Aus der Spur
bemächtigte sich erst Changs Herz, dann seiner Arme, seiner Beine, seines Hirns…
Einer der Kerle fummelte an dem Schlüsselbund herum. Die gierigen, hastigen Finger zitterten. Der andere, ein dicker, kräftiger Mann, hatte den Baseballschläger in der Hand. Als er Schritte hörte, drehte er sich um. » Alter! «
Der Dürre fuhr zusammen und gab ein leises, wildes Knurren von sich. Dann zog er ein Springmesser aus der Gesäßtasche und ließ die Klinge aufschnappen. Der Dicke grinste und schulterte den Baseballschläger.
» Schau einer an. Bist wohl ’n Frühaufsteher, was? « Der Dicke ergriff den Baseballschläger mit beiden Händen. Seine Pupillen waren zu stecknadelgroßen Punkten zusammengezogen. Demnach war der Kerl wahrscheinlich high und würde nicht viel Schmerz empfinden… Oh doch, das würde er, dachte Chang.
» Du sprechen Englisch? « , fragte der Dicke und bohrte Chang den Baseballschläger in den Bauch.
Der Typ mit dem Messer stieß ein kurzes, abgehacktes Lachen aus.
» Nicht weglaufen « , hörte Chang eine kalte Stimme sagen. Sie kam aus seinem eigenen Mund. Ihm war, als würde er das Geschehen von außen beobachten.
» Keine Sorge. «
Der Baseballschläger sauste auf ihn zu, doch für Chang bewegte sich das Ding in Zeitlupe. Er sah seinen eigenen Fuß vorschnellen und den dicken Kerl am Knie treffen. Dass der Baseballschläger seine Schulter streifte, registrierte Chang kaum. Aber er spürte, wie etwas im Bein des Dicken nachgab. Der Kerl heulte vor Schmerz auf und sackte zusammen. Klappernd fiel der Baseballschläger auf den Gehsteig.
Das Messer blitzte silbern auf, und Chang sprang zurück. Die Klinge fuhr über seine Seite, aber er spürte nichts. Noch empfand er keinen Schmerz. Der kam wohl erst später.
» Evan, steh auf! Der Wichser ist schnell! « , rief der Dürre.
Aber Evan krümmte sich auf dem Boden und hielt das Knie umklammert. Sein dürrer Kumpel krampfte die Hand um den Griff seines Messers und versuchte, seinem Gegner die Klinge in den Bauch zu rammen. Chang wich ein paar Schritte zurück. Während der Dürre weiter mit seinem Messer herumfuchtelte, hörte Chang den alten Mann wieder stöhnen. Gut, dachte er. Der Alte lebt noch. Chang ließ den Dürren näher an sich herankommen. Als er erneut zustach, drehte sich Chang seitwärts, wehrte den Arm, der die Klinge hielt, ab und packte den Kerl am Handgelenk.
Chang nutzte den Schwung des Dürren, um ihn mit dem Gesicht voraus gegen die nächste Hauswand zu donnern. Mit seiner Linken hielt er das Handgelenk des Dürren weiter fest, während er ihm mit der Rechten die Finger nach hinten bog. Der Kerl fing an zu kreischen und ließ das Messer fallen.
Chang beförderte das Messer mit einem Fußtritt außer Reichweite und quetschte die Finger des Dürren zusammen. Der Drache schickte eine Adrenalinwelle nach der anderen durch seinen Körper und weiter in seine Hände. Plötzlich war ein Geräusch wie von zerbrechenden Bleistiften zu hören. Der Dürre ging in die Knie, und Blut rann sein Gesicht hinunter. Mit der heilen Hand hielt er seine geschundene Rechte gegen den Körper gepresst. Es brauchte nicht mehr als einen harten Kniestoß gegen die Schläfe, um ihn von seinen Schmerzen zu erlösen. Nur mit Mühe gelang es Chang, den Drachen zu zügeln, bevor er seinem Opfer den Garaus machen konnte. Erst dann war er in der Lage, sich Evan zuzuwenden.
Der Dicke kroch die Straße hinunter. Chang wartete, bis er sich mühsam aufgerappelt hatte, und nahm die Verfolgung auf, als Evan langsam davonhumpelte. Abwehrend hob der Dicke die Hände.
» Mann, du hast gewonnen! Ich hab dem alten Knacker nichts gestohlen. Lass mich gehen. «
Der alte Mann gab wieder ein Stöhnen von sich.
» Alter, du hast mir mein beschissenes Bein gebrochen! Reicht das nicht? «
Nein, dachte Chang. Er musste schnell handeln.
Evan setzte zur Flucht an, stürzte und versuchte, davonzukriechen. Aber dann sah Chang, wie sich sein eigener Schuh in den fleischigen Torso des Dicken bohrte. Einmal, zweimal, dreimal. Genug. Chang musste seine ganze Willenskraft aufwenden, um dem Drachen Einhalt zu gebieten. Evan rührte sich nicht. Entweder war er zu schwer verletzt oder aber klug genug, um den Drachen nicht weiter zu provozieren. Chang eilte zurück zu dem alten Mann. Er war zwar bewusstlos, doch Puls und Atmung waren kräftig und gleichmäßig.
Nicht weit entfernt entdeckte Chang eine Telefonzelle. Er wickelte sein Hemd um den Hörer, um seine Stimme
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