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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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konnte. Aber da hatten sie unterdes Tür und Fenster fest verschlossen.
     Ich klopfte ganz bescheiden an, horchte und klopfte wieder. Da war es nicht anders, als wenn es drinnen leise flüsterte und
     kicherte, ja einmal kam es mir vor, als wenn zwei helle Augen zwischen den Jalousien im Mondschein hervorfunkelten. Dann war
     auf einmal wieder alles still.
    Sie weiß nur nicht, daß ich es bin, dachte ich, zog die Geige, die ich allzeit bei mir trage, hervor, spazierte damit auf
     dem Gange vor dem Hause auf und nieder und spielte und sang das Lied von der schönen Frau und spielte voll Vergnügen alle
     meine Lieder durch, die ich damals in den schönen Sommernächten im Schloßgarten oder auf der Bank vor dem Zollhause gespielt
     hatte, daß es weit bis in die Fenster des Schlosses hinüberklang. – Aber es half alles nichts, es rührte und regte sich niemand
     im ganzen Hause. Da steckte ich endlich meine Geige traurig ein und legte mich auf die Schwelle vor der Haustüre hin, denn
     ich war sehr müde von dem langen Marsche. Die Nacht war warm, die Blumenbeete vor dem Hause dufteten lieblich, eine Wasserkunst
     weiter unten im Garten plätscherte immerfort dazwischen. Mir träumte von himmelblauen Blumen, von schönen, dunkelgrünen, einsamen
     Gründen, wo Quellen rauschten und Bächlein gingen und bunte Vögel wunderbar sangen, bis ich endlich fest einschlief.
    Als ich aufwachte, rieselte mir die Morgenluft durch alle Glieder. Die Vögel waren schon wach und zwitscherten auf den Bäumen
     um mich herum, als ob sie mich für 'n Narren haben wollten. Ich sprang rasch auf und sah mich nach allen Seiten um. Die Wasserkunst
     im Garten rauschte noch immerfort, aber in dem Hause war kein Laut zu vernehmen. Ich guckte durch die grünen Jalousien in
     das eine Zimmer hinein. Da war ein Sofa und ein großer runder Tisch mit grauer Leinwand verhangen, die Stühle standen alle
     in großer Ordnung und unverrückt an den Wänden herum; von außen aber waren die Jalousien an allen Fenstern heruntergelassen,
     als wäre das ganze Haus schon seit vielen Jahren unbewohnt. – Da überfiel mich ein ordentliches Grausen vor dem einsamen Hause
     und Garten und vor der gestrigen weißen Gestalt. Ich lief, ohne mich weiter umzusehen, durch die stillen Lauben und Gänge
     und kletterte geschwind wieder an dem Gartentor hinauf. Aber da blieb ich wie verzaubert sitzen, als ich auf einmal von dem
     hohen Gitterwerk in die prächtige Stadt hinunter sah. Da blitzte und funkelte die Morgensonne weit über die Dächer und in
     die langen, stillen Straßen hinein, daß ich laut aufjauchzen mußte und voller Freude auf die Straße hinuntersprang.
    Aber wohin sollt ich mich wenden in der großen, fremden Stadt? Auch ging mir die konfuse Nacht und das welsche Lied der schönen
     gnädigen Frau von gestern noch immer im Kopfe hin und her. Ich setzte mich endlich auf den steinernen Springbrunnen, der mitten
     auf dem einsamen Platze stand, wusch mir in dem klaren Wasser die Augen hell und sang dazu:
    Wenn ich ein Vöglein wär,
Ich wüßt wohl, wovon ich sänge,
Und auch zwei Flüglein hätt,
ich wüßt wohl, wohin ich mich schwänge!
    «Ei, lustiger Gesell, du singst ja wie eine Lerche beim ersten Morgenstrahl!» sagte da auf einmal ein junger Mann zu mir,
     der während meines Liedes an den Brunnen herangetreten war. Mir aber, da ich so unverhofft Deutsch sprechen hörte, war es
     nicht anders im Herzen, als wenn die Glocke aus meinem Dorfe am stillen Sonntagsmorgen plötzlich zu mir herüberklänge. «Gott
     willkommen, bester Herr Landsmann!» rief ich aus und sprang voller Vergnügen von dem steinernen Brunnen herab. Der junge Mann
     lächelte und sah mich von oben bis unten an. «Aber was treibt Ihr denn eigentlich hier in Rom?» fragte er endlich. Da wußte
     ich nun nicht gleich, was ich sagen sollte, denn daß ich soeben der schönen gnädigen Frau nachspränge, mocht ich ihm nicht
     sagen. «Ich treibe», erwiderte ich, «mich selbst ein bißchen herum, um die Welt zu sehen.» – «So so!» versetzte der junge
     Mann und lachte laut auf, «da haben wir ja ein Metier. Das tu ich eben auch, um die Welt zu sehen und hinterdrein abzumalen.»
     – «Also ein Maler!» rief ich fröhlich aus, denn mir fiel dabei Herr Leonhard und Guido ein. Aber der Herr ließ mich nicht
     zu Worte kommen. «Ich denke», sagte er, «du gehst mit und frühstückst bei mir, da will ich dich selbst abkonterfeien, daß
     es eine Freude sein soll!» – Das

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