Ausradiert - Nicht ohne meine Tochter: Thriller

hätte nicht der Wahrheit entsprochen. Warum wählt Gary einen derart öffentlichen Ort?
    Es gingen kaum noch Touristen zu Fuß über die Brücke, dennoch quälten sich genügend Autos über das gewaltige Bauwerk. War das die Bühne für Garys großartigen Abgang? Hatte er beschlossen, zu sterben, und wenn ja, allein , oder wen wollte er buchstäblich mit in die Tiefe reißen?
    Als sie den ominösen Hauptpfeiler erreichten, machte das Herz von Mark einen Hüpfer.
    » Da sind sie, alle beide « , schrie Jana
    Gary stand ganz dicht hinter Kati. Er überragte sie um fast einen Kopf, hatte die linke Hand um ihren Bauch gelegt , und mit der rechten hielt er etwas an ihren Hals.
    » Du bleibst vorerst im Wagen, versprich mir das, Jana. «
    » Okay, Dad. «
    Nachdem Mark angehalten hatte, stellte er die Automatik-Schaltung auf P für ‚ Parking ‘ , zog die Handbremse und schaltete das Warnblinklicht ein. Er bekam die Tür nur mit großer Kraftanstrengung auf. Zuerst dachte er, sie wäre verriegelt gewesen. Aber dann merkte er, dass der starke Wind, der vom Pazifik auf die Brücke traf, massiv gegen die Tür drückte.
    Als Mark endlich ausgestiegen war, spürte er nicht nur den Wind, sondern dachte auch, dass er betrunken sei, so sehr schwankte das Brückengeländer.
    Ein Wortfetzen erreichte sein Ohr. Irgendwas hatte Gary ihm zugerufen. Mark konnte es nicht verstehen. Er ging auf die beiden zu.
    Seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich. Gary hielt Kati ein Messer an die Kehle. Weiß der Teufel, wo er sich das Ding, das wie ein Springmesser aussah, besorgt hatte.
    » Schön, dass du es einrichten konntest, Dad . «
    Der ganze Satz steckte voller Hohn und Verachtung. Aber noch nie hatte er das Wort Dad so gehässig gehört. Gary sprach das Wort so aus, als wäre es eine ansteckende Krankheit.
    » Lass Kati los, mein Junge, sie hat nichts mit der Sache zu tun. «
    Wahnwitziges Gelächter, als hätte der Teufel selbst seinen Vertreter zu dieser abendlichen Verabredung geschickt. Gary drückte das Messer fester an Katis Hals, sodass es anfing zu bluten. Mark befand sich nur noch drei Schritte entfernt.
    » Nichts zu tun? Die liebe Kati hat also nichts damit zu tun, he? Du hast mir genommen, was ich am meisten geliebt habe. Du sollst erfahren, wie es ist, wenn man einen Menschen verliert, den man liebt. «
    » Da verwechselst du was, Gary. Ich liebe Kati gar nicht. «
    Beim letzten Satz hätte er sich aufgrund der Lüge am liebsten auf die Zunge gebissen. Als er ihn aussprach, guckte er verstohlen in Richtung Brückenpfeiler. Er war nicht in der Lage, in Katis angsterfüllte Augen zu blicken.
    » Daddy , du bist ein schlechter Lügner, denn warum bist du sonst hier, wegen der Aussicht, he? Also verarsch mich nicht. «
    Natürlich hatte er recht. Mark überlegte fieberhaft, was zu tun war. Wenn er in einem überraschenden Moment auf Gary zuspringen würde, könnte Kati tödlich am Hals verletzt werden. Rede mit ihm, wer redet, sticht nicht zu , sagte er sich.
    » Hol Jana aus dem Auto ! « , befahl Gary scharf.
    » Zuerst lässt du Kati frei. «
    » Hör auf, mich zu verarschen… « , Garys heisere Stimme überschlug sich » …du siehst nicht so aus, als wärst du in der Lage, irgendwelche Forderungen zu stellen. «
    » Was passiert, wenn ich sie aus dem Wagen hole? «
    » Das wirst du schon sehen. Also mach schon! «
    Konnte man mit einem Verrückten vernünftig verhandeln? Mark musste es zumindest versuchen.
    » Nimm mich, lass Kati gehen. Sie hat nichts damit... «
    » Maul halten. Zum letzten Mal: Hol. Jana. Aus. Dem. Auto. «
    Mark stand wie angewurzelt da, konnte sich nicht bewegen, wollte sich nicht bewegen.
    Gary zog Kati ganz dicht an das Geländer.
    » So, mein Täubchen, dein Liebster will nicht spuren. Was schätzt du, wie tief es wohl hier runter geht? «
    » Weiß nicht, 60 Meter? « , sagte Kati leise.
    » Lauter! «
    » 60 Meter. «
    » Hörst du das, Daddy? 60 Meter. Als angehender Arzt kann ich dir versichern, dass so einen Sturz nicht viele überleben. Wenn sie großes Glück hat, überlebt sie. Sitzt dann allerdings im Rollstuhl. « Nach den letzten Worten lachte Gary heiser, als hätte er sich selbst einen Witz erzählt. In seiner Stimme lag etwas Wahnsinniges.
    Mark bemerkte erst jetzt, dass Jana schon neben ihm stand.
    » Hör auf mit der Scheiße, Gary. «
    » Ahhh, unsere Party ist komplett. Schön, dass Sie es einrichten konnten, junge Dame. «
    Mark hielt Jana mit seinem rechten Arm davon