Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
der beiden Scheinwerfer des
Befehlswagens deutlich zu sehen. Kenzo lief rot an. Seine Halsschlagader quoll
hervor und pochte im Rhythmus seines Herzschlages. Aus unbeschreiblicher Wut
über die Eurasierin oder über seine vorlaute Art, McLeear wusste es nicht.
„Meine Herren“, erhob Huwang wieder ihre Stimme,
„wir haben eine außergewöhnliche Lage, eine Lage, die zwar nicht die nationale
Sicherheit gefährdet, aber Kanadas Reputation im Ausland schon. Die
Repräsentanten der wichtigsten Industrienationen sind in unserem Land zu Gast.
Eine unqualifizierte Faselei über Bombenanschläge auf unsere Gäste gefährdet nicht
nur den Konferenzerfolg, sondern diskreditiert auch Kanada und legt das
eklatante Versagen der Polizei bloß. Wollen Sie das? Ich denke nicht. Ich
möchte es verhindern. Das ist mein Auftrag. Aus diesem Grunde verbiete ich
Ihnen den Kontakt mit den schreibenden und sendenden Medien. Ich wünsche bis
auf weiteres über alle Erkenntnisse und Ermittlungsschritte eingeweiht zu
werden, damit ich den Premierminister unterrichten kann. Ich und nur ich werde
mit der Presse kommunizieren, hat das jeder verstanden?“ Keiner sprach ein
Wort. Die eingetretene Stille lastete schwer. Sie wurde nur durch das Rufen
eines aufgeschreckten Waldkauzes in der Nähe unterbrochen.
„Chief Inspector McLeear, möchten Sie noch etwas
sagen?“
Donnerwetter, dachte McLeear, die Kleine hat
nicht nur Ellenbogen, nein, sie benutzt sie auch wie Rammböcke.
„Hallo, McLeear, möchten sie noch etwas
loswerden?“
McLeear schüttelte geistesabwesend den Kopf.
„Gut, dann, meine Herren, sind Sie aus dieser
Besprechung entlassen. Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit“.
Wie gescholtene Schulbuben trotteten sechs
gestandene Polizisten von dannen.
Der Pulverdampf hatte sich schon längst
verzogen, als McLeear Huwang in den Befehlswagen folgte. Sie schien ermattet
und müde zu sein. Offensichtlich war diese verbale Kontroverse mit Inspector
Kenzo nicht spurlos an ihr vorüber gegangen. McLeear spürte, dass sie unter
gewaltigem Druck stand. Fast regte sich in ihm ein wenig Mitleid für dieses
junge Mädchen.
„Miss Huwang, Sie haben in wenigen Minuten mit
noch wenigeren Worten die Karriere eines jungen Mannes beendet. Ich frage mich,
ob Sie sich später, in vielen Jahren, daran erinnern werden, wie Sie mit der
Ihnen verliehenen Macht das kleine Glück dieses Menschen und seiner Familie
zerstört haben. Verraten sie mir, wie lässt es sich damit leben, wie wird man
damit fertig?“
Huwang sah McLeear lange nachdenklich an. Sie
seufzte schwer und räusperte sich dann. „Gut, ja gut, McLeear, äh...,
vielleicht hilft’s auch mir, wenn wir darüber reden“, haspelte sie trockengaumig
in seine Richtung. „Es ist ...“. Wieder entstand eine lange Pause. Ihr
Selbstvertrauen war angeknackst. Sie brauchte Zeit, sich zu sammeln.
„Es ist schwer darüber zu sprechen. Vernünftige
Antworten sind bei einem solch komplexen Problem naturgemäß etwas rar gesät.
Nur soviel“, sie hüstelte, aus Unschlüssigkeit, wie McLeear glaubte, „eine
Antwort ist, dass ich wie in Trance handle, es ist wie in einem Traum, aus dem
man aufwachen möchte aber nicht kann. Ich muss immer zum Ziel kommen, egal wie.
Das ist mein Prinzip, soll heißen, meine Obsession. Nach einer solchen Nummer
verstecke ich mich immer hinter einem neuen, dem nächsten Auftrag. Ein
Bravourstück war es nicht, ich weiß es. Apropos Auftrag. Es war mein Auftrag
und mein Ziel unter allen Umständen zu verhindern, dass in der Öffentlichkeit
bekannt wird, dass hier Bomben explodiert sind. Wie der Premierminister mir
persönlich erklärte, ist es innen- und außenpolisch von größter Wichtigkeit,
nichts von Bomben verlauten zu lassen“.
„Miss Huwang, seien Sie nicht närrisch, lassen
Sie ihren freien Geist nicht im Gehorsam zum Premier sterben. So ein Kretin
sind Sie doch nicht. Lassen sie sich nicht von Jean Chrétien um den Finger
wickeln. Es gibt einen großen Kratzer in der Perfektion unseres Premiers, wenn
weltweit bekannt wird, dass seine Gäste von Bomben bedroht waren. Das will er
um jeden Preis verhindern. Er zieht Sie mit in den Strudel hinein und runter.
Sicher weiß er bis jetzt nicht, dass uns jenseits des großen Teichs die Polizei
einer kleinen deutschen Provinz auf die versteckten Bomben in der Kanalisation
aufmerksam gemacht hat. Detailliert haben uns die Deutschen über verschiedene
Kanäle benachrichtigt und darauf hingewiesen, in
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