Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
hatte eine furchtbare Aussprache und sehr hervorstehende Augen. Doch für Frauen spielt die eigene Schönheit oft eine große Rolle. Nun bin ich allerdings davon überzeugt, dass man nicht schön sein muss, um geliebt zu werden. Die leidenschaftliche Rosa Luxemburg wurde sehr umschwärmt, obgleich sie unter einem erheblichen Hüftschaden litt. Es kommt nach meiner Erfahrung in der Liebe mehr auf die Ausstrahlung, weniger auf das Aussehen an. Doch eifersüchtige Menschen empfinden sich eher als unansehnlich. Ich bin oft erschrocken, dass auch sehr hübsche Frauen nur ihre Fehler sehen. Sie haben ein fast makelloses Gesicht, aber sie monieren ihre beginnende Orangenhaut. Sie registrieren genau, dass hier ein Fältchen größer wird, dort ein weiteres entsteht, beobachten aufmerksam ihren Alterungsprozess. Es mangelt ihnen an Großzügigkeit.
Die übertriebenen Perfektionsvorstellungen
Und nun wird es dramatisch, denn sowohl unsere Meinung über unser Aussehen als auch über unsere Intelligenz beeinflusst massiv unser Auftreten in der Öffentlichkeit. Meist sind wir unsicher, haben aber zugleich eine sehr genaue Vorstellung, wie wir gern auftreten würden. Einer meiner Patienten verglich sich früher immer mit James Bond. Er wollte so souverän auf Frauen zugehen, so cool und männlich. Aber in Wirklichkeit fing er immer an zu stottern, wenn er auf Frauen zuging. Er war ein netter Kerl, die Frauen mochten ihn, aber sicher wurde er erst, wenn er in einer festen Beziehung lebte.
Meist haben wir also Perfektionsvorstellungen, mit denen wir uns entwerten. Das ist tragisch. Auch wenn wir fleißig und hilfsbereit und erfolgreich sind, sehen wir immer nur das Negative. Und das ist der Boden, auf dem die Eifersucht gedeiht.
Die negative Selbstbewertung eifersüchtiger Menschen ist meist dermaßen massiv, sie ist so automatisiert, dass es nicht ausreicht, sie kräftig zu loben. Sie müssen selbst beginnen, sich konstruktiver zu bewerten. Deshalb gebe ich oft eifersüchtigen Patienten eine Aufgabe: Sie sollten eine Rede auf sich selbst zu ihrem – noch in weiter Ferne liegenden – »80-jährigen Geburtstag« schreiben. Sie sollten sich also vorstellen, dass sie auf ihr Leben zurückblicken und dann zum Ergebnis kommen: Es war nicht einfach, es war oft sogar ziemlich schwierig, manches habe ich nicht erreicht. Aber trotzdem ist das Ergebnis überwältigend. Trotz schlechter Bedingungen habe ich viel aus meinem Leben gemacht.
Sicher würde es Ihnen sehr schwer fallen, eine solche Rede zu schreiben. Auch meine Patienten zögern zunächst und »liefern« mir eine solche Rede meist erst nach mehreren Wochen ab. Doch eine solche positive Selbsteinschätzung des Lebens ist extrem wichtig, damit wir jene Selbstverkleinerung überwinden, an die wir uns gewöhnt haben. Allerdings reicht manchmal eine solche Neubewertung des Lebens nicht aus. Zu leise ist die positive innere Stimme, man spürt die eigenen Vorzüge nicht,kann sie nicht richtig bewerten. Dann ist es oft wichtig, dass man zunächst den Partner und gute Freunde bittet, dass sie uns die drei positiven Eigenschaften beschreiben. Ich habe diesen Vorschlag bereits bei der Darstellung der leichten Eifersucht gemacht und will diesen Gedanken noch vertiefen. Seit vielen Jahren mache ich die Erfahrung, dass dann oft anrührende Briefe kommen. Kleine Situationen werden ausführlich angesprochen. Persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten werden bildhaft gelobt. Doch wie würden Sie mit dieser geballten Anerkennung umgehen? Wären Sie nicht auch skeptisch? Schließlich ist diese Anerkennung eine »Auftragsarbeit«, so dass man sie leicht abwerten kann. Wichtig ist es daher, dass wir lernen gelobt zu werden. Ich hatte früher selbst die Angewohnheit, dass ich jedes Lob mit dem Hinweis erstickte, dass ich ziemliche Fehler aufweisen würde. Anschließend ärgerte ich mich oft, dass ich die seltenen Momente des Lobes dadurch beendet hatte. Deshalb habe ich mir inzwischen angewöhnt, dass ich mir jede Anerkennung ruhig anhöre und den Lobenden frage, ob er mir dies nicht noch ausführlicher erklären kann. Das könnte auch Ihnen helfen, dass Sie sich mit einem wohlwollenden, mitunter sogar humorvollen Blick sehen lernen.
Die Kritik in der Kindheit
Doch meist fällt es uns sehr schwer, uns positiv zu betrachten. Zu massiv wirken die Stimmen der Kindheit in uns fort. Das Selbstbewusstsein entsteht durch die Anerkennung, die Beachtung und Wertschätzung der Eltern. Wir müssen als Kinder
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