Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
wimmern. Aber er kam
noch näher und griff ihren Anhänger.
„ Das gehört mir“, sprach er und riss ihr das Schmuckstück
vom Hals.
„ Meine Kette.“
Das Weiß seiner Augen glänzte bedrohlich.
„ Woher hast du sie?“
„Von meinem Vater , ich...“
„ Deinem Vater!“ Er war wütend, aufgebracht. Ihre Tränen
schienen
es
nicht
besser
zu
machen.
Sie wollte sich
losreißen, doch sein Griff war zu fest .
„Schlechte Idee“, warnte er , „wir bleiben heute Nacht hier.“ „ Nein, bitte, lass mich gehen !“
Aber wie erwartet, war ihr Flehen vergebens.
Mit wenigen Griffen fesselte er ihre Hände und schnürte sie
fest aneinander.
„ Hinsetzen“, befahl er und sorgte dafür, dass sie es tat.
Anschließend band er ihre Füße zusammen und verknotete
sie mit ihren zitternden Armen. Dabei war er sehr genau
und prüfte, ob sie richtig saßen.
„ Versuch jetzt zu schlafen, bald geht die Sonne auf.“ „ Ich will nach Hause“
„Nein!“, entgegnete er und griff fest ihr Kinn, „ und jetzt hör
damit auf, verstanden?“
Vell schluchzte leiser und er wand sich ab
Wie ein Tier streifte er durch die Finsternis, unruhig und
ohne Richtung. Nach einer Weile ließ er sich in ihrer Nähe
nieder. Die Kapuze verbarg sein Gesicht und er rollte sich in
seinen schwarzen Umhang.
Die Momente kamen
und gingen,
ohne dass er
sich
bewegte. Je länger sie ihm zusah, desto sicherer wurde sie,
dass er tatsächlich schlief.
Mit
aller Kraft
versuchte sich
Vell aus den
Fesseln
zu
winden. Aber sie waren fest und gruben sie in ihre Haut. Sie
weinte.
Während der Mond über das Firmament zog, kämpfte sie
gegen
die Verzweiflung,
die von
Moment
zu
Moment
stärker wurde. Nur
die Kälte hielt
sie davon
ab
das
Bewusstsein
zu
verlieren.
Bald schon
würde die Sonne
aufgehen. Und was immer auch passierte, was auch immer
ihr Schicksal war-Sie durfte unter gar keinen Umständen
einschlafen.
Geheimnisse
Der Geruch war merkwürdig. Er erinnerte an Kräuter und
Gewürze. Es war dunkel. Rötliches Licht fiel durch eine
Stoffwand direkt auf ihr müdes Gesicht. Noch immer trug
sie ihr weißes Kleid und war begraben unter einer dicken
Felldecke. Doch wo in aller Welt war sie? Vell schreckte auf.
Dies
war
nicht
ihr
Bett.
Auch
nicht
ihr
Zimmer.
Verunsichert schob sie den Stoff beiseite und sah sich um.
Getrocknete Pflanzenbüschel hingen von der Decke herab
und das dezente Blubbern stammte von einem kochenden
Kessel. Jemand wohnte hier, soviel stand fest. Aber wer?
Vorsichtig kletterte sie von ihrem Schlaflager und sah sich
um. Es war eine Art Steinhaus, hatte kleine Fenster und
einen großen Kamin. Es gab weder Bilder noch Zeitanzeiger,
dafür einen
kleinen
Tisch
mit
fünf
alten
Stühlen.
Das
Auftreten schmerzte. Zu ihrem Erstaunen war ihr Fuß jetzt
mit festem Stoff umwickelt. Bei den Göttern. Wer hatte sie
gerettet?
Die Haustür war leicht anlehnt. Die Morgensonne schien
herein und blinzelnd sah sie hinaus in den Garten. Draußen
war
alles grün.
Es
gab Kirschbäume.
Und von
weitem
konnte sie eine alte Frau erkennen. Das also musste sie sein,
die Bewohnerin dieses Hauses.
Die Alte bückte sich über die Beete um Blumen zu pflücken.
Dabei schimpfte sie laut und redete mit sich selbst. Ihr
silbergraues Haar war zu einem Zopf geflochten und ihre
Kleider waren schmutzig und einfach.
Sie wirkte fast gebrechlich. Aber vielleicht mochte sie es
auch kleine Kinder zu essen?
Sollte sie rausgehen und nach ihr rufen? Ihr Fuß tat weh
und ihre Beine fühlten sich seltsam schwach an. Dann aber
sah sie wie die Alte sich bückte und ihren Korb aufnahm.
Verdammt! Sie kam Richtung Haus!
Mit angehaltenem Atem wich Vell von der Tür und wartete.
Die Schritte kamen näher. Bald konnte sie draußen ein
Schlurfen hören. Kurz darauf ging die Tür auf.
In ihrem Rahmen stand jetzt die Hausherrin. Ihr Gesicht
war faltig. Aber ihre Augen blitzten hellwach und ebenso
überrascht.
„Schon auf, wie ich sehe?“, fragte sie stirnrunzelnd, „ wie geht
es denn deinem Fuß?“
„Er tut noch weh“, bestätigte Vell verlegen, „aber wie bin ich
hier her gekommen?“
„ Du wurdest mir gebracht“, erklärte die Alte, „ von
dem
jungen Mann dort drüben.“
Dabei zeigte sie in die dunkle Ecke, in der der große Kamin
stand. Tatsächlich, dort lag jemand auf dem Boden und
schlief.-- Gott Gütiger.
Es war der Umhangträger!
„ Ich habe ihm gesagt, dass ich eine Heilerin bin und keine
Herberge. Aber dein Blut war vergiftet, also habe ich dich hier
behalten. “
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