Alles, was er wollte: Roman (German Edition)
DAS FEUER BRACH IN DER KÜCHE AUS und griff auf den Speisesaal des Hotels über. Ohne Warnung, bis auf den einen erstickten Schreckensschrei vielleicht, wälzte sich eine Feuerkugel (ja, wahrhaftig, eine Kugel) durch den gewölbten, mit Läden versehenen Durchgang von der Küche, ein Knäuel wildbewegter Farbe, so gewaltig, daß ihm eine bedrohliche Lebensenergie innezuwohnen schien, was selbstverständlich nicht der Fall war; es war lediglich ein wissenschaftliches oder natürliches Phänomen, aber kein Zeichen Gottes. Einen Moment lang war ich wie gelähmt, und ich erinnere mich dieses Augenblicks bis ins kleinste Detail: Schnell und behende wie ein Eichhörnchen schoß die Flamme die langen zinnoberroten Vorhänge empor und sprang von Volant zu Volant, den Stoff zu Asche verbrennend, die auf die Speisenden herabfiel. Es war kaum möglich, als Zeuge eines solchen Ereignisses nicht auf den Gedanken zu kommen, hier sei eine Katastrophe als Strafe für vergangene oder zukünftige Sünden über die Gäste hereingebrochen.
Wenn die Realität des Feuers nicht sogleich zu meinem Bewußtsein vordrang, so ließ mich die Hitze schnell genug von meinem Sitzplatz aufspringen. Ich war umgeben von einem Chaos umgestürzter Tische und Stühle, von Menschen, die zur Tür des Speisesaals drängten, von den Geräuschen zerbrechenden Glases und Porzellans. Zum Glück hatte ein geistesgegenwärtiger Gast die Fenster zur Straße aufgerissen – große Fenster, durch die ein menschlicher Körper ins Freie gelangen konnte. Ich erinnere mich, daß ich mich seitlich durch eins der Fenster warf und mich, sobald ich draußen im Schnee gelandet war, zur Seite rollte, damit andere meinem Beispiel folgen konnten. Denn in diesem Moment begann ich endlich an andere zu denken, und ich sprang auf, um denen zu helfen, die Schnittwunden und Blutergüsse oder sogar Knochenbrüche erlitten hatten, die in der allgemeinen Panik getreten worden waren, die zuviel Rauch eingeatmet hatten. Die Gesichter der Entkommenen leuchteten im Schein der Flammen, die heller loderten als jedes Licht, das man in der Nacht hätte erzeugen können, und ich erkannte die Benommenheit derjenigen, die sich in meiner Nähe befanden. Viele husteten, manche weinten, und alle sahen aus, als hätten sie einen Schlag auf den Kopf erhalten. Einige Männer wollten heldenhaft sein und versuchten, ins Gebäude zurückzulaufen, um die zu retten, die noch drinnen waren, und ich glaube, einem Studenten gelang es tatsächlich, eine alte Frau ins Freie zu ziehen, die neben dem Büffet in Ohnmacht gefallen war; aber eigentlich war nicht daran zu denken, das Gebäude noch einmal zu betreten, dem man entkommen war. Die Hitze war so stark, daß wir draußen Versammelten immer weiter über die Straße zurückweichen mußten, bis wir alle unter den kahlen Bäumen – Eichen, Ulmen und stattliche Platanen – im viereckigen Hof des College standen.
Später erfuhren wir, daß ein paar Tropfen Öl, auf dem Herd vergossen, das Feuer verursacht hatten. Eine Küchenhilfe wollte es mit einem Krug Wasser löschen, hatte aber in ihrer Aufregung die Flammen mit einem Lappen noch angefacht. Etwa zwanzig Gästen in den oberen Etagen des Hotels gelang es nicht mehr, aus den Zimmern zu fliehen; sie verbrannten alle – unter ihnen Myles Chapin von der naturwissenschaftlichen Fakultät. Was er in einem Hotelzimmer zu suchen hatte, während sich seine Frau und sein Kind sicher und wohlbehalten daheim in der Wheelock Street aufhielten, darüber möchte ich hier keine Mutmaßungen anstellen. (Vielleicht zögerte der Mann gerade wegen der kompromittierenden Umstände, in denen er sich befand, eine Sekunde länger, als er sich erlauben konnte.) Erstaunlicherweise kam jedoch nur ein Angehöriger des Küchenpersonals um, was der Tatsache zu danken war, daß die Hintertür offenstand und das Feuer sich, vom Luftzug zwischen der Tür und den Fenstern getrieben, in Richtung Speisesaal ausbreitete. So konnte das Personal unbeschadet entkommen, auch die unselige Küchenhilfe, die durch ihre Ungeschicklichkeit die Katastrophe ausgelöst hatte.
Das Hotel stand genau gegenüber vom Thrupp College, an dem ich Englische Literatur und Rhetorik unterrichtete. Thrupp war und ist (auch heute noch, da ich meine Geschichte niederschreibe) eine reine Männerhochschule von, nun, sagen wir, bescheidenem Renommee. Das College besteht aus einer Ansammlung wahllos zusammengewürfelter Gebäude, unter ihnen einige wirklich häßliche,
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