Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
Vom Netzwerk:
einer einsamen
     grünen Wiese, ein warmer Sommerregen sprühte und glänzte in der Sonne, die soeben hinter den Bergen unterging, und wie die
     Regentropfen auf den Rasen fielen, waren es lauter schöne, bunte Blumen, so daß ich davon ganz überschüttet war.
    Aber wie erstaunte ich, als ich erwachte und wirklich eine Menge schöner, frischer Blumen auf und neben mir liegen sah! Ich
     sprang auf, konnte aber nichts Besonderes bemerken, als bloß in dem Hause über mir ein Fenster ganz oben voll von duftenden
     Sträuchern und Blumen, hinter denen ein Papagei unablässig plauderte und kreischte. Ich las nun die zerstreuten Blumen auf,
     band sie zusammen und steckte mir den Strauß vorn ins Knopfloch. Dann aber fing ich an, mit dem Papagei ein wenig zu diskurrieren,
     denn es freute mich, wie er in seinem vergoldeten Bauer mit allerlei Grimassen herauf und herunter stieg und sich dabei immer
     ungeschickt über die große Zehe trat. Doch ehe ich michs versah, schimpfte er mich «furfante!» Wenn es gleich eine unvernünftige
     Bestie war, so ärgerte es mich doch. Ich schimpfte ihn wieder, wir gerieten endlich beide in Hitze, je mehr ich auf deutsch
     schimpfte, je mehr gurgelte er auf italienisch wieder auf mich los.
    Auf einmal hörte ich jemand hinter mir lachen. Ich drehte mich rasch um. Es war der Maler von heute früh. «Was stellst du
     wieder für tolles Zeug an!» sagte er, «ich warte schon eine halbe Stunde auf dich. Die Luft ist wieder kühler, wir wollen
     in einen Garten vor der Stadt gehen, da wirst du mehrere Landsleute finden und vielleicht etwas Näheres von der deutschen
     Gräfin erfahren.»
    Darüber war ich außerordentlich erfreut, und wir traten unseren Spaziergang sogleich an, während ich den Papagei noch lange
     hinter mir drein schimpfen hörte.
    Nachdem wir draußen vor der Stadt auf schmalen, steinigen Fußpfaden lange zwischen Landhäusern und Weingärten hinaufgestiegen
     waren, kamen wir an einen kleinen, hochgelegenen Garten, wo mehrere junge Männer und Mädchen im Grünen um einen runden Tisch
     saßen. Sobald wir hineintraten, winkten uns alle zu, uns still zu verhalten, und zeigten auf die andere Seite des Gartens
     hin. Dort saßen in einer großen, grünverwachsenen Laube zwei schöne Frauen an einem Tisch einander gegenüber. Die eine sang,
     die andere spielte Gitarre dazu. Zwischen beiden hinter dem Tische stand ein freundlicher Mann, der mit einem kleinen Stäbchen
     zuweilen den Takt schlug. Dabei funkelte die Abendsonne durch das Weinlaub, bald über die Weinflaschen und Früchte, womit
     der Tisch in der Laube besetzt war, bald über die vollen, runden, blendendweißen Achseln der Frau mit der Gitarre. Die andere
     war wie verzückt und sang auf italienisch ganz außerordentlich künstlich, daß ihr die Flechsen am Halse aufschwollen.
    Wie sie nun soeben mit zum Himmel gerichteten Augen eine lange Kadenz anhielt und der Mann neben ihr mit aufgehobenem Stäbchen
     auf den Augenblick paßte, wo sie wieder in den Takt einfallen würde, und keiner im ganzen Garten zu atmen sich unterstand,
     da flog plötzlich die Gartentür weit auf, und ein ganz erhitztes Mädchen und hinter ihr ein junger Mensch mit einem feinen,
     bleichen Gesicht stürzten in großem Gezänke herein. Der erschrockene Musikdirektor blieb mit seinem aufgehobenen Stabe wie
     ein versteinerter Zauberer stehen, obgleich die Sängerin schon längst den langen Triller plötzlich abgeschnappt hatte und
     zornig aufgestanden war. Alle übrigen zischten den Neuangekommenen wütend an. «Barbar!» rief ihm einer von dem runden Tische
     zu, «du rennst da mitten in das sinnreiche Tableau von der schönen Beschreibung hinein, welche der selige Hoffmann, Seite 347
     des ‹Frauentaschenbuches für 1816›, von dem schönsten Hummelschen Bilde gibt, das im Herbst 1814 auf der Berliner Kunstausstellung
     zu sehen war!»-Aber das half alles nichts. «Ach was!» entgegnete der junge Mann, «mit euren Tableaus von Tableaus! Mein selbsterfundenes
     Bild für die andern und mein Mädchen für mich allein! So will ich es halten! O du Ungetreue, du Falsche!» fuhr er dann von
     neuem gegen das arme Mädchen fort, «du kritische Seele, die in der Malerkunst nur den Silberblick und in der Dichterkunst
     nur den goldenen Faden suchst und keinen Liebsten, sondern nur lauter Schätze hat! Ich wünsche dir hinfüro, anstatt eines
     ehrlichen malerischen Pinsels, einen alten Duca mit einer ganzen Münzgrube von Diamanten auf der

Weitere Kostenlose Bücher