Aufstand der Maenner
sei, wolle seine Strafe teilen.
Aber Garp hatte sich gewehrt. »Ob sie mich leben lassen oder nicht«, hatte er gerufen, »stelle ich den Namenlosen anheim. Ihnen übergebe ich mich.«
Etwas ganz Seltsames war Garp dabei widerfahren. Wadd konnte ihn verraten, und nach allem,was er in seinem jungen Leben gelernt und erlebt hatte, wäre es denn Garps Sache gewesen, jedem Verrat zuvorzukommen. Schon hatte er seine Hände erhoben - aber . . . auf halbem Wege waren sie stehengeblieben. Wie von einem unsichtbaren Wesen festgehalten, hatten sie in der Luft geschwebt. Natürlich war sich Garp völlig klar darüber gewesen, daß die Göttin sich zwischen ihn und Wadd gestellt und ihm die Arme festgehalten habe -aber Garp hatte die Rechte, deren ungebrochene Kraft er Wadd verdankte, dem nicht um den Hals legen und ihn nicht mit ihr erwürgen können. Es sei die Göttin, die Große Jägerin, war er überzeugt gewesen, und darum hatte er zu feilschen begonnen.
Wadd jedoch hatte gelacht und war hinweggegangen, als sei Garp nicht ein unversehrter Mann, stark wie ein Turm.
Aber nach Wadds Verschwinden waren Garps Arme nicht mehr festgehalten gewesen, und da er wußte, daß Wadd sprechen würde, hatte er sie gebraucht. Sehr rasch war ihm eingefallen, daß ein Versteck im Schilf nur vom Wasser aus gefunden werden könne, und so hatte er die wenigen Boote mit der Axt zerschlagen, um dann die Überquerung des Moores zu wagen.
Das mit den Booten sei gut gewesen, dachte er jetzt - bis sie die Boote wieder gebrauchen könnten, würde es noch dauern. Vorsichtig spähte er durch die Halme auf den Fluß. Mochten in seinem Rücken Mädchen, Pferde und Hunde toben - auf dem Fluß sei es friedlich, kein Boot zu sehen . . . Nein, kein Boot - nur hin und wieder auf der besonnten Fläche ein Flimmern, das nicht das Glitzern der Wellen war. Und nun sah er es wie helle Bäche sich bewegen. Kein Zweifel, das seien die Mädchen! durchfuhr es Garp. Daß sie schwimmen würden, wenn sie keine Boote hatten, war von ihm nicht bedacht worden.
Doch jetzt wußte er auch schon, was zu tun war. Schnell riß er einen Schilfhalm ab, zog die Blätter heraus und hatte nun eine Röhre. Mit ihr kroch er ins Wasser und ließ sich mit dem Rohr im Mund, seine schwere Doppelaxt auf der Brust, flach auf den Grund niedersinken. Auftauchen würde er auf diese Weise nicht, und Luft bekam er durchs Rohr.
Grüne Dämmerung war um Garp. Nichts vernahm er von den Geräuschen aus der Luft, nur einmal war ein lärmendes Klatschen zu hören, als ein Fisch sprang ... bis dann ein Rauschen die Schwimmerinnen' ankündigte . . . immer näher kam es . . . und nun war es bei ihm - nun über ihm - ein weißes Bein hätte ihn beinahe gestreift . . . dann war alles vorüber.
Mit allen Kräften seines Körpers lauschte er - ihm war gewesen, als sei eines der Mädchen an Land gestiegen - vielleicht mehr als eins. Und jetzt wartete er auf das Geräusch, das entstehen mußte, wenn sie sich wieder ins Wasser werfen würden, um den anderen zu folgen . . . aber nichts geschah, und er wartete lange . . .
Vorsichtig nahm er die Axt von der Brust, richtete sich auf und spähte. Doch nichts Bedrohliches war zu sehen. Weit flußab schwammen seine Verfolgerinnen.
Nun erst gab er seinen verschmachtenden Lungen so viel Luft, wie er nur einzuziehen vermochte, und dann kroch er langsam das Ufer hinan. Doch zugleich stutzte er schon. Er sah den Abdruck eines nackten Fußes, der nicht sein eigener war. Ein kurzes Zaudern noch - dann entschloß er sich, die Gefahr aufzusuchen.
Er schlüpfte ins Schilf. Nicht mehr als um die Breite einer Hand rückte er mit jedem Schritt vor - immer wieder verharrte er, um zu lauschen. Dorthin, wo sein Floß war, bewegte es sich. Als er es endlich erreicht hatte, richtete er sich auf und stand vor dem Mädchen Lampeto.
2
Jungmädchen und Jüngling standen sich gegenüber. Beide waren nackt. Nur ein Fellstreifen fiel Lampeto von der rechten Schulter zur linken Hüfte hinab. Während des Schwimmens hatte ihre Sagaris in der Schlinge gehangen. Nun hielt sie die Axt in der Hand.
Garp hatte nicht einmal einen Riemen, aber eine Axt hatte er auch, und er hielt sie in der Rechten. In der Rechten! Lampeto sah es sofort. Das Märchen von einem nichtverstümmelten Knaben der Amaza sei also Wahrheit . . .
Niemals Furcht zu zeigen, war sie erzogen worden, und so zeigte sie auch keine. Aber ein Schauer lief ihr über den Rücken. Es war nicht Garps Axt, nicht dessen kräftiger
Weitere Kostenlose Bücher