Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)
Phoebe sah es gut und ordentlich aus. Sie hatte das College besucht und war durchaus gebildet, weshalb viele nicht verstanden, dass sie sich auf einer Farm vergrub.
Sheriff Delgado schaute auf das Ölbild auf der Wand, das eine Kampfszene gegen Comanchen zeigte. Phoebes Großvater hatte ihr farbige Geschichten zu diesem Bild erzählt. Wegen der Erinnerung daran ließ Phoebe es hängen.
»Ich gehe dieser Geschichte nach«, sagte der Sheriff. »Ihr könnt euch darauf verlassen. Allerdings kann ich schlecht nach einem Toten fahnden.«
»Friede sei Randys Asche«, bemerkte Al Hill. »Im Grund genommen ist er ein armer Teufel gewesen. Ich glaube bis heute noch nicht, dass er dem Nolan-Mädel von vornherein was Böses tun wollte. Es muss ihn überkommen haben. Sue-Ann Nolan ist...«
»Was, Mister Hill?«, fragte Phoebe den Feuerwehrchef.
»Nichts«, erwiderte Al Hill. »Sie sind ja wohl brandversichert, Miss Starr?«
»Natürlich.«
»Dann dürfte es kein Problem sein, dass die Versicherung für den Schaden aufkommt. Wenn ich Sie wäre, würde ich mir allerdings überlegen, ob ich den Versicherungsleuten, wenn sie Fragen stellen, dieselbe Geschichte erzähle wie uns eben. Sonst könnten sich Probleme aufwerfen.«
»Inwiefern?«, fragte Phoebe naiv.
Die anderen Männer waren ebenfalls aufgestanden.
»Al meint, dann würde man dort vielleicht glauben, du seist geistig verwirrt und könntest in einem Anfall von geistiger Umnachtung die Scheune selbst angezündet haben«, sagte Bill Jackson. »Gib an, Brandursache unbekannt, dann hast du deine Ruhe. Sollen doch die Experten sich den Kopf zerbrechen. Vielleicht war's ja doch ein Kabelkurzschluss.«
»Ich habe doch gerade erklärt, dass das Licht in der Scheune weiterbrannte, bis dann die Flammen die Kabel verschmorten.«
»Dann muss es was anderes gewesen sein«, sagte Bill.
Phoebe verdrehte die Augen und schaute gen Himmel. So weit, dass sie das wusste, war sie schon lange. Sie war immer noch durcheinander. Schließlich entging man nicht jeden Tag haarscharf dem Flammentod und hörte die Stimme des toten Bruders, der einen Mord begangen hatte.
*
Die Feuerwehr und die Neugierigen waren weggefahren. Scharfer Brandgeruch lag über der Farm am Helotes Creek, die inmitten von fruchtbaren Äckern und Feldern errichtet war. 1870 hatte der erste Starr hier seine Heimstätte gegründet, kurz nach dem Sezessionskrieg.
Jener Vorfahr hatte sich noch mit Indianern und Banditen herumgeschlagen. Er hatte der Dürre getrotzt, sich sein Lebtag mit dem Getreidekäfer und anderen Schädlingen herumgeschlagen, die ihm die Ernte schmälerten, manchmal sogar fast wegfraßen. Er hatte sintflutartige Wolkenbrüche und Stürme erlebt, zwei Ehefrauen und zwei seiner Kinder überlebt und war schließlich 1924 im Alter von 94 Jahren auf seiner Farm gestorben.
Phoebe kannte diesen Ururgroßvater nur von Bildern. Darauf war er ein streng blickender, weißbärtiger Mann, ein Patriarch, dessen Lebenswerk es gewesen war, trotz aller Widerstände und Unbilden seine Farm aufzubauen und zu erhalten. Von ihrem Urgroßvater wusste Phoebe nur, dass er im Ersten Weltkrieg gefallen war.
Davon abgesehen wusste sie nur über diejenigen Starrs besser Bescheid, die aus irgendwelchen Gründen positiv oder negativ aufgefallen waren. Da war ihre Großmutter, die mit einem Mexikaner durchgebrannt war und zwei kleine Kinder zurückließ. Ein Großonkel, der getrunken und seinen Teil der Farm, die früher einmal doppelt so groß gewesen war, verspielt hatte. Phoebes Vater war ein großer Rodeoreiter gewesen. Beim Rodeo in El Paso war er dann auch vor sechs Jahren einem tödlichen Unfall erlegen.
Ein Bronco, ein Wildpferd, das noch nie zuvor geritten worden war, hatte ihn in der Arena abgeworfen, wo es galt sich eine Minute ohne Zügel und Zaum im Sattel zu halten. Eine Minute war bei einem Bronco unter den Umständen eine sehr lange Zeit.
Phoebes Vater, der zu wenig trainiert an dem Rodeo teilnahm, weil er es den Jüngeren noch einmal zeigen wollte, war abgeworfen worden. Unglücklicherweise hatte ihm ein Hufschlag den Schädel zertrümmert.
Seine Frau war vor Gram kurz nach ihm gestorben. Sie hinterließen Phoebe, die damals noch aufs College ging, und ihrem zwei Jahre älteren Bruder Randy die Farm. Randy war von Geburt an schwachsinnig. Er war ein Hüne, wie alle männlichen Starrs, und hatte blonde Haare und ein breites, gutmütiges Gesicht gehabt.
Seine geistige Entwicklung war nie über die
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