Auge um Auge
Lillia«, sagt er wütend. »Du und Rennie, ihr organisiert überfallsartig eine idiotische Party bei mir zu Hause, verstreut überall Glitter, dass es eine Riesensauerei gibt, und dann verdrückt ihr euch nach einer halben Stunde, um woanders weiterzufeiern. Was zum Teufel sollte das?«
Noch nie habe ich Alex so gesehen, so angepisst. Aber er hat auch wirklich allen Grund, sauer zu sein. Wir hätten nicht einfach weggehen dürfen.
»Tut mir leid«, flüstere ich. Ich kann ihm gar nicht sagen, wie unendlich leid es mir wirklich tut.
Er sieht mich nur kopfschüttelnd an und will gehen, doch ich halte ihn am Ärmel fest. »Sei nicht böse«, sage ich.
Er funkelt mich an, macht sich aber nicht los. »Wann holt ihr den Mist ab, dieses ganze Dekozeug und so?«
»Rennie und ich kommen nachher vorbei und sammeln alles ein«, sage ich schnell. »Nach dem Probetraining für die neuen Cheerleader.«
Alex antwortet nicht. Er geht einfach. Nicht zurück an den Tisch, sondern auf direktem Weg hinaus aus der Cafeteria.
···
Rennie hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass wir eine Willkommensparty für die Jungs machen sollten. Sie hatte sogar schon ein Motto bestimmt – Unter Wasser – und verkündet, dass sie eine Meerjungfrau sein würde. Die übrigen Seniors unter den Mädels durften Bikinis, Grasröcke und Blumenketten tragen. Die Juniors und Sophomores sollten als sexy Fischer auftreten. Nadia durfte drei ihrer Freundinnen einladen, aber sie müssten sich als kleine Fische verkleiden und die ganze Zeit mit Schwimmflossen herumlaufen, ordnete Rennie an, sonst würden wir sie wieder nach Hause schicken.
Und noch eine Bedingung habe ich aufgestellt: Kein Alkohol für Nadia.
Sie war sofort einverstanden. Und als sie mit ihren Freundinnen erschien, alle in grünen Shorts und grünen Tanktops, gab ich ihr eine alkoholfreie Piña Colada. Ich mixte mir selbst auch eine, obwohl Rennie dauernd versuchte, mir noch einen Schuss Rum ins Glas zu kippen. Die Flaschen hatte sie im Garten versteckt.
Die Party wurde ein voller Erfolg. Musik dröhnte aus den Lautsprechern, im Rasen steckten überall Gartenfackeln, die Leute tanzten oder schwammen im Pool. Selbst die Jungs fanden langsam Gefallen an der Sache.
Reeve nahm ein Laken von Alex’ Bett, wickelte sich hinein und nannte sich Poseidon. Er lief mit einer Harke herum und behauptete, das sei sein Dreizack. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nur eine Ausrede brauchte, um sein Hemd auszuziehen. Alex trug seinen Fischerhut, und die anderen Jungs hatten immerhin Badehosen an und sich mit Zinksalbe eingeschmiert.
Rennie trug einen engen blauen Rock, ein mit Muscheln besetztes Bikinioberteil und Netzstrümpfe. Die Perücke und die Haarspange mit einem Seestern aus Strasssteinchen, die sie im Internet gekauft hat, haben sie einen ganzen Wochenlohn ihres Ferienjobs gekostet.
Ich kam als Rettungsschwimmerin aus Baywatch, in einem roten einteiligen Badeanzug, knappen weißen Shorts und Flipflops. Um den Hals hatte ich eine Trillerpfeife hängen, auf den Rücken hatte ich mir eine aufblasbare Rettungsboje geschnallt. Ashlin hatte sich als Qualle verkleidet: Über ihrem weißen Bikini trug sie ein ganz weißes Strandkleid, und in die blonden Haare hatte sie sich lange weiße Streifen aus Krepppapier geflochten.
Rennie und ich standen am Grill, schlürften unsere Drinks und beobachteten das Treiben, als Mrs. Lind auf mich zukam und mich fest in den Arm nahm.
»Lillia, das war so eine tolle Idee«, sagte sie und küsste mich auf die Wange. Sie trug ein Muumuu, ein traditionelles Hawaiikleid, und hatte sich eine Blume ins Haar gesteckt. »Alex war ja so überrascht!«
Dann ging sie wieder ins Haus, um noch mehr Meeresfrüchte-Kebab herauszubringen, und Rennie stieß mich in die Seite. »Siehst du? Ich hab dir doch gesagt, das läuft alles super. Wieso hast du dir solche Sorgen gemacht?«
»Ich hab mir keine Sorgen gemacht«, antwortete ich und rückte meine Rettungsboje zurecht. »Ich finde es nur immer noch ein bisschen seltsam, die Mutter von jemandem zu fragen, ob man bei ihnen eine Party feiern kann.«
»Lil«, sagte sie leichthin. »Alex’ Mom liebt dich. Du bist die Tochter, die sie nie hatte. Sie hat dir zum Geburtstag das rosa Dior-Armband geschenkt! Ich hab im Internet nachgesehen, und ich kann dir sagen, das Ding war nicht billig. Hey, das hat gut und gerne sechshundert Dollar gekostet!«
Rennie hat sich das Armband vor Monaten geborgt und es immer noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher