchtloses Beginnen sei. Die Truppen waren überhaupt nicht zusammengezogen worden, um sich irgendwo in offenem Kampf mit den Martiern zu versuchen. Man hatte vielmehr ein ganz anderes System der Verteidigung aufgestellt, und von diesem auch im Moment der äußersten Überraschung nicht abzuweichen, das war die höchste Aufgabe, welche die Disziplin zu leisten hatte.
    Man sagte sich, daß den Machtmitteln der Martier gegenüber eine Armee im freien Feld wie in den Forts der Festungen ohnmächtig und dem Untergang geweiht war, daß aber ihrerseits die Martier machtlos sein würden, wenn sie verhindert würden, sich der Organe der Regierung zu bemächtigen. Man hatte deswegen die Truppen lediglich zum Schutz der Hauptstädte als der Zentralpunkte der Staatsverwaltung zusammengezogen. Hier sollten sie verhindern, daß die öffentlichen Gebäude von den Martiern besetzt und in Beschlag genommen würden. Man nahm mit Recht an, daß in den Städten, mitten zwischen den Häusern der friedlichen Bürger, die Martier von gewaltsamen Zerstörungen absehen würden; daß sie, wenn sie einen Einfluß auf die Regierung gewinnen wollten, gezwungen sein würden, ihre schützenden Schiffe zu verlassen und den festen Boden zu betreten. Und hier sollte dann die starke militärische Besatzung es unmöglich machen, daß die Kassen, die Büros, die Archive und die leitenden Amtspersonen selbst in feindliche Gewalt gerieten. Deswegen hatte jedes einzelne Bataillon bereits seine bestimmte Instruktion, wohin es sich beim ersten Erscheinen der Feinde sofort zu begeben habe. Dies allein war auszuführen.
    Die große Parade war zum Verderben ausgeschlagen. Aber in Erinnerung an hergebrachte und liebgewordene Gewohnheiten hatte der oberste Kriegsherr geglaubt, dieselbe ohne Gefahr anordnen zu können, weil trotz des sorgfältigsten Nachrichtendienstes noch keinerlei Spur einer feindlichen Annäherung gefunden worden war.
    Nun war der Feind dennoch da. Jeder sah ein, daß man nichts tun konnte, als der ursprünglichen Anordnung zu folgen. Auf die feindlichen Luftschiffe schießen oder gegen sie anstürmen wäre Unsinn gewesen. Das ganze große Feld war noch von Zuschauern überflutet, die sich jetzt in eiliger Flucht nach der Stadt zurückwälzten. Auf den Chausseen drängten sich die Wagen, darunter die Equipagen, welche die fürstlichen Gemahlinnen und Prinzessinnen vom Paradefeld fortführten. So taten die Truppen ihre einfache Pflicht. Sie marschierten, so schnell sie konnten, auf den im voraus festgesetzten Wegen nach ihren Bestimmungsorten. Nur das erste Gardegrenadierregiment und das Gardekürassierregiment blieben zur persönlichen Bedeckung des Kriegsherrn zurück.
    Der Monarch blickte mit finsterem Ernst auf seine Umgebung, auf die feindlichen Schiffe und die betäubt oder tot am Boden liegenden Offiziere, um welche jetzt Ärzte und Krankenträger bemüht waren. Dann riß er den Degen aus der Scheide und rief:
    ›Meine Herren! Hier gibt es nur einen Weg hindurch!‹
    Er spornte sein Pferd an. Seine Begleitung warf sich ihm entgegen und beschwor ihn, sich dem sichern Verderben nicht auszusetzen. Er wollte nicht hören.
    ›Nun denn‹, rief da der greise General von Dollig, ›zuerst wir!‹
    Und einen Teil der Offiziere mit sich fortreißend, jagte er im Galopp gegen die unsichtbare Schranke, die sich nur durch eine Staubschicht über dem Boden verriet.
    Sobald man bei den außerhalb des Ringes der Marsschiffe haltenden Schwadronen der Gardekürassiere die Bewegung in der Begleitung des Feldherrn

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