Außer Kontrolle: Thriller (German Edition)
eröffneten auch die beiden anderen Trupps unter Azzawis Kommando auf unterschiedlichen Seiten des Stützpunkts mit panzerbrechenden Granaten das Feuer.
Die Scheinwerfer, die es den Angreifern zuvor noch unmöglich gemacht hatten, ins Innere des Stützpunkts zu blicken, verschafften ihnen jetzt einen Vorteil, denn sie konnten Überlebende sowie andere türkische Soldaten entdecken, die sich auf das Zurückschlagen des Angriffs vorbereiteten. Azzawis Trupp aus Heckenschützen begann, sie einen nach dem anderen auszuschalten, was die Türken zum Rückzug aus der eigentlichen Schutzzone und tiefer hinein die Dunkelheit ihres Lagers zwang. Azzawi warf ihren Granatwerfer fort, holte erneut ihr Funkgerät hervor und schrie: » Al tul! Bewegt euch!« Sie schnappte sich ihr AK -47-Sturmgewehr, brüllte: » Il Ha’uni! Mir nach!« und lief, aus der Hüfte feuernd, auf den Stützpunkt zu.
Es gab keine andere Möglichkeit, als quer durch das hell erleuchtete Niemandsland bis zum Stützpunkt zu laufen, und für jeden dort drinnen boten sie ein leichtes Ziel. Doch ohne ihren Rucksack und den Granatwerfer und mit der Mischung aus Adrenalin und Angst, die ihren Körper durchströmte, fühlte sich der Fünfzigmetersprint ganz leicht an. Zu ihrer Überraschung gab es kaum Widerstand.
In den zerstörten Geschütznestern lagen ein paar Tote, sie sah jedoch keine Spur von Dingen wie Sprengzünder, Antipanzerwaffen, schwere Maschinengewehre oder Granatwerfer, nur leichte Infanteriewaffen. Offenbar hatten die Türken hier nicht mit größeren Schwierigkeiten gerechnet, oder aber sie hatten noch keine Zeit gehabt, sich richtig einzurichten. Ein Eindruck, der wenige Augenblicke später noch untermauert wurde, als sie auf Baugerät, Beton, Bauholz für Verschalungen sowie, ganz in der Nähe, haufenweise Werkzeug stießen.
Nach einem nicht einmal fünfundzwanzigminütigen sporadischen Schusswechsel stießen Azzawis drei Trupps wieder zusammen. Alle drei hatten sie vergleichsweise mühelos vorrücken können. Sie beglückwünschte alle ihre Kämpfer mit einem Händedruck und sagte: » Verlustmeldung?«
» Wir haben einen Toten und drei Verwundete«, sagte der Anführer des ersten Trupps. » Siebzehn Gefangene, darunter ein Offizier.« Der andere Truppführer hatte Ähnliches zu vermelden.
» Wir haben vier Verwundete und acht Gefangene«, sagte Azzawis stellvertretender Truppführer. » Was ist das für ein Ort, Kommandant? Das war zu einfach.«
» Alles der Reihe nach, Sadoon«, sagte Azzawi. » Stellt Posten an der Schutzzone auf, für den Fall, dass deren Wachen noch einmal zurückkehren.« Sie wandte sich an den zweiten Truppführer und sagte, während sie ihr Gesicht mit einem Schal verhüllte: » Und du schaffst mir den Offizier hierher.«
Der Gefangene war ein Hauptmann der türkischen Armee. Er presste seine linke Hand auf eine klaffende Wunde in seinem rechten Bizeps, aus der er stark blutete. » Holt mir einen Verbandskasten«, kommandierte Azzawi auf Arabisch. Auf Türkisch forderte sie: » Name, Einheit und Zweck Ihres Hierseins, Hauptmann, und zwar schnell!«
» Ihr Dreckschweine habt mir fast den rechten Arm abgeschossen!«, fluchte er.
Azzawi hob den linken Arm, sodass der Ärmel ihrer Hidschab herabglitt und man ihre behelfsmäßige Prothese sah. » Ich weiß genau, wie sich das anfühlt, Hauptmann. Sehen Sie, was die türkische Armee mir angetan hat.« Selbst in dem Halbdunkel konnte sie erkennen, wie der Soldat erschrocken die Augen aufriss. » Und das ist noch weit besser als das, was ihr meinem Mann und meinen Söhnen angetan habt.«
» Du bist .…Baz!«, stieß der Offizier tonlos hervor. » Demnach stimmen die Gerüchte!«
Azzawi nahm den Schal von ihrem Gesicht, und darunter kam ihr verschmutztes, aber stolzes und schönes Gesicht zum Vorschein. » Ich sagte, Name, Einheit und Zweck Ihres Einsatzes, Hauptmann«, wiederholte sie und richtete die Mündung ihres Gewehrs auf ihn. » Sie müssen verstehen, Hauptmann, dass ich weder den Wunsch noch die Möglichkeit habe, Gefangene zu machen. Ich verspreche Ihnen also, dass ich Sie gleich hier, auf der Stelle, töten werde, wenn Sie mir nicht antworten.« Der Offizier ließ den Kopf sinken und fing an zu zittern. » Letzte Chance: Name, Einheit und Zweck Ihres Einsatzes.« Sie nahm ihr Gewehr an die Hüfte und löste den Sicherungshebel mit einem vernehmlichen Klicken. » Wie Sie wünschen. Friede sei mit Ihnen, Hauptmann …«
» Schon gut! Schon gut!«, schrie
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