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Auserwaehlt

Auserwaehlt

Titel: Auserwaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Nowak
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war eine alte Zeitungsnotiz, es ging um
Hagens Vater.
„Warum glaubst du eigentlich, dass der Mörder gestört ist?“ Leonhard lehnte
sich auf dem Stuhl zurück. „Die ganze Zeit über redest du von Krank-Sein.“
Ohne vom Bildschirm aufzusehen, tippte sich Clara an die Stirn. „Wie wahnsinnig
muss man denn sein, um sich dermaßen gewaltsam als etwas Besonderes erfahren zu
wollen?“
„Du warst schon immer etwas Besonderes, stimmt`s?“
Clara zuckte mit den Schultern. Sie versuchte, das dritte Dokument zu öffnen,
doch etwas stimmte nicht.
Etwas stimmt nicht. Sie zupfte an einer Haarsträhne herum.
Was ist das? Sie verstand nicht gleich, was sie sah. Entgeistert drehte sie den Rechner
um, damit Leonhard es sehen konnte.
Der Bildschirm war rot. „Ich bin auserwählt“, stand darauf.
„Was soll das?“, fragte sie ungläubig.
„Du bist auserwählt, Clara.“
Clara schüttelte den Kopf, doch plötzlich hielt sie inne. Sie hatte den Hass in
seiner Stimme gehört. Eine Gabel fiel zu Boden. Leonhard hob sie auf.
Clara sah ihn an.
Seine Augen waren hinter der Brille starr nach vorne gerichtet, die Hand war
über den Tisch gereckt. Die Gabel zeigte auf sie.
„Danke.“ Sie nahm die Gabel, ohne den Blick von seinem wuchtigen Gesicht zu
wenden. Leonhards Züge verschwammen mit dem Aquarium hinter ihm. Clara
blinzelte. In der grauen Steinlandschaft bewegte sich etwas. Sie wusste, was es
war.
„Was ist das?“, fragte sie.
„Das ist nur Deko“, sagte er, ohne sich umzudrehen. Seine Augen fixierten sie.
„Ein Steinfisch?“ Aus Claras Mund kam ein seltsames Lachen. „Das ist gut, ich
meine, da laufen wir sämtliche Tierhandlungen ab und niemand weiß, wer die
Dinger liefert, und du hast hier ein Exemplar und sagst nichts?“
Leonhard fixierte sie.
„Mensch, Leo.“ Ihre Stimme klang unnatürlich. „Möchtest du noch ein paar
Nudeln?“
Clara stand auf und griff nach der Schüssel. Ihr Lächeln zitterte.
„Clara“, sagte er heiser. „Hör auf damit.“
Sie sank in sich zusammen. Entsetzt hörte sie jemanden fragen: „Leo, du?“
    Er starrte sie regungslos an.
„Sag, dass das nicht wahr ist.“ Clara schloss die Augen und drückte die Finger
auf die Augäpfel. Helle Punkte explodieren auf ihren geschlossenen Lidern. Sie
nahm die Hände wieder weg.
„Das ist ein Scherz, oder?“
Er reagierte nicht. Sein Gesicht war versteinert.
„Leo?“, flüsterte sie. „Sag, dass das nicht wahr ist.“
Sie griff nach seiner Hand.
Etwas wie Erleichterung huschte über sein Gesicht, seine Augen lösten sich aus
der Erstarrung und blickten sie an. Clara sah einen kleinen Jungen, der aus
jeder Bindung gefallen war.
„Du verarschst mich, stimmt's?“ Claras Mundwinkel zuckten, als wagten sie nicht
zu lächeln.
„Tut mir leid, Clara.“ Leonhards Augen leuchteten jetzt seltsam. „Du kannst das
nicht verstehen. Das ist kein Scherz, es ist auch nicht krank. Es ist das erste
Richtige, das ich in meinem Leben getan habe.“
„Das erste Richtige, das du ...?“, Clara ließ seine Hand los, ein weißes Stück
Fleisch mit schwarzen, dicken Haaren.
„Es fühlt sich gut an“, bestätigte er. Er wirkte auf einmal gelöst.
Die Tasche steht unter dem Tisch, sprach Clara zu sich selbst. Das Handy ist
vorne drin. Du musst dich nur bücken und die Hand ausstrecken.
Leonhard sah sie an.
Die Jacke hängt vorne an der Eingangstür. Deine Waffe ist darin. Du musst nur
aufstehen, an ihm vorbei und ... Ihr Blick fiel auf den Stahltopf. Den könnte
sie ihm ins Gesicht donnern.
Leonhard nahm seine Brille ab. Sein Gesicht wirkte jetzt nackt, hilflos.
Er nimmt sogar die Brille ab. Er vertraut dir, das ist gut. „Was willst du von mir?“, fragte Clara und rutschte auf dem Stuhl in
Richtung Tasche. Das vordere Fach war mit Klettverschluss verschlossen, sie
würde wertvolle Sekunden verlieren, um es zu öffnen.
Aber er hat dich nicht betäubt. Er hat keine Spritze. Was will er überhaupt
von dir? Lächelte er? Beobachtete er sie? Sein Gesicht war schwer zu deuten. Ohne
die Brille waren seine Augen klein wie Erbsen. Unter der rechten Augenbraue
bemerkte Clara einen kleinen, herzförmigen Leberfleck.
„Ich würde gerne verstehen, warum du das getan hast“, sagte Clara. Sie musste
eine Verbindung herstellen. „Es interessiert mich, wirklich.“
Nimm endlich den Topf und hau zu! Clara war eiskalt, trotzdem spürte
sie, wie ihr der Schweiß ausbrach.
„Wirklich, das interessiert mich.“ Neben ihr lag das Messer. Nimm es!
Leonhards Gesicht verzog

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