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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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zu atmen vermochten. Der Ort dagegen, von welchem aus man jetzt auf den verunglückten Ballon aufmerksam wurde, befand sich bereits außerhalb der Erdatmosphäre. Genau in der Richtung der Erdachse und auf dieser genau so weit von der Oberfläche der Erde entfernt wie der Mittelpunkt der Erde unterhalb, also in einer Höhe von 6356 Kilometer, befand sich frei im Raume schwebend ein merkwürdiges Kunstwerk, ein ringförmiger Körper, etwa von der Gestalt eines riesigen Rades, dessen Ebene parallel dem Horizont des Poles lag.
    Dieser Ring besaß eine Breite von etwa fünfzig Metern und einen inneren Durchmesser von zwanzig, im ganzen also einen Durchmesser von 120 Metern. Rings um denselben erstreckten sich außerdem, ähnlich wie die Ringe um den Saturn, dünne, aber sehr breite Scheiben, deren Durchmesser bis auf weitere zweihundert Meter anstieg. Sie bildeten ein System von Schwungrädern, das ohne Reibung mit großer Geschwindigkeit um den inneren Ring herumlief und denselben in seiner Ebene stets senkrecht zur Erdachse hielt. Der innere Ring glich einer großen kreisförmigen Halle, die sich in drei Stockwerken von zusammen etwa fünfzehn Metern Höhe aufbaute. Das gesamte Material dieses Gebäudes wie das der Schwungräder bestand aus einem völlig durchsichtigen Stoffe. Dieser war jedoch von außerordentlicher Festigkeit und schloß das Innere der Halle vollständig luft- und wärmedicht gegen den leeren Weltraum ab. Obwohl die Temperatur im Weltraum rings um den Ring fast zweihundert Grad unter dem Gefrierpunkt des Wassers lag, herrschte innerhalb der ringförmigen Halle eine angenehme Wärme und eine zwar etwas stark verdünnte, aber doch atembare Luft. In dem mittleren Stockwerk, durch welches sich ein Gewirr von Drähten, Gittern und vibrierenden Spiegeln zog, hielten sich auf der inneren Seite des Rings zwei Personen auf, die sich damit beschäftigten, eine Reihe von Apparaten zu beobachten und zu kontrollieren.
    Wie aber war es möglich, daß dieser Ring in der Höhe von 6356 Kilometern sich freischwebend über der Erde erhielt? Eine tiefreichende Erkenntnis der Natur und eine äußerst scharfsinnige Ausbildung der Technik hatten es verstanden, dieses Wunderwerk herzustellen.
    Der Ring unterlag natürlich der Anziehungskraft der Erde und wäre, sich selbst überlassen, auf die Insel am Pol gestürzt. Gerade von dieser Insel aus aber wirkte auf ihn eine abstoßende Kraft, welche ihn in der Entfernung im Gleichgewicht hielt, die genau dem Halbmesser der Erde gleichkam. Diese Kraft hatte ihre Quelle in nichts anderem als in der Sonne selbst, und die Kraft der Sonnenstrahlung so umzuformen, daß sie jenen Ring der Erde gegenüber in Gleichgewichtslage hielt, das eben hatte die Kunst einer glänzend vorgeschrittenen Wissenschaft und Technik zustande gebracht.
    In jener Höhe, einen Erdhalbmesser über dem Pol, war der Ring ohne Unterbrechung der Sonnenstrahlung ausgesetzt. Die von der Sonne ausgestrahlte Energie wurde nun von einer ungeheuren Anzahl von Flächenelementen, die sich in dem Ringe und auf der Oberfläche der Schwungräder befanden, aufgenommen und gesammelt. Die Menschen verwenden auf der Erdoberfläche von der Sonnenenergie hauptsächlich nur Wärme und Licht. Hier im leeren Weltraum aber zeigte sich, daß die Sonne noch ungleich größere Energiemengen aussendet, insbesondere Strahlen von sehr großer Wellenlänge, wie die elektrischen, als auch solche von noch viel kleinerer als die der Lichtwellen. Wir merken nichts davon, weil sie zum größten Teile schon von den äußersten Schichten der Atmosphäre absorbiert oder wieder in den Weltraum ausgestrahlt werden. Hier aber wurden alle diese sonst verlorenen Energiemengen gesammelt, transformiert und in geeigneter Gestalt nach der Insel am Nordpol reflektiert. Auf der Insel wurden sie, in Verbindung mit der von der Insel direkt aufgenommenen Strahlung, zu einer Reihe großartiger Leistungen verwendet; denn man hatte auf diese Weise eine ganz enorme Energiemenge zur Verfügung.
    Ein Teil dieser Arbeitskraft wurde nun zunächst dazu gebraucht, ein elektromagnetisches Feld von gewaltigster Stärke und Ausdehnung zu erzeugen. Die ganze Insel mit ihren hundertvierundvierzig Rundbastionen stellte gewissermaßen einen riesigen Elektromagneten vor, der von der Sonnenenergie selbst gespeist wurde. Die Konstruktion war so angelegt, daß die Kraftlinien sich um den Ring konzentrierten und dieser, der Schwerkraft entgegen schwebend gehalten wurde. Daß dies

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