Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
zunächst sehr viel Lob bekommen, sehr viel Wertschätzung erfahren, damit wir später selbstbewusst sind. Wir müssen das Leuchten in den Augen der Eltern sehen, damit wir als Erwachsene über ein ausreichendes Selbstbewusstsein verfügen. Erinnern Sie sich noch an die eigene Kindheit? Eifersüchtige Menschen haben oft erlebt, dass sie kritisiert wurden, dass gute Leistungen selbstverständlich waren. Sicher kennen Sie dasauch: Wenn Sie mit der Note »Zwei« nach Hause kamen, wurde vom Vater nur knapp kommentiert: warum war es nicht eine »Eins«? In solchen Kommentaren liegt eine tiefe Problematik: Es wird viel erwartet, gleichzeitig aber werden im Kind nicht jene emotionalen Fundamente gelegt, die solche Leistungen überhaupt möglich machen. So entsteht die Grundlage für eine ständige Selbstverachtung. Man fühlt, dass man nicht den eigenen Ansprüchen genügt und dies ist die Basis für die Entstehung der Eifersucht. »Ich habe das Gefühl, es gibt überall Frauen, die besser, schöner, attraktiver und erfolgreicher sind als ich. Warum sollte sich mein Partner mit mir abgeben? Er könnte sich doch eine andere suchen. Es ist eigentlich nur Zufall, dass er bei mir bleibt.« Das ist die typische Aussage einer eifersüchtigen Patientin, die in der Kindheit massiv kritisiert wurde.
Der mangelnde Lebensmut
Wer zu wenig Anerkennung bekommen hat, neigt immer zur Selbstunterschätzung. Das hat tragische Folgen. Denn es fehlt uns dann die Entschlossenheit, um eigene Lebensziele zu realisieren. Und wir sind überempfindlich gegenüber jeglicher Kritik. So sehen wir bei eifersüchtigen Menschen eine verhängnisvolle Entwicklung: Sie gehen aufgrund des geringen Selbstbewusstseins allen Prüfungen aus dem Weg. Dabei handelt es sich nicht nur um die klassischen Prüfungen. Vielmehr sind doch alle Lebensprojekte eine Prüfung, weil sie gelingen oder scheitern können. Das spüren eifersüchtige Menschen und weichen oft größeren Anstrengungen aus. Da sie viel von sich erwarten, gleichzeitig aber ungeduldig sind, sind schon kleine Projekte für sie mit der Botschaft verbunden: Du wirst scheitern.
Die Psychologin Tamara Dembo hat in ihrer Doktorarbeit die Grundlagen erfolgreicher Menschen erforscht. Sie hat erkannt, dass diese zunächst geringe Ansprüche an sich selbst stellenund viel trainieren und erst dann die Ansprüche höher schrauben. Doch eine solche geduldige Herangehensweise, die den eigenen Fähigkeiten entspricht, ist eifersüchtigen Menschen fremd. Auf sie trifft die Formel des Berliner Psychoanalytikers Schultz-Hencke zu, der gehemmte Mensch habe die Trias Bequemlichkeit, Riesenerwartungen und Empfindlichkeit. Das klingt bei ihm immer sehr moralisch, man spürt den strafenden Zeigefinger. Aber ist es deshalb so ganz falsch? Doch vielleicht müsste man eher sagen: Man hat nicht den Mut, wirklich das Leben zu gestalten. Man bleibt unter seinen Möglichkeiten, weil man immer schon perfekt sein will. Mit einer kurzen Falldarstellung will ich dies verdeutlichen: Eine eifersüchtige junge Frau hatte einen schwierigen Vater, der sie immer kritisierte. Er war Alkoholiker, die Eltern trennten sich, als sie zwei Jahre alt war. Die Mutter war scheinbar bestätigend, aber sie erwartete viel. Und so hatte die Patientin immer ein geringes Selbstbewusstsein. Sie schaffte noch das Abitur, aber das Studium brach sie ab, weil sie unter zu großen Prüfungsängsten litt. Schließlich fing sie in einem Unternehmen an, wo sie keine Ausbildung nachweisen musste und arbeitete sich hoch. Aber sie konnte nie einen Abschluss erreichen. Stets hatte sie Angst vor dem vermeintlich strengen Blick der anderen. Und so unsicher war sie auch bei Männern. Sie tat zwar viel für sie, wurde nicht gut behandelt und war trotzdem eifersüchtig. Wenn die Männer zwei Tage nicht mit ihr schliefen, hatte sie den Eindruck, dass man mit ihr unzufrieden sei. Sie war überzeugt, dass sich diese von ihr abwenden würden – dass sie eine bessere Frau gefunden hätten. Sie war massiv unzufrieden mit sich, denn sie spürte genau, dass sie aus ihrem Leben mehr machen könnte.
Ich fühle mich als Blender
Diese Problematik einer mangelnden Verwirklichung eigener Lebensmöglichkeiten fand ich bei allen Eifersüchtigen. Oft hatten sie durchaus große Pläne, wollten immer wieder etwasBesonderes schaffen. Doch schon in der Anfangsphase wurden sie extrem unruhig, hatten wenig Ausdauer, konnten mit Schwierigkeiten nicht umgehen. Eine Patientin erzählte mir: »Ich
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