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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Augen verschwammen die Gegenstände. Atemnot stellte sich ein.
    »Es bleibt nichts andres übrig«, rief Torm. »Die Reißleine!«
    Grunthe ergriff die Reißleine. Die Zerreißvorrichtung dient dazu, einen Streifen der Ballonhülle in der Länge des sechsten Teils des Ballonumfangs aufzureißen, um den Ballon im Notfall binnen wenigen Minuten des Gases zu entleeren. Aber – die Vorrichtung versagte! Er zerrte an der Leine – sie gab nicht nach. Sie mußte sich am Netzwerk des Ballons verfangen haben. Es war jetzt unmöglich, den Schaden zu reparieren. Der Ballon stieg weiter. Von der Erde war nichts mehr zu sehen, man blickte auf Wolken.
    »Die Sauerstoffapparate!« kommandierte Torm.
    Obwohl man die Absicht hatte, sich stets in geringer Höhe zu halten, konnte man doch nicht wissen, ob nicht die Umstände ein Aufsteigen in die höchsten Regionen mit sich bringen wurden. Für diesen Fall hatte man sich mit komprimiertem Sauerstoff zur Atmung versehen. Es war jetzt notwendig, die künstliche Atmung anzuwenden.
    Die Forscher fühlten sich neu gestärkt; aber immer furchtbarer wurde die Kälte. Sie merkten, wie ihre Gliedmaßen zu erstarren drohten. Die Nase, die Finger wurden gefühllos, sie versuchten ihnen durch Reiben den Blutzufluß wieder zuzuführen. Der Ballon stieg rettungslos weiter, und zwar immer schneller, je mehr er sich dem Zentrum näherte. Siebentausend – achttausend – neuntausend Meter zeigte das Barometer im Verlauf einer Viertelstunde an. Die größte Höhe, welche je von Menschen erreicht worden war, wurde nun überschritten.
    Untätig saßen die Männer zusammengedrängt – sie hatten den künstlichen Verschluß der Gondel hergestellt, da sie nichts mehr am Ballon ändern konnten. Sie vermochten nichts zu tun, als sich gegen die Kälte zu schützen. Kein Mittel der Rettung zeigte sich – ihre Tatkraft begann unter dem Einfluß der vernichtenden Kälte zu erlahmen. Der Flug in die Höhe war unhemmbar – nichts mehr konnte sie retten vor dem Erfrieren – oder vor dem Ersticken. – Was würde geschehen? Es war ja gleichgültig.
    Und doch, immer wieder raffte sich der eine oder andere mit Anstrengung aller Willenskräfte auf – noch ein Blick auf die Instrumente – die Thermometer waren längst eingefroren – und – kaum glaublich – das Barometer zeigte einen Druck von nur noch 50 Millimeter, das heißt, sie befanden sich zwanzig Kilometer über der Erdoberfläche. Und jetzt – schien es nicht, als käme der Ballon zu ihnen herab? Die entleerte Seidenhülle senkte sich über die Gondel – die Gondel flog schneller als der Ballon – wie aus einer Kanone geschossen fuhr sie in die Seide des Ballons hinein, die Insassen der Gondel waren verstrickt in das Gewirr von Stoff und Seilen – halb schon bewußtlos bemerkten sie kaum noch den Stoß der sie traf – sie waren in die Achse des von der Insel ausgehenden Wirbels geraten. –
    Sie befanden sich senkrecht über dem Pol der Erde – das Ziel war erreicht, dem sie so hoffnungsfroh entgegengestrebt hatten. Weit unter ihnen im hellen Sonnenscheine lagen die glänzenden Wolkenstreifen und fern im Süden das grünlich schimmernde Land ausgebreitet, die kühnen Forscher aber sahen nichts mehr davon. Ohnmächtig, erstickt – erdrückt von der Last des Ballons, flogen sie, eine formlose Masse bildend, in der Richtung der Erdachse den Grenzen der Atmosphäre entgegen.

3. Kapitel – Die Bewohner des Mars
    U nter dem Einfluß der geheimnisvollen Kraft, welche die Trümmer der verunglückten Expedition in der Richtung der Erdachse vom Nordpol forttrieb, hatten sie eine ungeheure Beschleunigung erlangt. Der in die Falten des Ballons hineingetriebene Korb bewegte sich jetzt mit rasender Geschwindigkeit nach oben. Wenige Minuten mußten genügen, den Tod der Insassen zu bewirken, da der Verschluß der Gondel sie nicht hinreichend zu schützen vermochte.
    Nicht mehr von der Erde aus erkennbar schien das seltsame Geschoß einsam und verlassen den Weltraum zu durcheilen, jeder menschlichen Macht entrückt, ein Spielball kosmischer Kräfte –
    Und dennoch war der Ballon der Gegenstand gespanntester Aufmerksamkeit.
    Die Beobachter desselben befanden sich auf einer Stelle, wo kein Mensch lebende Wesen vermutet, ja nur eine solche Möglichkeit hätte verstehen können. Daß der Nordpol von unbekannten Bewohnern besetzt sei, war ja äußerst seltsam und überraschend; aber er war doch ein Punkt der Erde, auf welchem lebende Wesen sich aufzuhalten und

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