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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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passierte – auch von hier aus eröffneten sich eindrucksvolle Ausblicke auf das Alpenpanorama –, meinte der Polizeichef: »Herr Geigelstein, ich habe eine Frage.« Der Hoteldirektor schenkte dem Dienststellenleiter einen erwartungsvollen Blick. »Die Scheichsfrauen, die haben ja immer solche Vorhangkleider an.«
    »Burka nennt man diese traditionelle Bekleidung meines Wissens nach«, erwiderte der Hotelier vorsichtig.
    »Wie man’s nennt, ist ja wurscht – Hauptsache, mir verstehen uns, und das tun mir ja, oder?« Geigelstein nickte zögerlich. Er war sich nicht sicher, ob er und Nonnenmacher sich tatsächlich verstanden. »Also«, fuhr der Dienststellenleiter fort, »die Kleider haben diese Scheichsfrauen ja, weil man nicht sehen darf, dass sie schön sind, falls sie schön sind, oder?«
    »So könnte man das wohl formulieren, unter Umständen«, meinte der Hoteldirektor zaghaft.
    »Manche von denen sind sicherlich auch schön«, mischte sich Kastner in der Absicht ein, die von Nonnenmacher verbreitete finstere Stimmung etwas aufzuhellen. Ein Versuch, der aus Annes Sicht mit dieser Aussage nur halb glückte.
    Nonnenmacher war das egal: »Hin oder her, jetzt kommt meine Frage: Wie gehen die Scheichsfrauen dann eigentlich schwimmen, wenn man nix sehen darf von ihnen? Die werden ja wohl nicht mit so einem Vorhang ins Wasser steigen?«
    »Ich denke, dass die Ehefrauen eines Emirs genauso schwimmen gehen wie zum Beispiel Ihre Frau, Herr Nonnenmacher«, sagte der Hotelier. Er war nun nicht mehr ganz so gelassen wie gerade eben noch. »Der Unterschied wird nur sein, dass Frau Nonnenmacher vermutlich im öffentlichen Strandband schwimmen geht, wohingegen sich die Frauen eines Emirs lediglich in völlig abgetrennten Bereichen, zu denen vor allem auch kein Mann Zugang hat, den Badefreuden hingeben.«
    »Gut, dann müssen halt immer Sie mitgehen, Frau Loop, wenn die Frauen vom Ölscheich baden gehen«, meinte Nonnenmacher versöhnlich. »Mir wäre es in dem Schwimmbad auf Dauer eh zu heiß.« Er dachte kurz nach und meinte schließlich: »Ziehen’S dann halt auch so einen Vorhang an – vielleicht einen in Polizeigrün.«
    »So, dann zeige ich Ihnen jetzt noch unser Schloss«, sagte Geigelstein, der nicht sicher war, ob Nonnenmacher seine letzte Aussage ernst gemeint hatte. Er führte die drei in den Barocksaal mit dem großen Banketttisch. Die drei Polizisten zeigten sich beeindruckt.
    »Hier kann man heiraten!«, meinte Sepp Kastner anerkennend.
    »Das stimmt«, sagte der Hotelier lächelnd, »wir sind fast jedes Wochenende ausgebucht.«
    »Vorausgesetzt, man hat eine Frau, gell, Sepp«, zog Nonnenmacher seinen unfreiwillig ledigen Untergebenen auf.
    Der Hoteldirektor ging auch auf diese Unverschämtheit nicht ein, sondern erklärte stattdessen: »Hier wird die königliche Familie ihre Mahlzeiten einnehmen.«
    »Müssen’S denen fei schon auch einmal Weißwürscht machen, gell. Dass’ wissen, was gut ist«, merkte der Dienststellenleiter todernst an.
    »Das werden wir sicherlich nicht tun, Herr Nonnenmacher«, antwortete Geigelstein, sparte sich aber eine Erklärung, weshalb man den Gästen aus dem Nahen Osten diese bayerische Spezialität garantiert nicht servieren würde.
    So beschwingt wie an diesem Tag war Anne Loop schon lange nicht mehr vom Dienst nach Hause gekommen. Im Garten des Hauses, das sie gemeinsam mit ihrer Tochter Lisa und ihrem Lebensgefährten Bernhard, der nicht der Vater des Kindes war, bewohnte, blühten Blumen und Büsche in voller Pracht. Im Hintergrund schimmerte unschuldig der See. Komisch war nur, dass die beiden bei dem schönen Wetter nicht im Garten waren. Anne schloss die Tür auf und rief laut: »Hallo!« Doch niemand antwortete. Noch einmal rief Anne: »Haallooo!« Keine Antwort. Die Polizistin schaute kurz ins Wohnzimmer, doch auch da war niemand. Dann betrat sie die Küche des Anwesens, das eigentlich das Ferienhaus von Bernhards nach Spanien ausgewanderten Eltern war – in dieser teuren Lage hätten sich Bernhard, der an seiner Doktorarbeit schrieb, und Anne mit ihrem Polizistinnengehalt niemals ein Haus leisten können. Doch auch hier war niemand, und an der Stelle, an der sie üblicherweise die Nachrichten füreinander deponierten, war auch nichts zu finden.
    »Fuck«, entfuhr es Anne, denn ihr schwante nichts Gutes. Ihr Freund Bernhard von Rothbach litt nämlich an einer psychischen Krankheit, die viele Menschen für einen Witz hielten, Anne aber das Leben zur Hölle machte:

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