Ausgespielt
auf den Parkplatz zuging.
»Woher kennen Sie Cheney?«, wollte Priscilla wissen.
»Von einem Fall, den ich bearbeitet habe. Netter Typ.«
»Er ist in Ordnung. Ist die Fahrt ohne Probleme verlaufen?«
»Ein Kinderspiel, nur dass es da unten unheimlich heiß war.«
»Und es gibt viel zu viele Insekten«, ergänzte sie. »Man kann kaum den Mund aufmachen, ohne eines zu verschlucken.«
Ihr Büro war klein und schlicht möbliert. Ein Fenster ging auf den Parkplatz hinaus, doch der Blick wurde durch eine staubige Jalousie in Streifen zerschnitten. Auf dem Fensterbrett sah ich eine Polaroidkamera und auf einem Stapel dicker Aktenordner zwei Polaroidfotos von Reba. Ich nahm an, dass Priscilla immer aktuelle Aufnahmen bei der Hand haben wollte, für den Fall, dass Reba sich klammheimlich aus dem Staub machte. Auf Priscillas Seite des Schreibtischs standen Aktenschränke und auf unserer zwei Metallstühle. Priscilla setzte sich auf ihren Drehstuhl und sah mich an. »Reba sagt, Sie würden sich um sie 62
kümmern.«
»Nur ein paar Tage, bis sie sich wieder eingelebt hat.«
Priscilla beugte sich vor. »Ich habe es schon mit ihr durchgesprochen, aber ich wiederhole es gern, damit Sie auch Bescheid wissen. Keine Drogen, kein Alkohol, keine
Schusswaffen, kein Messer mit einer Klinge, die länger als fünf Zentimeter ist, Messer in ihrer Wohnung oder Arbeitsstelle ausgenommen. Und keine Armbrust.« Sie hielt inne,
schmunzelte und richtete den Rest ihrer Bemerkungen an Reba, als wollte sie ihnen besonderen Nachdruck verleihen. »Kein Kontakt zu Personen, die bekanntermaßen vorbestraft sind.
Jeder Wechsel des Wohnorts muss innerhalb von
zweiundsiebzig Stunden mitgeteilt werden. Keine Reisen über einen Umkreis von fünfzig Meilen hinaus ohne Genehmigung.
Sie verlassen Santa Teresa County nicht länger als
achtundvierzig Stunden und Kalifornien nicht ohne meine schriftliche Erlaubnis. Wenn die Polizei Sie schnappt und Sie das magische Papier nicht haben, wandern Sie wieder hinter Gitter.«
»Alles klar«, sagte Reba.
»Eines habe ich noch zu erwähnen vergessen. Bei der
Arbeitssuche verbieten es Ihnen die Bewährungsauflagen, sich um eine Vertrauensposition zu bewerben: kein Umgang mit Löhnen und Gehältern oder Steuern, kein Zugang zu Schecks –«
»Und wenn der Arbeitgeber über meine Verurteilung Bescheid weiß?«
Holloway überlegte. »Dann vielleicht, aber sprechen Sie zuerst mit mir.« Sie wandte sich wieder mir zu. »Irgendwelche Fragen?«
»Ich doch nicht. Ich bin nur die Begleitung.«
»Ich habe Reba meine Nummer gegeben, falls sie mich
braucht. Wenn ich nicht erreichbar bin, hinterlassen Sie eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter. Ich höre ihn vier- bis 63
fünfmal am Tag ab.«
»Alles klar.«
»Fürs Erste habe ich zwei Hauptanliegen. Das erste ist die öffentliche Sicherheit. Das zweite ist ihre erfolgreiche Resozialisierung. Sehen wir zu, dass wir möglichst keines von beiden vermasseln, okay?«
»Ich bin dabei«, sagte ich.
Priscilla stand auf und beugte sich über ihren Schreibtisch, um zuerst Reba und dann mir die Hand zu schütteln. »Viel Glück.
War nett, Sie kennen zu lernen, Ms. Millhone.«
»Sagen Sie ruhig Kinsey.«
»Wenden Sie sich an mich, wenn ich in irgendeiner Weise behilflich sein kann.«
»Ich mag die Holloway«, sagte ich, als wir wieder im Wagen saßen. »Sie macht einen netten Eindruck.«
»Ich mag sie auch. Sie hat gesagt, ich bin die einzige Frau, für die sie zuständig ist. Alle ihre anderen Bewährungskandidaten sind 288A oder 290.«
»Und das wäre?«
»Rechtskräftig überführte Sexualstraftäter. 288A steht für Kindesmissbrauch. Ein paar von ihnen gelten als gewalttätige Sexgangster. Reizende Gesellschaft. Aber man würde es den Kerlen nie ansehen, wenn man es nicht weiß.« Sie zog ein Faltblatt hervor, auf dessen Vorderseite »Strafvollzugsbehörde«
stand. Eilig überflog sie die Seite von oben nach unten.
»Wenigstens bin ich nicht in der höchsten Kontrollgruppe. Die, die darunter fallen, müssen regelrecht Männchen machen.
Anfangs muss ich einmal die Woche zu ihr, aber sie meint, wenn ich mich benehme, stuft sie mich auf einmal im Monat zurück. Natürlich muss ich trotzdem zu AA-Treffen gehen und jede Woche einen Drogentest machen, aber da brauche ich bloß in einen Becher zu pinkeln, also ist es nur halb so wild.«
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»Was ist mit Arbeit? Haben Sie vor, sich was zu suchen?«
»Pop will nicht, dass ich arbeite. Er glaubt, das strengt
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