Aus lauter Liebe nach New York
1. KAPITEL
Es gibt Tage, an denen man am besten im Bett bleibt, dachte Rebekah und hob den Kopf, um auf die Uhr zu sehen.
Doch die Ziffern blinkten, und das bedeutete, dass es in der Nacht einen Stromausfall gegeben hatte. Kein Wunder, dass der Wecker nicht geklingelt hatte.
Rebekah griff nach ihrer Armbanduhr. Dann fluchte sie leise und sprang aus dem Bett.
Als sie auf dem Weg in das angrenzende Badezimmer mit den Zehen an irgendein Hindernis stieß, fluchte sie noch einmal, aber dieses Mal viel lauter.
Das eisig kalte Wasser bewirkte, dass Rebekah in Rekordzeit mit dem Duschen fertig war.
Nachdem sie sich angezogen hatte, eilte sie in die Küche. Sie gab der Katze etwas zu fressen, nahm eine Flasche Orangensaft aus dem Kühlschrank und trank einen Schluck. Dann griff sie nach der Umhängetasche und fuhr mit dem Aufzug nach unten in die Tiefgarage.
Wenige Sekunden später setzte sie sich ans Steuer des Lieferwagens mit der Aufschrift Blooms and Bouquets, dem Namen ihres Blumengeschäfts, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und wollte den Motor anlassen.
Doch es geschah nichts, der Motor sprang nicht an. Bitte, tu mir das nicht an, bat sie im Stillen. Während der nächsten Minuten versuchte sie alles Mögliche, um den Wagen zum Anspringen zu bewegen. Aber es war alles vergeblich.
Aus lauter Frust hätte sie am liebsten gewütet und getobt. So etwas passiert sonst nur an einem Freitag, dem Dreizehnten, und nicht an einem Dienstag, dachte sie. Was würde heute noch alles schief gehen? Am besten dachte sie gar nicht darüber nach, um nicht das nächste Missgeschick auch noch anzuziehen.
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in ihren roten MG zu setzen und mit dem Sportwagen durch die Straßen des Vororts von Sydney zu fahren.
Natürlich war es nicht das ideale Auto, um Blumen zu dem Blumengeschäft in Doubly Bay, das sie zusammen mit ihrer Schwester Ana besaß, zu transportieren.
In den frühen Morgenstunden herrschte noch nicht viel Verkehr, die Stadt erwachte erst langsam zu neuem Leben. Nach der langen Nacht waren die Leute der städtischen Straßenreinigung schon unterwegs und beseitigten den Abfall, den die Menschen hinterlassen hatten. Obst-und Gemüseverkäufer holten ihre Ware vom Großmarkt ab, und Geschäftsleute fuhren in Taxis zum Flughafen, um mit den ersten Fliegern rechtzeitig zu ihren Zielen zu gelangen. Auch die großen Tanklastwagen sorgten bei den Tankstellen für Nachschub.
Rebekah liebte diese Tageszeit ganz besonders. Sie stellte das Radio an, und die Musik heiterte sie auf.
Bald würde die Sonne aufgehen, die grauen Schatten der Nacht würden sich auflösen, und alles wäre von Licht und Farben erfüllt.
In der Großmarkthalle stellte Rebekah auf den ersten Blick fest, dass die besten Blumen schon weg waren. Sie gab ihre Bestellung auf und fuhr weiter nach Double Bay.
Das Geschäft lag in einer exklusiven und momentan sehr beliebten Gegend. Dank des Erbes, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, hatte Rebekah keine Hypothek und keinen Kredit aufnehmen müssen und war schuldenfrei.
Um halb sieben schloss sie die Ladentür auf, machte das Licht an und stellte die Kaffeemaschine an. Dann stellte sie den Computer an, prüfte die Bestellungen, die per E-Mail hereingekommen waren, und las die eingegangenen Faxe durch.
Es würde ein arbeitsreicher Tag werden. Sie brauchte mehr Blumen, als sie bestellt hatte, und gab sogleich telefonisch eine Nachbestellung auf. Danach rief sie die Autowerkstatt an, die sich um den Lieferwagen kümmern sollte.
Der heiße schwarze Kaffee mit viel Zucker weckte ihre Lebensgeister. Sie trank gerade die dritte und letzte Tasse, als Ana hereinkam.
Wenn sie ihre Schwester ansah, hatte sie beinah das Gefühl, sich selbst im Spiegel zu betrachten. Sie waren beide zierlich und schlank mit üppigen Rundungen und hatten naturblondes Haar. Ana war siebenundzwanzig und zwei Jahre älter als Rebekah. Auch im Charakter waren sie sich sehr ähnlich, aber Rebekah hatte das Gefühl, dass sie mehr Entschlusskraft besaß.
Sie hatte eine schlimme Beziehung hinter sich, in der sie sich hatte behaupten müssen.
Und das hatte ihre Willenskraft gestärkt. Außerdem hatte ihre kurze Ehe bewirkt, dass sie Männern grundsätzlich misstraute.
Ein Jahr war sie mit Brad Somerville verlobt gewesen, ehe sie geheiratet hatten. Nach einer traumhaft schönen Hochzeit waren sie in die Flitterwochen gefahren. Rein gar nichts hatte Rebekah darauf vorbereitet, dass der Mann,
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