Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
war dicht von Martiern und Martierinnen erfüllt, die der öffentlichen Verhandlung beiwohnen wollten. Auch Se befand sich unter ihnen und hatte sich in der Nähe Saltners niedergelassen, der ihr einen dankbaren Blick zuwarf. Das Lächeln, mit welchem Saltner anfänglich die Versammlung überflog, verschwand bald unter dem Eindruck der Musik und der Haltung der schweigenden Martier. Alle trugen heute über ihrer anschließenden metallisch glänzenden Rüstung einen leichten, in malerischen Falten geworfenen Mantel. Ihre Blicke waren ruhig und ernst, aber erfüllt von einem freudigen Stolz; sie fühlten sich als die freien Mitglieder ihrer großen und mächtigen Gemeinschaft, die sie zum ersten Mal den Menschen in ihrem festlichen Glanz zeigten. Sie wußten, daß sie heute nicht nur als Wirte ihren Gästen, sondern als Vertreter der Numenheit den Männern gegenüberstanden, die für sie die Vertreter der Menschheit waren. Und dieses Bewußtsein, das den ganzen Charakter der Versammlung beherrschte, wirkte sehr bald auf Grunthe und Saltner zurück; sie fühlten, wie sie der übermächtigen Gegenwart der Martier in ihrem Willen zu erliegen drohten. Grunthe preßte die Lippen zusammen und starrte auf sein Notizbuch, das er krampfhaft in der Hand hielt, um sich dem Einfluß zu entziehen, den das Äußerliche der Versammlung auf ihn machte.
Nur wenige Minuten hatte die musikalische Einleitung gedauert. Jetzt erhob sich Ill. Absolute Stille herrschte im Saal, als er seine großen, strahlenden Augen auf die Versammlung richtete und dann wie in weite Ferne blickte. Darauf sprach er klangvoll die einfachen Worte:
»Den wir im Herzen tragen, Herr des Gesetzes, gib uns deine Freiheit.«
Wieder erfolgte eine Pause, in welcher jeder mit sich selbst beschäftigt war.
Jetzt ließ sich Ill auf seinem Stuhl nieder und begann:
»Gesandt bin ich, Grüße zu bringen den Numen von der Heimat, Grüße vom Nu und seinem Bund!«
»Sila Nu!« hallte der gedämpfte Gegengruß der Martier durch den Saal.
»Grüße vom Nu auch den Bewohnern der leuchtenden Ba, des benachbarten Planeten, den Menschen, die wir zum ersten Mal heute in der Festversammlung zu sehen uns freuen. Eine alte Sehnsucht zog uns Nume durch den Weltraum hinüber zum lichten Abendstern, und es gelang uns Fuß zu fassen auf der Erde. Aber noch immer war es uns versagt, diejenigen kennenzulernen, die diesen mächtigen Planeten beherrschen als vernünftige Wesen. Da kam zu uns vor wenigen Wochen die erste frohe Kunde, daß zwei willkommene Gäste unserer Station am Pol genaht, daß die ersten zivilisierten Bewohner der Erde entdeckt seien. Ausführliche Lichtdepeschen meldeten uns bald, was wir bisher wohl vermutet, aber doch aus direkter Anschauung nicht gekannt hatten, daß unser Nachbarstern bewohnt ist von hochgebildeten Völkern, mit denen wir uns verständigen können in den Aufgaben der Kultur. Eine unbeschreibliche Aufregung ging auf diese Nachricht durch die verbündeten Staaten des Mars. Die öffentliche Meinung drang darauf, keine Zeit zu verlieren, unsern Brüdern auf der Erde die Hand zu reichen. Und da der Winter auf diesem Nordpol bevorsteht, der unsre Verbindung unterbricht, so beschloß der Zentralrat des Nu, ohne die Ankunft der Raumschiffe abzuwarten, sich in direkten Verkehr mit den Bürgern der Erde zu setzen. Wir schätzen es von unermeßlicher Wichtigkeit für die beiden Planeten, welche allein im ganzen Sonnensystem in der Art und der Kultur ihrer Bewohner sich berühren, daß diese in gemeinsamem Einverständnis ihre Interessen fördern. Das erste Zusammentreffen mit den hier anwesenden Vertretern der Menschheit halten wir daher für einen Akt von höchster kulturgeschichtlicher Bedeutung. Wir sehen darin den ersten Schritt zum unmittelbaren Verkehr mit den Regierungen der Erde, von denen uns gegenwärtig noch technische Schwierigkeiten trennen, die wir indessen bald zu überwinden hoffen. In gerechter Würdigung der Wichtigkeit dieser ersten Begegnung und um bei dieser Gelegenheit zugleich zu zeigen, welch hohen Wert die Marsstaaten auf die freundschaftlichen Beziehungen mit den Staaten der Erde legen, endlich um von seiten der Nume in feierlicher Handlung die ganze Menschheit bei der ersten Begrüßung zu ehren, hat der Zentralrat beschlossen, eines seiner Mitglieder in eigener Person auf die Erde zu senden.«
Eine allgemeine Bewegung gab sich bei diesen Worten unter den Zuhörern zu erkennen. Man sah sich erwartungsvoll an, leise Fragen flogen
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