Aurum & Argentum (German Edition)
Lieber“, blieb Morgana gelassen, „ist eine Aufgabe. Eine sehr wichtige in diesem Fall sogar.“
„ Die oberste Königin erteilt uns eine Aufgabe?“, verschlug es Flux fast die Sprache. „Das ist mit Abstand das Aufregendste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist!“
„ Die Erfüllung dieser Aufgabe ist von großer Bedeutung“, fuhr Morgana fort, „ihr müsst mit Leib und Seele darauf bedacht sein, sie zu erfüllen.“
Leon schluckte trocken, er hatte noch nie gerne Verantwortung übernommen. Er ließ die Pferdeohren hängen und fühlte sich plötzlich sehr unwohl in seiner Haut. Sein kleiner Elfenbruder war hingegen begeistert.
„ Ich wollte schon immer Abenteuer erleben!“, dachte Flux sich. „Das ist ja wie im Märchen oder in einem Heldenepos!“ Er hielt inne. „Aber warum hat sie wohl uns zwei erwählt?“ Ihm kamen Bedenken, denn allein schon in diesem Dorf gab es weitaus klügere und erfahrene Zeitgenossen.
Morgana hob die schmalen Augenbrauen. „Glaube mir“, antwortete sie ihm auf seine Frage, „ich habe meine Wahl sehr sorgfältig getroffen.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen, nur das Lärmen der Dorfjugend war zu hören. Morgana sah erst zu dem kleinen Elfen und dann zu dem Kentaurenjungen. „Und?“, fragte sie leise. „Seid ihr bereit dazu, hinaus in die weite Welt zu ziehen? Es wird eine lange und nicht ungefährliche Reise sein. Doch ich habe vollstes Vertrauen in euch. Ihr könnt es schaffen.“
Flux nickte wild, aber sein Bruder schüttelte energisch mit dem Kopf.
„ Bescheiden wie immer“, bemerkte Morgana, so als habe sie Leon und Flux seit einer Ewigkeit studiert, „habe etwas mehr Vertrauen in dich und deine Fähigkeiten.“
Leon saß ein Kloß im Hals, er hatte das Dorf der Elfen nicht mehr verlassen, seitdem ihn Flux’ Eltern aus dem Weisenhaus geholt und hierher gebracht hatten. Veränderungen waren ihm nicht geheuer und hinter den Weiden und Feldern, die Elfenheim umschlossen, lag das Unbekannte. Was ihn gruselte, faszinierte seinen kleinen Bruder umso mehr.
„ Zwei Stimmen gegen eine“, wertete Morgana das Ergebnis der Abstimmung, „natürlich plädiere ich dafür, dass ihr aufbrecht und euch meiner Queste stellt.“
Flux fing an zu jubeln.
„ Und?“, er konnte es kaum noch erwarten. „Wann sollen wir losziehen?“
Morgana zwinkerte ihm zu. „Umgehend.“
Flux war voller Vorfreude, Leon hingegen wurde ganz übel vor Schreck.
„ Wir gehen sofort nach Hause und packen unsere Sachen!“, Flux wollte aufspringen und losrennen, doch Morgana hielt ihn zurück.
„ Nein, mein Junge“, sprach sie freundlich, „ich meine jetzt gleich, ohne weitere Verzögerungen.“ Nun verschlug es sogar dem kleinen Elf die Sprache und in Leons Kopf begann sich alles zu drehen. „Ihr müsst sofort aufbrechen, ohne Umwege. Ich werde zu eurem Heim gehen und euren Eltern alles erklären.“
Wäre sie nicht die oberste Herrscherin gewesen, hätte Flux ihr jetzt widersprochen. Er konnte doch nicht einfach aufbrechen, ohne sich von seinen Eltern zu verabschieden!
„ Doch andererseits …“, Flux fing an, darüber nachzudenken. „Wenn wir es ihnen sagen würden, würden sie sicher versuchen, uns davon abzuhalten.“
Morgana nickte. „So ist es. Sie sind eure Eltern und haben die Verantwortung. Sie machen sich Sorgen um euch und würden es sicher verbieten. Doch ihr müsst gehen, so lautet meine Prophezeiung. Es steht einiges auf dem Spiel, viel mehr, als ihr euch vorstellen könnt.“
Flux’ Augen begannen zu leuchten: „Heißt das etwa, dass wir die ganze Welt retten müssen?“
Morgana schwieg und Leon wurde ganz blümerant zumute.
„ Das habe ich nicht gesagt“, versuchte die „Königin des Friedens“ ihn zu beruhigen. Leon spürte, wie ihm sein Herz bis zum Halse schlug, er befürchtete, gleich ohnmächtig zu werden.
„ Ich weiß, dass es viel verlangt ist, ohne ein Abschiedswort einfach zu gehen. Doch es geht leider nicht anders. Ihr müsst nun aufbrechen, doch keine Sorge, ich habe noch etwas für euch.“ Nun erhob sie sich und machte mit der Hand eine ausladende Bewegung. Sie zauberte einige Gegenstände herbei und bat Leon, sich zu erheben. „Diese Dinge werden euch auf eurer Reise sicher helfen können.“ Sie nahm eine Decke und legte sie über Leons breiten Pferderücken. Anschließend ergriff sie zwei zusammengebundene „Satteltaschen“ und lud sie ihm auf. „In diesen magischen Taschen findet alles Platz, was ihr braucht“,
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