Außer Kontrolle: Thriller (German Edition)

direkt mit dem Jandarma-Hauptquartier in Diyarbakir verbunden war, wo irgendjemand ein Kommando für die Suche nach Trümmerteilen, Opfern und Beweismaterial zusammenstellen würde. » Curuk – hier spricht Ustura: Haben soeben ein feindliches Flugzeug angegriffen und vernichtet. Übermittle Ihnen die Zielabschusskoordinaten.«
    » Da haben sie sich aber beeilt«, meinte Jon Masters. Er befand sich im Beobachtungsraum des Tanks und verfolgte den Angriff auf seinem Laptop. » Zwei Minuten vom Zeitpunkt, als wir die Zielflughöhe geändert haben, bis zum Abschuss. Das ist schnell.«
    » Könnte sein, dass wir das Scheinziel nicht schnell genug heruntergebracht haben. Womöglich haben sie das Ziel selbst nach dem ersten Patriot-›Treffer‹ noch gesehen«, meinte Patrick McLanahan.
    » Ich habe die Darstellung noch ein paar Sekunden aufrechterhalten und dadurch Trümmerteile zu simulieren versucht«, sagte Jon. » Hab sie stark verlangsamt.«
    » Hoffen wir, dass sie glauben, beide abgeschossen zu haben«, sagte Patrick. » Na schön. Jetzt wissen wir also, dass die Türken ihre Patriots näher an die irakische Grenze verlegt haben, und wir wissen auch, dass sie es ernst meinen. Sie werden nicht zögern, das Feuer zu eröffnen, nicht einmal, wenn es um etwas so Kleines wie einen Predator oder Flight Hawk geht.«
    » Oder ein durch Netrusion erzeugtes Scheinziel«, bemerkte Jon Masters vergnügt. » Es war überhaupt kein Problem, sich in das Angriffssteuersystem der Patriot einzuhacken und ein Ziel von Drohnengröße in ihr System einzuschleusen. Sobald wir die Flughöhe des Scheinziels hoch genug eingestellt hatten, haben sie wie auf ein echtes feindliches Ziel reagiert.«
    » Sie werden sich wundern, wenn sie dort draußen keine Trümmerteile finden, und beim nächsten Mal auf der Hut sein«, sagte Patrick. » Welche Schlüsse können wir sonst noch aus diesem Angriff ziehen?«
    » Weiterhin lässt sich daraus folgern, dass sie imstande sind, Ziele von einer geringen Flughöhe von gerade mal eintausend Fuß über Grund zu erfassen und anzugreifen«, erläuterte Jon. » Das ist recht beachtlich in ziemlich unebenem Gelände. Möglicherweise haben sie das Radar der Patriots umgerüstet, um dadurch seine Entstörungs- und Erfassungsfähigkeiten zu verbessern.«
    » Hoffen wir, dass das alles ist, was sie getan haben«, sagte Patrick. Er drückte auf einen Knopf der Sprechanlage: » Haben Sie den Angriff beobachtet, Colonel?«
    » Positiv«, erwiderte Wilhelm. » Die Türken haben ihre Patriots also nach Westen verlegt. Ich werde es der Division melden. Aber ich glaube immer noch nicht, dass die Türken in den Irak einmarschieren werden. Wir sollten ihnen sämtliche Infos, die wir über die Bewegungen der PKK haben, zukommen lassen, ihnen versichern, dass weder unsere Truppen noch die Iraker zurückschlagen werden, und abwarten, bis sich die aufgeheizte Situation ein wenig abgekühlt hat.«
    NÖRDLICH DER ORTSCHAFT BEYTUSSEBAP, REPUBLIK TÜRKEI
    Am nächsten Abend
    Um sich ihrem Ziel zu nähern, hatten sich die acht Guerillakämpfer der irakischen Kurden, aus denen das Kommando bestand, einer Heckenschützentaktik bedient. Die hatten sie sich aus Büchern, dem Internet und mittels des Wissens von Veteranen selbst beigebracht: Dutzende von Meilen waren sie gerobbt, hatten sich niemals, aus welchem Grund auch immer, über Kniehöhe aufgerichtet, bei jeder Veränderung des Geländes die Tarnung an ihrer Kleidung gewechselt und sorgfältig darauf geachtet, jede Spur ihrer Anwesenheit zu verwischen, während sie schwere Rucksäcke und die Abschussrohre mehrerer raketengetriebener Granatwerfer hinter sich herschleppten.
    Einer der Guerillakämpfer, ein ehemaliger Polizist aus Irbil namens Sadoon Salih, brach ein Stück eines Feigenriegels ab, klopfte gegen den Stiefel der vor ihm kriechenden Person und hielt es ihr hin. » Das letzte Stück, Kommandant«, sagte er leise. Die Person vor ihm antwortete mit einer » Sei leise«-Geste– nicht etwa mit ihrer linken Hand, sondern einer harkenähnlichen Vorrichtung an ihrem Handgelenk, dort, wo sich normalerweise eine Hand befunden hätte. Dann drehte sich die Harke, sodass die spitzen » Finger« nach oben wiesen, und der Guerillakämpfer ließ die Süßigkeit hineinfallen. Sie bedankte sich mit einem Nicken und kroch weiter.
    Sie hatten nur für fünf Tage Wasser und Verpflegung auf diese Erkundungspatrouille mitgenommen, sich angesichts der zahlreichen Aktivitäten in dem Gebiet