Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
sinnvoller.
Wir sollten uns bemühen, das Band der Nähe wieder herzustellen.
Und es ist wichtig, dass wir selbstbewusster werden.
Um diese Erkenntnisse zu vertiefen, wenden wir uns jetzt der mittleren Eifersucht zu.
Ein bisschen Eifersucht ist das Salz in der Suppe.
Aber man kann bekanntlich eine Suppe auch versalzen.
Alberto Sordi
Die mittlere Eifersucht
Bei dieser Eifersucht ist das Gefühl der Besorgnis ständig vorhanden. Es wird bereits bei kleinen Situationen ausgelöst:
Jede Einladung wird zu einem großen Problem, wenn sie mit einem anderen tanzt …
Der Partner darf nie seinen Blick schweifen lassen, weil dies bereits so interpretiert wird, als wäre etwas passiert.
Und nun beginnt oft eine »Kaffeesatzleserei«, alles wird in Richtung Seitensprung interpretiert: Bringt er Blumen mit, hat er ein schlechtes Gewissen. Bringt er keine mit, ist seine Liebe erkaltet. Kurzum: man macht sich verrückt.
Diese mittlere Eifersucht kennt fast jeder. Selbst viele prominente Menschen litten unter diesem Dämon. Der 17-jährige Goethe war rasend eifersüchtig, nachdem er sich in Leipzig in Kätchen Schönkopf verliebte. Auch Theodor Fontane wurde von heftigen Eifersuchtsgefühlen geplagt. Wegen finanzieller Schwierigkeiten konnte er erst fünf Jahre nach seiner Verlobung heiraten und schrieb über diese Wartezeit: er habe den »Höllensoff brennender, verzweifelnder Eifersucht gekostet«. Und sogar Sigmund Freud war in seiner Verlobungszeit so eifersüchtig, dass er an Martha schrieb: »… wenn ich die Macht besäße, die ganze Welt, uns einbegriffen, zu zertrümmern, um sie von neuem spielen zu lassen, auf die Gefahr hin, dass sie nicht wieder mich und Martha hervorbringt, ich täte es unbedenklich.« 5
Die massive Unsicherheit
Doch was ist die Ursache dieser Eifersuchtsdramatik? Der Schriftsteller Balzac gibt in dem Roman »Der Ehekontrakt« einen wichtigen Hinweis. Dort führt er aus, Eifersucht sei Zweifel, Furcht und Schwäche. Tatsächlich lässt sich die Eifersucht nur verstehen, wenn wir sie als das Ergebnis großer Selbstzweifel verstehen. Das Selbstwertgefühl eines eifersüchtigen Menschen ist sehr gering. Mich erstaunt es immer wieder: Obgleich eifersüchtige Frauen oft attraktiv, gebildet und liebenswürdig sind, leiden sie unter großen Minderwertigkeitsgefühlen. Inzwischen wurde dieser Zusammenhang sogar wissenschaftlich bestätigt. Psychologen fanden bei einer Befragung von 6482 amerikanischen Männern und Frauen heraus, dass vor allem das niedrige Selbstwertgefühl zur Eifersucht beiträgt. Oft ist dies den Eifersüchtigen durchaus bewusst. Eine meiner Patientinnen berichtete: »Ich bin nur eifersüchtig, wenn ich mit mir unzufrieden bin. Dann vergleiche ich mich stärker und finde andere Frauen hübscher, intelligenter. Und netter. Und die mache ich dann schlecht. Und ich frage manchmal meinen Partner: Wie findest du die … Und wehe er sagt, er fände sie attraktiv. Dann denke ich sofort: Er findet sie attraktiver als mich. Ich frage mich an solchen Tagen immer, warum er bei mir bleibt.«
Die drei großen Zweifel
Nun ahnen wir, dass die Selbstzweifel eifersüchtiger Menschen sehr übertrieben sind. Doch wer unter der ständigen Eifersucht leidet, kennt sehr konkrete Gründe, warum er sich infrage stellt. Er kann sich vor allem in drei Bereichen kaum akzeptieren:
der Bildung
dem Aussehen
der Ausstrahlung
Das heutige Wissen ist so umfangreich, dass sich jeder zu Recht als dumm empfinden kann. Meist haben wir doch nur kleine Wissens-Inseln im Ozean des Nicht-Wissens. Mit dieser Tatsache gehen selbstbewusste Menschen durchaus selbstverständlich um. Sie stellen Fragen, wo sie etwas nicht verstanden haben und müssen nicht etwas darstellen, was sie nicht sind. Doch viele Menschen schämen sich unendlich dafür, dass man sie für dumm halten könnte. Ihnen wurde meist schon in der Kindheit vermittelt, dass sie keinen Grund haben, auf sich stolz zu sein. Wobei ich eines immer als sehr tragisch empfinde: Das Gefühl der eigenen Dummheit regt uns nicht dazu an, neugierig durch die Welt zu gehen und viel lernen zu wollen. Vielmehr werden wir ungern mit den eigenen Wissenslücken konfrontiert, die man als Lernender unaufhörlich spürt.
Noch heutzutage ist das eigene Aussehen für Frauen wichtiger als für Männer. Männer sind häufig selbstbewusst, auch wenn sie einen Bauch haben und kaum noch Haare besitzen. Sartre, der junge Frauen für sich begeistern konnte, war keineswegs schön. Er war klein,
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