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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina French
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Vorwort
    Dass sie mich aufhängen, glaube ich jetzt nicht mehr, aber wahrscheinlich werden sie mich mein Leben lang einsperren, und vielleicht kann ich ja nie mehr meine Kinder umarmen oder an den Fluss hinuntergehen, um meiner Mutter zu helfen, die Wäsche der ganzen Familie zu waschen.
    Hier sitze ich nun also in der Nacht, bevor mein Prozess anfängt, in einer englischen Gefängniszelle. Ich kann nicht schlafen, deshalb schreibe ich. Seite für Seite füllt meine ordentliche Druckschrift das linierte Papier. Ich will alles, was in meinem Kopf und in meinem Herzen ist, loswerden, damit es nicht mehr so wehtut. Über so vieles habe ich geschwiegen, weil ich meinte, mich schämen zu müssen - oder vielleicht auch nur, weil ich diskret sein wollte; aber ich will das alles nicht mehr in meinem Kopf festhalten. Ich glaube, dass niemand sich für etwas zu schämen braucht, das zu tun er sich irgendwann entschlossen hat - aber natürlich nur, wenn er sich aus den richtigen Gründen dafür entschieden hat.
    Ich will erklären, wie das alles passiert ist, wie es dazu gekommen ist, dass ich so weit gereist bin und mich schließlich derart in Schwierigkeiten gebracht habe, obwohl doch so viele Leute immer geglaubt hatten, dass sich für mich alles ganz anders ergeben würde. Diese Leute haben meine Geschichte in den englischen Zeitungen gelesen und ihr Urteil aufgrund der reißerischen Schlagzeilen
gefällt. Viele Männer aus aller Welt, die mich kannten, als ich in der Bar in Manila arbeitete, waren sehr nett zu mir und interessierten sich auch dafür, wie ich dazu kam, mit ihnen auf ihr Hotelzimmer zu gehen. Aber ich bezweifle, dass sie sich meine Kindheit, die ich ihnen beschrieb, wirklich vorstellen konnten oder dass sie verstanden, wie das Leben meiner Familie aussah, als niemand Geld nach Hause schickte. Die englischen Journalisten - sie dachten sich reißerische Ausdrücke wie »Gattenmörderin« oder »ehemaliges Filipina-Lustmädchen aus« - konnten die Fremde in ihrer Mitte nicht verstehen, die anders aussah, die eine andere Sprache sprach, der anderes Essen schmeckte und die auch eine andere Vergangenheit hatte.
    Ich weiß nicht, was morgen passieren wird, wenn Menschen, mit denen ich nie etwas zu tun hatte, ein Urteil darüber fällen werden, ob ich ein schlechter Mensch bin oder nicht und ob ich für den Rest meines Lebens ins Gefängnis muss. Aber zumindest mache ich mir jetzt in meinem Kopf alles klar, was zu dieser schlaflosen Nacht geführt hat.

1. KAPITEL
    Kindheit in den Bergen
    »Mama«, sagte ich, »wo kommen die Probleme her? Wie kann ich eines kriegen?«
    »Ach, Gina«, meinte sie missbilligend, während sie mit ihrer Arbeit weitermachte und im schäumenden Wasser des Flusses die Wäsche schrubbte, »frag mich nicht nach Problemen. Eines Tages wirst du zu mir kommen und wissen wollen, wie du sie loswerden kannst.«
    Ich ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen, entdeckte aber keinen Sinn darin. Als kleines Mädchen, das Anfang der 1970er Jahre mit seinen Eltern in den Bergen lebte, kam mir das Leben so einfach und angenehm vor. Ich bin 1973 geboren, aber für Familien wie die unsere hatte sich seit Hunderten von Jahren nichts verändert. Wie sollte das Leben also je ein Problem sein? Die Sonne schien die meiste Zeit, wobei tropische Regengüsse und eine kühle Brise vom Meer dafür sorgten, dass es uns tagsüber nicht zu heiß wurde. Das wild wuchernde, grüne Land, das wir als Bauernfamilie bestellten, bescherte uns ständig Obst, Gemüse und Reis. Was wir selbst nicht essen konnten, verkauften wir auf dem Markt. Wir hatten unseren eigenen Carabaw - einen Wasserbüffel -, der schwere Lasten trug, und eine Schar Hühner und Enten, die ums Haus gackerten und Eier und Fleisch lieferten. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer es für meine Eltern war, uns alle durchzufüttern, oder warum Erwachsene von »Problemen« sprachen.
    Manchmal verloren wir ein Huhn oder auch zwei, weil eine Echse wie ein Drache aus dem Dschungel kam, auf einfache Beute aus. So ein Tier stand eine kleine Ewigkeit gut getarnt vor dem Laubwerk, ohne sich im Geringsten zu bewegen, bis es dann plötzlich einen Satz machte; es bewegte sich so schnell, dass man es kaum sehen konnte. Manchmal brachte mein Vater mit seiner Machete eines um, und dann waren wir wieder quitt. Unsere Mutter bereitete die Echse für uns zu - ihr Fleisch schmeckte fast wie das der Hühner, die sie getötet hatte.
    Zu essen hatten wir eigentlich immer genug, auch

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