Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde
Gruppen nicht vergast, sondern im Krematorium erschossen wurden. Mithäftling Sackar: »Wir hielten sie an den Ohren fest, und die SS schoß ihnen eine Kugel in den Nacken.« Shlomo Venezia in seinen Erinnerungen: »Die Pistolenkugeln waren zu groß, und aus so kurzer Entfernung war der Einschlag so stark, daß der Schädel des Opfers zerplatzte. Der Deutsche wollte keine [Blut-]Spritzer abbekommen. Die Person, die das Opfer begleitete, mußte mit der Technik vertraut sein: Man mußte das Opfer auf Armeslänge am Ohr halten, der Deutsche schoß, und bevor der Erschossene zu Boden ging, mußten wir seinen Kopf geschickt nach unten drehen, denn sonst wäre das Blut wie eine Fontäne herausgespritzt.«
G
Gaar , Fritz
Fahrbereitschaft
* 2 . 7 . 1903 Opfenried, Kreis Dinkelsbühl. Kraftfahrer. NSDAP 1930 , 1931 SS , Unterscharführer. Ab Oktober 1940 in Auschwitz. Zunächst Fahrer, dann Spieß der Lkw-Staffel. Standortbefehl Nr. 24 / 43 : »Besuch der Ehefrau vom 24 . 7 .– 4 . 8 . 43 «. Nach 1945 Fuhrunternehmer in Hardegsen b. Göttingen, Besitz von 1880 qm Land, Wohnhaus, Garagen und Werkstätten. Gaars Glaubwürdigkeit dokumentiert seine Aussage ( AV , Bl. 10305 a ff.): »Über den Transport von Häftlingen, insbesondere zu den Gaskammern in Birkenau, kann ich nichts sagen. Obwohl ich länger als 4 Jahre in Auschwitz tätig war, habe ich in dieser ganzen Zeit nichts davon gemerkt, daß dort Häftlinge vergast wurden.« KZ -Kollege Siebald ( AV , Bl. 15831 ): »Gaar war bei der Ankunft von Häftlingen als Lkw-Fahrer eingesetzt.« KZ -Kollege Hradil: »Vollrath und Gaar waren immer gern bereit, Häftlingstransporte von der Rampe zur Gaskammer durchzuführen. Sie nahmen gern die dabei anfallenden Sonderrationen [Schnaps, Zigaretten] in Empfang.« Hradil weiter: »Wenn mir zur Kenntnis gebracht wird, daß Gaar noch immer angibt, er habe keine Gaskammerfahrten durchgeführt, zumindest habe er nicht gewußt, um was es sich bei den Fahrten gehandelt hat, so ist das nicht zutreffend. Diese Darstellung ist lächerlich. Selbst die in den umliegenden Ortschaften lebenden Zivilisten wußten, was in Birkenau vor sich ging. Ich habe selbst mit Gaar zusammen Gaskammerfahrten durchgeführt.«
Gabai , Dario
Jüdisches Sonderkommando
, Nr. 182568
* 10 . 9 . 1922 Saloniki. Italienischer Staatsbürger (diese waren, dank Mussolini, anfangs von der Vernichtung ausgenommen). Bruder von Jaacov und Vetter der Venezia-Brüder. Ankunft Auschwitz nach neuntägiger Fahrt im abgeriegelten Güterwaggon am 11 . 4 . 1944 aus Athen. Von 2500 Deportierten werden 1872 sofort in der Gaskammer ermordet. Wie sein Bruder Leichenschlepper im Krematorium. Bruder Jaacov: »Als man die Leichen mit dem Aufzug nach oben auf die Ebene der Verbrennungsanlagen brachte, nahm Dario die Leichen und brachte sie immer zu vieren vor die Türen der einzelnen Öfen.« Nach 1945 Direktor einer Gardinenfabrik in Los Angeles, wollte sich, so sein Bruder, »an nichts erinnern«.
Gabai , Jaacov
Jüdisches Sonderkommando
, Nr. 182569
* 26 . 9 . 1912 Athen. Bruder von Dario und Vetter der Venezia-Brüder. Drucker. Italienischer Staatsbürger. Mit Ehefrau Lona Ankunft Auschwitz nach neuntägiger Fahrt im abgeriegelten Güterwaggon am 11 . 4 . 1944 . »Leicheneinschieber« im Krematorium. 1949 mit Ehefrau Übersiedlung nach Israel. – In den vier Vergasungsanlagen (Krematorien) war wenig SS -Personal, die Arbeit machten die Häftlingssklaven. Krematoriumschef Muhsfeldt ( MV , Bd. 41 ): »Ich war Kommandoführer und hatte 10 SS -Männer zur Hilfe.« Laut Häftling Lewenthal waren jeweils 10 SS -Männer pro Schicht im Einsatz, laut Paisikov »hatten immer vier SS -Leute Dienst. Zwei davon waren im Gebäude selbst. Wenn ein größerer Transport von Häftlingen zum Krematorium geführt wurde, wurde die Bewachungsmannschaft verstärkt.« Während manche Sonderhäftlinge behaupten, sie hätten mit den SS -Männern kein Wort gesprochen, beschreibt Jaacov Gabai im Interview mit Gideon Greif eine ganz andere Situation. Gabai schildert, wie eines Nachts eine junge ungarische Mutter mit ihrem zwei Tage alten Baby zur Tötung ins Krematorium kommt. Die Häftlinge bieten ihr einen Stuhl an, ebenso Essen und Zigaretten. Sie fängt an, zu erzählen. Gabai: »Neben uns saß ein holländischer SS -Mann, ziemlich nett, ein guter Kerl. Am Ende der Geschichte stand er auf und sagte: ›Gut, wir können hier nicht die ganze Zeit herumsitzen, jetzt ist der Tod an
Weitere Kostenlose Bücher